Lockende Kuesse
Barbara. Sie nahm die Karten, mischte sie reichlich ungeschickt und wählte sorgfältig fünf davon aus. Die Pik-Neun war ihre Erste.
»An einem Samstagmorgen um neun, wirst du eine weite Reise nicht scheu'n.«
Als Nächstes kam das Herz-Ass.
»Dein Schicksal an einem Donnerstagabend sich erfüllt, von Mondschein, Blumen und Glück umhüllt.«
Die nächste Karte, die sie umdrehte, war die Kreuz-Zehn.
»Du sollst einen Penny im Handschuh verstecken, dann kannst du die Hände nach Glück ausstrecken.«
»So was solltest du ihr nicht erzählen«, lachte Julia. »Die geht gleich rauf und macht das.«
Als Nächstes kam der Karo-König.
»Er küsst zuerst den zarten Handrücken, dann die roten Lippen zu deinem Entzücken.«
Barbara errötete. Die letzte Karte war die Kreuz-Zwei.
»Ein Zigeunermädchen wird es dir prophezeien - deine Jugendliebe du wirst freien.«
»Oh«, keuchte Barbara und wurde noch röter.
»Was für ein Unsinn!«, sagte Julia lachend. »Du machst dich jetzt besser ans Packen.« Als die beiden Mädchen nach oben verschwunden waren, schlüpfte Julia aus dem Haus und machte sich auf den Weg zu den Ställen.
»Genug jetzt von den Webereien; wie läuft der Lebensmittelgroßhandel?«, erkundigte sich Jonathan.
»Ach, ziemlich gut, John, aber wer mich richtig überrascht hat, das ist mein Sohn hier. Du weißt vielleicht noch, dass er vor einem Jahr mit einer kleinen Seifenproduktion angefangen hat? Nun, ich kann dir sagen, er hat eine Seife entwickelt, die besser ist als alles, was mir bisher untergekommen ist.«
James Leavers Sohn blickte zugleich verlegen und freudig drein, angesichts der Lobeshymnen seines Vaters. Dann wandte er sich an Patrick: »Gut ist sie, diese Seife. Deshalb wollte ich auch mit dir sprechen, Patrick. Du hast immer so gute Ideen, wenn es darum geht, ein Produkt zu vermarkten, und ich hätte gerne deinen Rat.«
»Um einen Erfolg zu landen, brauchst du bloß eins: ein gutes Produkt. Aber um einen phänomenalen Erfolg zu landen, brauchst du vor allem eine gute Werbekampagne. Mal sehen, als Erstes der Name. Ein guter Name, der sofort Interesse weckt. Wie willst du deine Seife nennen?«
»Na, Leaver's Seife, natürlich«, mischte sich James Leaver ein.
»Nein, da muss schon was Peppigeres her«, widersprach Patrick.
Der junge Leaver sagte: »Nun ja, ich überlege schon die ganze Zeit, und es sind mir auch ein paar Namen eingefallen, aber ich komme mir ein wenig blöd vor, um ehrlich zu sein.«
»Ist doch deine Seife! Steh zu deinen Überzeugungen !«, drängte ihn Patrick.
»Nun gut, ich stelle mir einen Namen wie Sun-Light-Seife vor.«
»Das ist sehr gut. Den Frauen wird das gefallen. Am besten fängst du mit Werbeplakaten an. So viele wie möglich und so groß wie's geht. Und schlicht bleiben. Auf dem Plakat sollte einfach in großen Lettern stehen SUN LIGHT SEIFE und darunter, kleiner, etwas wie: >Die beste Seife der Welt<. Mit Bescheidenheit kommt man in der Geschäftswelt nicht weit. Schick Vertreter in alle größeren Städte, und du wirst sehen, die Bestellungen kommen so schnell rein, dass du die Produktion erhöhen musst. Und sobald es das Geschäft erlaubt, eröffnest du ein Büro in London. Da kann ich dir mit Kontakten weiterhelfen.«
»Ich will deinen Rat nicht umsonst, Patrick. Ich werde dir einen Abschlag bezahlen.«
»Eine einprozentige Beteiligung an deinem Unternehmen wär mir lieber.«
Jonathan zwinkerte James zu. »Er ist ein raffinierter Geschäftsmann, dieser Junge, verdient wahrscheinlich mehr Geld mit seinem einen Prozent von diesem und jenem, als ich mit meinen Webereien.«
»Nichts geht über Qualität, Vater. In Lancashire werden mit die besten Waren der Welt hergestellt. Ich überlege, ob ich nicht ins Exportgeschäft einsteigen soll. Amerika würde mir da vorschweben.«
»Hä? Was sagst du da?«, fragte sein Vater zornig.
»Och, ich habe mich bereits mit einem Reeder aus Liverpool, Isaac Bolt, unterhalten. Wenn ich fünfzig Prozent von seinem Schiff erwerbe, könnten wir Textilien aus den Webereien und vielleicht auch deine Seife nach Amerika exportieren. In Bolton wird so unglaublich viel hergestellt, da fällt einem die Wahl wahrhaftig schwer. Dobson macht die besten Dampfmaschinen, Webster stellt Wasserpumpen und Windmühlen her. Dann wäre da noch die Papierfabrik von Spring-field und Walmsley's Gusseisenfabrik. In Bolton wird alles hergestellt: chemische Färbemittel, Glas, Lederwaren, Teppiche, ja sogar Särge«, zählte
Weitere Kostenlose Bücher