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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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was vor allem der Fall war, wenn sie sich wie heute in männlicher Gesellschaft befand. Sie sprühte vor Witz und ließ keine Gesprächspause aufkommen.
    Patrick war entschlossen, diesen Besuch zu seinem Vorteil zu nutzen und seinem Vater von den Neuerungen, die er in den Webereien eingeführt hatte, zu berichten. Wenn er James Leaver auf seine Seite bekam, konnte der Alte nicht mehr viel machen. Barbara, die neben ihrem Bruder saß, versuchte krampfhaft, etwas zum Gespräch beizusteuern. Was schließlich dabei herauskam, war: »Diese Suppe schmeckt aber köstlich.«
    Ihr Vater schoss ihr über den Tisch hinweg einen finsteren Blick zu, aber Patrick lächelte sie an und ergriff unauffällig ihre Hand. Sie fühlte sich sofort besser.
    Patrick stürzte sich ins Gefecht. »Vater hat die Kinderarbeit in seinen Webereien abgeschafft.« Jonathan verschluckte sich beinahe an den grünen Erbsen, die er im Mund hatte.
    James Leaver sah angenehm überrascht drein. »Das war ganz schön mutig von dir, Jonathan; und höchst lobenswert, möchte ich sagen, höchst lobenswert.«
    Bevor sein Vater etwas sagen konnte, fuhr Patrick fort: »Nun ja, es wird ihn eine Stange Geld kosten - aber Vater hat beschlossen, großzügig zu sein.«
    »Werdet ihr denn so schnell Ersatz für die Kinder finden?«, erkundigte sich Leaver. Wieder antwortete Patrick für seinen Vater: »Nun, das ist noch so eine großartige Sache, die Vater initiiert hat. Er hat alle unsere Leute auf eigene Kosten von unserem Landsitz in Irland hier herübergeholt, um ihnen Arbeit in seinen Webereien zu geben.«
    Als Leaver und sein Sohn schließlich mit ihren Lobeshymnen aufhörten, war O'Reilly klar geworden, das er von seinem Sohn ausmanövriert worden war, und er beschloss, dass es in diesem Fall das Beste war, die Zustimmung der Anwesenden zu genießen.
    »Habt ihr die Webstühle schon umbauen lassen?«, erkundigte sich der junge Leaver.
    Diesmal erlaubte es Patrick seinem Vater, selbst zu antworten. »Montag früh starten wir mit den verbesserten Webstühlen.«
    »Glauben Sie, dass es Probleme geben wird? Wisst ihr noch, als James Barlow automatisierte Webstühle in seinen Fabriken einführte? Die örtlichen Handweber haben einen riesigen Aufstand gemacht.«
    »Und wenn schon! Damit werde ich fertig!«, verkündete Jonathan finster.
    »Die Barlows - machen die nicht diese schönen Satindecken?«, fragte Julia.
    »Oh, Patrick hat mir eine wunderschöne rosarote geschenkt«, piepste Barbara und wurde prompt so rosa wie ihre Decke.
    Alle lächelten, bis auf ihren Vater. Rasch sagte er: »Ihr zwei könnt euch jetzt verdrücken und uns unserem Portwein überlassen.« Julia war empört. Sie hasste diese Bräuche, die es Männern erlaubten, die Frauen einfach wegzuschicken. Barbara war jedoch zutiefst erleichtert, sich »verdrücken« zu können.
    Als die beiden Mädchen allein waren, sagte Julia: »Hast du schon für London gepackt?«
    »Nein. Ich glaube nicht, dass Papa uns gehen lassen wird«, antwortete Barbara.
    »Papperlapapp! Patrick hat's mir versprochen, und er setzt seinen Kopf doch immer durch, nicht wahr?«
    »Du meinst, du setzt deinen Kopf immer durch, Julia«, sagte Barbara, die jetzt keine Angst mehr vorm Sprechen hatte.
    Julia erspähte Kitty und fauchte: »Los, hol die Koffer meiner Schwester und packe ihre Sachen für London. Aber sei vorsichtig damit, hörst du? Du bist neu, stimmt's? Bist du sicher, dass du weißt, wie man richtig packt?«
    Kitty antwortete: »Jawohl, Ma'am.« Sofort schnaubte Julia verächtlich: »Eine Irin!«
    »Bitte, Ma'am, könnten Sie mir sagen, wo ich die Koffer finde?«, erkundigte sich Kitty höflich.
    »Mein Gott, Irin, woher soll ich das wissen? Irgendwo auf dem Speicher, nehme ich an. Du musst schon fragen. Du hast doch eine Zunge in deinem Mund, oder etwa nicht?«
    Kitty dachte, Heilige Maria, die ist ja genauso arrogant wie ihr Bruder, doch ihr Herz setzte beim Gedanken an ihn einen Schlag lang aus.
    »Wann werden Sie nach London aufbrechen, Ma'am?«, erkundigte sich Kitty.
    »Geht dich nichts an, Irin! Ich bin schließlich nicht da, um deine aufdringlichen Fragen zu beantworten!«, versetzte Julia barsch und hochmütig.
    »Sie wissen es ja gar nicht!«, rief Kitty zornig, und Barbara musste lachen.
    Julia schlug Kitty ins Gesicht. Diese reagierte sofort und versetzte der anderen eine schallende Ohrfeige an genau dieselbe Stelle. Die beiden Mädchen standen mit roten Gesichtern voreinander und funkelten sich zornig an.

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