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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Mrs Davies für Euch zubereitet hat?“
    Der Saft brannte wie Feuer in ihrer Kehle, und Sir Edmund regte sich sehr über ihr sichtliches Unwohlsein auf. „Wenn Doktor Cail morgen wieder nach mir sieht, muss er dich unbedingt untersuchen“, erklärte er voller Bestimmtheit.
    „Eine hässliche Mandelentzündung“, stellte der Doktor nach einem eingehenden Blick in Juliannas Mund fest. „Schickt jemanden zum Apotheker und lasst einen Breiumschlag holen“, ordnete er an. „Er muss Eurer Gemahlin mit einem Flanelltuch um den Hals gewickelt werden. Im übrigen soll sie viel Wasser trinken und möglichst nicht sprechen. Ruhe braucht sie auch.“
    „Ich werde mich um alles kümmern“, versicherte Sir Edmund, „denn ich fühle mich für den Zustand meiner Gemahlin verantwortlich. Ich fürchte nämlich, ich bin ein ziemlich ungeduldiger Patient gewesen und habe ihre Kräfte deshalb viel zu sehr in Anspruch genommen. Darf ich nun auch um Auskunft über den Fortschritt meiner Genesung bitten, oder muss ich wieder mit einer Enttäuschung rechnen?“
    Der Doktor packte bedächtig seiner Tasche ein. „Ihr solltet lieber in der nächsten Woche noch einmal nachfragen, Sir Edmund. Da habe ich vielleicht bessere Neuigkeiten.“
    Als er gegangen war, befahl Sir Edmund dem Haushofmeister, Julianna sofort zu Bett und einen der Lakaien zur Apotheke zu schicken. Zur Abendbrotzeit erkundigte er sich dann nach dem Befinden seiner Gemahlin. „Wie geht es ihr denn jetzt?“

    „Na, wie schon“, knurrte Mr Brock. „Schlecht natürlich. Das arme Kind hat sich doch kaputtgemacht, weil sie von morgens bis abends nach Eurer Pfeife tanzen musste …“
    „Genug!“, schrie Sir Edmund aufgebracht. „Schere dich fort!“
    In den nächsten Tagen ließ ihn die Dienerschaft spüren, bei wem ihre Sympathien lagen. Niemand kam in sein Zimmer, außer zu den Mahlzeiten oder auf ausdrückliche Anforderung. So blieb ihm viel Zeit, um über die schändliche Art nachzudenken, mit der er Julianna offensichtlich behandelt hatte. Dabei verdankte er ihr doch eigentlich sein Leben. Aber es hatte wohl vor allem daran gelegen, dass er sich diesem reizenden, lebensvollen Geschöpf so schwach und hinfällig hatte präsentieren müssen. Indes hätte er nie und nimmer das Mädchen die Verletzung seiner Eitelkeit spüren lassen dürfen.
    Da er seiner eigenen Gesellschaft bereits überdrüssig geworden war, griff er seufzend zu dem Buch, das Julianna ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. Doch er hatte noch kaum zwei Seiten gelesen, als die Tür aufgerissen wurde und Julianna, barfuß und nur mit einem leichten Umhang über dem Nachthemd, auf der Schwelle stand. Sir Edmund rieb sich verstört die Augen. Bekam er etwa wieder einen Fieberanfall?
    „Warum bist du nicht im Bett, du dummes Gänschen?“, fragte er barsch. „Ist ein Dauerpatient im Hause nicht genug?“
    „… so langweilig …“, krächzte Julianna mühsam, „… nichts zu tun … Kann ich hierbleiben?“
    „Jetzt hast du endlich einmal eine Vorstellung davon, wie es mir bisher ergangen ist, und ich war noch viel länger ans Bett gefesselt als du. Wenn du unbedingt bei mir bleiben willst, dann setze dich um Gottes willen nicht in den Zug und hole dir obendrein noch einen Schnupfen.“ Der Kranke schlug die Decke zurück und rückte zur Seite. „Komm herein. Dieser Koloss von Bett hat Platz für eine ganze Schiffsbesatzung.“
    Wie lange ist es eigentlich her, dass ich eine Frau aufgefordert habe, in mein Bett zu kommen, dachte Sir Edmund überrascht, schob aber diese Überlegung schnell wieder beiseite, als Julianna sich neben ihn legte.
    „Huh! Vielleicht nimmst du deine eisigen Füße von meinem Schienbein! So. Na, liegst du bequem?“ Mit heimlichen Rachegefühlen schüttelte er die Kissen zurecht. „Da du nun vorübergehend zur Stummheit verdammt bist, muss ich wohl die Unterhaltung übernehmen. Fieldings Buch gefällt mir recht gut. Soll ich noch einmal von vorn beginnen und es dir vorlesen?“
    Aber Julianna schüttelte den Kopf. „Nein, erzählt mir lieber eine Geschichte“, erklärte sie mit rauer Stimme. „Über … über den Ort … wo die wilden Veilchen blühen.“
    Einen Herzschlag lang stutzte Sir Edmund, bevor er begriff, was Julianna meinte. „So hast du mich also erwischt? Ich kenne tatsächlich eine Stelle, an welcher die wilden Veilchen und Geißblatt in Mengen wachsen. In meiner Kindheit war ich oft dort, wenn ich mich einsam fühlte, und habe gewiss im Fieber davon

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