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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Umstand konnte sich Sir Edmund nur mit Hexerei erklären. Er selbst hatte überhaupt nichts mehr zu sagen. Nun, was an dem Tag, da ihn ihre willfährige Marionette von einem Arzt für gesund erklären würde, zu tun wäre, wusste er schon heute genau. Er würde die Hexe mit Sack und Pack hinauswerfen!
    Nach kaum mehr als der Andeutung eines Klopfens betrat Julianna mit dem inzwischen auf ihren Lippen festgewachsenen Lächeln ein.
    „Guten Morgen, Sir Edmund. Henry sagte mir, dass Ihr aufgewacht seid.“ Beflissen schüttelte sie die Kissen auf. „Was wollen wir uns denn heute gemeinsam vornehmen?“
    Sir Edmund kniff schweigend die Lippen zusammen, obwohl er ihr viel lieber ganz genau gesagt hätte, was er gern tun würde.
    „Vielleicht seid Ihr noch müde?“, fuhr Julianna besorgt fort. „Ich kann natürlich wieder hinausgehen und Euch noch ein Weilchen ruhen lassen.“
    „Nein, danke, ich bin völlig wach und munter“, erwiderte Sir Edmund mit der Miene eines Märtyrers. „Aber wenn du gerade anderswo beschäftigt warst, dann fühle dich bitte nicht verpflichtet hierzubleiben, nur weil ich in diesem Bett noch für wer weiß wie lange gefangen bin.“
    Julianna stopfte energisch die Decke um seinen Körper fest. „Wenn Ihr nicht mehr müde seid, bleibe ich natürlich gern bei Euch. Möchtet Ihr vielleicht eine Partie Schach spielen?“
    Abwehrend hob Sir Edmund die Hände. „Damit du mich wieder nach kurzer Zeit schachmatt setzt? Ich verzichte dankend. Meine Geisteskräfte lassen anscheinend ohne jedwede Herausforderung genauso nach wie die Kräfte meines Körpers.“
    „Dann vielleicht ein bisschen Musik?“ In Juliannas Stimme schwang jetzt eine unüberhörbare Schärfe mit.

    „Ach, bitte nicht.“ Der Vorschlag hatte bei Sir Edmund ein schmerzvolles Lächeln hervorgerufen. „So großartig dein Vortrag auch ist, so bin ich doch der schier endlosen walisischen Balladen etwas müde geworden. Sie sind sicher sehr unterhaltsam, wenn man die Sprache versteht, aber …“
    Auf Juliannas Wangen zeichneten sich zwei rote Flecke ab, und sie warf einen Blick auf das Kopfkissen, der deutlich zum Ausdruck brachte, dass sie den Kranken am liebsten damit erstickt hätte. Bei diesem Anblick stieg nun doch ein Gefühl von Reue in Sir Edmund empor. Deshalb fügte er in einem etwas versöhnlicherem Tone fort: „Ich würde gern Shakespeare mit verteilten Rollen lesen. Du übernimmst die weiblichen Personen und ich die männlichen.“
    „Das klingt sehr verlockend. Welches Stück wollen wir denn lesen? Vielleicht Romeo und Julia ?“
    Sir Edmund wandte hilfeflehend den Blick zur Decke. „Nur wenn du mich vollends zur Verzweiflung treiben willst. Das ganze romantische Getue und dann dieser melodramatische Schluss! Zum Glück hat unser großer Dichter viel bessere Werke geschaffen.“
    „Da bin ich aber ganz anderer Meinung.“ In Juliannas braunen Augen blitzten goldene Funken. „Ich halte die Verse aus Romeo und Julia für seine schönsten, und das harte Schicksal der jungen Liebenden ist sehr herzbewegend.“
    „Wozu soll man an einem so kalten, grauen Tag seine Stimmung durch das Lesen einer Tragödie noch weiter herabdrücken?“ Sir Edmunds Miene brachte äußerste Ablehnung zum Ausdruck.
    „Also, was dann?“, stieß Julianna durch die zusammengebissenen Zähne hervor.
    „Irgendetwas zum Aufheitern. Ach, ich weiß: Ein Sommernachtstraum . Meiner Meinung nach ist es Shakespeares gelungenste Komödie.“
    „Einverstanden.“ Julianna erhob sich, um die Textbücher herbeizuholen. Als sie zurückkehrte, bemerkte sie kühl: „Hier ist Euer Exemplar. Ich glaube, Ihr müsst als Theseus den Anfang machen.“
    Die Unterhaltung zwischen Theseus und seiner Amazonenbraut entbehrte zunächst der vom Text her erforderlichen Wärme. Dafür wurde der Streit zwischen Oberon und der Elfenkönigin in einer Form dargeboten, die selbst die besten Londoner Schauspieler hätte vor Neid erblassen lassen.
    Das Finale schließlich, in dem die Handwerker die traurige Geschichte von Pyramus und Thisbe aufführten, gestaltete Sir Edmund zu einem wahrhaft komischen Meisterstück, sodass sich Julianna die Seiten hielt vor Lachen.
    „Bravo, Sir Edmund!“ Sie klatschte begeistert Beifall. „Ihr hättet zur Bühne gehen sollen. Tausend Dank für Eure großartige Vorstellung. Sie hat tatsächlich unsere Wintertagstrübnis ein wenig aufgeheitert. Ich bin direkt heiser vor Lachen. Kann ich einen Schluck von der Zitronenlimonade haben, die

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