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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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werd' sie bitten, mich zu heiraten«, beschloss er abrupt. »Meine Kinder kriegen einen Anfall, wenn sie das hören«, dachte er, und sein Gesicht leuchtete auf beim Gedanken an die zu erwartenden Szenen. Er wollte keinen flüchtigen Sex, kein eiliges Gefummel im Dunkeln, keine Angst vor knarrenden Dielenbrettern und dass jemand von der Dienerschaft aufwachen könnte. Nein, bei Gott, er wollte sie auf seinen Schoß ziehen können, wann immer er Lust hatte und sie, wenn er wollte, vor aller Augen betatschen. Immerhin, wie viel Jahre blieben ihm denn noch? Nein, er würde alles auf eine Karte setzen. Man würde sagen, er sei auf seine alten Tage senil geworden, aber sollten sie doch! Inzwischen konnte er sich mit der süßen kleinen Zigeunerin vergnügen.
     
    Am nächsten Tag schrieb er die Webereien zum Verkauf aus. Heiliger Wolkenbruch, er würde sich zur Ruhe setzen! Beim Abendessen konnte er nicht länger an sich halten. »Es steht in deiner Macht, einen alten Mann sehr glücklich zu machen, Kitty. Willst du mich heiraten?«
    Seine Frage traf sie vollkommen unvorbereitet. An so etwas hatte sie nie auch nur gedacht. Sie wusste, dass er ihre Gesellschaft mehr und mehr schätzte, sich bei ihr entspannen und er selbst sein konnte.
    »Ich ... ich weiß nicht, was ich sagen soll«, stammelte sie.
    »Sag ja, Mädel, du wirst es nicht bereuen«, drängte er.
    »Also, ich würde gerne meinen Großvater besuchen, bevor ich Ihnen meine Antwort gebe. Ich bin noch nicht ganz sechzehn, das wissen Sie ja, Mr. O'Reilly«, sagte sie in dem Versuch, ein wenig Zeit zu gewinnen.
    »Hm, das ist ein bisschen arg jung, aber ich glaube, dein Großvater wird uns seine Erlaubnis schon geben. Warum schaust du nicht gleich heute Abend bei ihm vorbei? Möchtest du, dass ich mitkomme, Liebchen?«
    »Nein danke, Mr. O'Reilly, ich glaube, ich gehe besser alleine.«
    »Sag du und Johnny zu mir«, drängte er.
    Kitty zögerte. »Ich ... das könnte ich nicht.«
    »Dann eben Jonathan. Los, versuch's.«
    »Also gut, Jonathan.«
    »Geht doch, Liebchen. Und jetzt lauf und hol deinen Mantel, und ich bestelle derweil die Kutsche für dich.« Er tätschelte ihr auf väterliche Art das Knie.
    Kitty schwirrte der Kopf. Alles, woran sie denken konnte, war, dass sie Patricks Stiefmutter sein würde. Wenn sie in diese
    Heirat einwilligte, wäre sie nicht nur außer Reichweite von Patrick, es wäre gleichzeitig eine subtile Art von Rache. Sie würde ein schönes Zuhause haben und ein leichtes Leben. Jonathan O'Reilly war immer gut zu ihr gewesen. Er war zwar ziemlich alt, aber wie ihr Großvater gesagt hatte, konnte das ja auch Vorteile haben. Offensichtlich wollte er bloß ein wenig Gesellschaft, weil er sich einsam fühlte. Wahrscheinlich könnte sie sogar ein eigenes Schlafzimmer bekommen, so wie Julia. Als Kitty bei dem kleinen, schäbigen Häuschen ankam, bat sie den Kutscher, auf sie zu warten. Drinnen fand sie ihren Großvater, der gerade dabei war, die Kinder zu baden. Im Kamin brannte ein winziges Feuer, und Ada hockte zusammengesunken in der Nähe. Kittys Blick fiel auf ihren geschwollenen Leib. »Kommt es bald, Ada?«
    »Hab noch einen Monat, danke der Nachfrage, aber es strampelt so, dass ich schwören könnte, es hat vier Arme und Beine.«
    Eins der Kinder fing an, vor Hunger zu weinen, und Kitty bekam Schuldgefühle, weil sie es dieser Tage so leicht hatte. Rasch tastete sie in der Tasche ihres Kleids nach den zwei halben Kronen, die sie beim Domino von Jonathan gewonnen hatte. Sie drückte sie Ada in die Hand, doch diese schüttelte den Kopf. »Gib sie deinem Opa. Mein Mann würde sie mir in einer Sekunde abknöpfen und vertrinken.« Ada sah wirklich bemitleidenswert aus.
    »Ich habe Neuigkeiten. Jonathan O'Reilly hat mich gebeten, ihn zu heiraten, und jetzt bin ich so durcheinander, dass ich nicht weiß, was ich tun soll.« Sie blickte nach Mitleid heischend ihren Großvater an.
    Er erwiderte ihren Blick minutenlang, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Mädelchen, du musst selbst entscheiden. Ich werde dir weder das eine noch das andere raten.«
    Ada erhob sich mühsam und ergriff Kittys Hand. Eindringlich sagte sie: »Er mag dir ja nicht raten, aber ich schon. Du müsstest verrückt sein, so ein Angebot abzulehnen. Er ist ein Webereibesitzer! Das heißt, er ist stinkreich! Du brauchtest dir keine Sorgen mehr machen, wo das nächste Feuerholz herkommen soll oder der nächste Bissen Brot. Und du würdest ihn überleben und eine reiche Witwe

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