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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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niemand spielen will. Manchmal, wenn niemand sonst da ist, spiele ich mit ihr Murmeln. Sie möchte zwar gern meine Murmeln gewinnen, hat aber Angst, sie könnte sich dabei schmutzig machen.
    Ihr Bruder, der aber eine andere Mutter hat, ist drei Jahre älter als ich, hat eine Brille und ist nicht so fein, dafür aber interessanter. Wir hassen uns von ganzem Herzen. Ich sag immer „Brunzenickel“ (wegen seiner Nickelbrille) zu ihm. Dafür nennt er mich „Klapperschlange“. Ich weiß zwar nicht, was ein Klapperschlange ist, er weiß aber auch nicht, was ein Brunzenickel ist. Ich übrigens auch nicht.
    Ganz im Innern tut er mir aber auch leid. Meine Mutter hat mir nämlich erzählt, dass er als kleiner Junge auf der Flucht mal verloren gegangen sei und davon einen Schaden habe. Naja, er ist auch gar nicht so wie andere Jungen, die ich kenne. Ich glaube, wenn er aufhören würde, mich Klapperschlange zu rufen, würde ich auch nicht mehr Brunzenickel zu ihm sagen.
    Ich hasse nämlich Schlangen, weil ich Angst vor ihnen habe.
    Neulich bin ich mal einer echten Schlange begegnet. Ich war im Gestrüpp und habe Walderdbeeren gesammelt. Da wachsen nämlich sehr viele.
    Direkt an der Weggabelung raschelt es auf einmal im Gras und eine grüne Schlange zischt aufgeregt nach mir. Sie war bestimmt zwei Meter lang und sehr schnell.
    Ich bin gerannt wie noch nie in meinem Leben. Immer weiter, nur weg! Mein Herz raste und ich hatte schlimmes Seitenstechen, aber ich bin gerannt.
    Auf einmal kam ich genau wieder an der Weggabelung an, weil ich im Kreis gelaufen war. Die Schlange habe ich zwar nicht gesehen, aber ich wusste ja, dass sie da war. Aber es half ja alles nichts, ich musste an ihr vorbei.
    Auch als ich endlich auf der Straße war, rannte ich weiter. Die Erdbeeren habe ich alle verloren, nur das Gefäß hatte ich noch in der Hand.
    Und dann hat mir das niemand mit den zwei Metern und der Gefahr geglaubt. Sogar meine Mutter meinte, ich sei vor einer harmlosen kleinen Blindschleiche davongelaufen. Ich kenne Blindschleichen und Ringelnattern, weil Herr Löwer schon welche mit in die Schule gebracht hat, echte, lebendige. Deshalb weiß ich auch, dass meine Schlange giftig war, vielleicht sogar eine Klapperschlange oder eine Kreuzotter.
     
     

Ich wäre so gern katholisch
    Ich wäre so gern katholisch. Auf der Wiese neben unserem Haus steht nämlich ein riesiges Zelt mit einem großen Holzkreuz und Stühlen drin. Zwei Männer in langen weißen Hemden predigen dort das Evangelium. Sie sind aber katholisch und Missionare. Außerdem kommen sie aus Holland.
    Den katholischen Kindern, die zu ihnen kommen, schenken sie große Beutel mit Bonbons, Schokolade, Brause und Kaugummis drin. Außerdem noch bunte Heiligenbilder. Sogar die Kinder, die katholisch werden wollen, bekommen so einen Beutel. Das habe ich selbst erlebt, weil Christel Schauer einen bekommen hat. Sie hat den Missionaren erzählt, dass sie demnächst katholisch wird. Ihre Mutter hat einen Ami, der ist katholisch und will sie heiraten. Ich meine, die Mutter. Dann gehen sie alle nach Amerika.
    Christel ist erst vor Kurzem in unsere Klasse gekommen. Sie hat gleich eine Bande gegründet. Da sind fast alle Jungen in unserer Klasse drin und die beherrscht sie.
    Manchmal wendet sie ihre Gunst auch mir zu.
    So eine Mutter wie Frau Schauer habe ich noch nie erlebt. Sie ist sehr dünn und hat überall Sommersprossen, ganz lange, rotlackierte Nägel und auch so einen Mund. Ich habe sie noch nie ohne eine Zigarette zwischen den Fingern gesehen.
    Frau Schauer lacht oft und so laut, dass der kleine Andy jedes Mal zusammenfährt. Der ist übrigens schon katholisch.
    Frau Schauer lacht auch, wenn Christel Fünfer und Sechser schreibt. Da haben meine Eltern noch nie gelacht! Christels Mutter meint, was soll’s, ihre Tochter muss in Amerika sowieso englisch sprechen. Da braucht sie in Deutsch nicht besonders gut zu sein.
    Wenn wir ein Diktat schreiben, muss Christel sich immer neben mich setzen und bei mir abschreiben. Herr Löwer hat nämlich keine Lust, soviel zu korrigieren.
    Neulich hat sie mir mit einem Teil ihrer Bande aufgelauert. Sie haben mich verhauen. Das war ganz gemein, weil es fünf waren und ich war ganz allein.
    Am nächsten Tag haben wir ein Diktat geschrieben und ich habe absichtlich Fehler reingemacht, damit Christel falsch abschreibt. Die Fehler wollte ich nachher schnell noch verbessern. Ich kam aber nicht mehr dazu, weil unser Lehrer die Hefte so schnell

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