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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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durch die Luft zu fliegen. Mir wird da nie schlecht. Aber Inge ist es mal schlecht geworden. Hinter ihr saß jemand, der den Sitz vor sich festhielt und beim Fliegen nach vorn schnellen ließ, direkt an Inges Kopf.
    Mama war gleichzeitig mit dem Arzt bei Inge. Sie musste ein paar Tage still im Bett liegen, wegen ihres Gehirns. So was ist gemein und gefährlich für den Vordermann. Niemand hat später gewusst, wer meiner Schwester das Ding an den Kopf geknallt hat.
     
    Unser Lehrer hat am Waldfestsamstag geheiratet. Ich habe die Braut gesehen. Sie ist blond, hat aber Dauerwellen und ein blaues Glasauge. Das bewegt sich nicht und wir müssen da dauernd hingucken.
    Frau Mühlbauer aus unserem Haus hat zur Frau Bollmann gesagt, die sie beim Einkaufen getroffen hat, Herrn Löwers Braut hätte Geld. Die Wohnung sei ganz neu eingerichtet und das hätten ihre Eltern bezahlt. Da hat Frau Bollmann geantwortet, dass er sonst bestimmt keine Frau mit Glasauge geheiratet hätte. Frau Mühlbauer hält die Leute immer fest, damit sie mit ihnen reden kann. Und sie spricht jedes Mal über andere. Wir Kinder wissen das, weil meistens jemand von uns gerade in der Nähe ist. Da wir für die Erwachsenen normalerweise nicht zählen, erfahren wir auf diese Art, was so alles passiert.
     
    Am Sonntagmorgen sagte unser Lehrer zu seiner Frau, dass er sich auf dem Waldfest mal blicken lassen müsse. Er gehöre ja jetzt zur Gemeinde.
    Dann ist er zum Frühschoppen gekommen. Hauptlehrer Weiß und der Bürgermeister waren auch da. Außerdem unser Polizist. Die haben sich gefreut und den „Jungen Ehemann“ hochleben lassen.
    „Der Frühschoppen“ hat bis zum Montagabend gedauert. Da brachten ein paar Männer unseren Herrn Löwer nach Hause.
    Jetzt haben die Leute genug Gesprächsstoff! Wir haben ja noch Ferien, unser Lehrer kann sich also noch vom Waldfest erholen. Ob er das vom Klatsch aber auch kann, weiß ich nicht.
     

Klapperschlange und Brunzenickel
    Unsere Ulla hat sich eine ganz tolle Musiktruhe gekauft. Oben kann man sie aufklappen und zehn Schallplatten reintun. Dann braucht man sich nicht mehr drum zu kümmern, weil der Apparat alles alleine macht, jedenfalls, bis alle Platten abgespielt sind. Die großen schweren Platten passen genauso rein wie die kleinen Leichten. Man muss nur einen Hebel umstellen.
    Ulla hat lauter Schlager. Dauernd wird da von Liebe und Sehnsucht und Mondschein gesungen.
    Die Musiktruhe ist sehr schön gemasert, weil sie aus poliertem Wurzelholz ist. Gekauft hat Ulla sie auf Raten. Mein Vater hat gebürgt, weil er nett sein wollte. Das will er bei anderen Leuten immer. Dafür dürfen wir ihre Platten auch manchmal hören. Ich weiß, dass es auch andere Platten mit anderer Musik gibt, wie Ulla sie hat. Deshalb wäre ich froh, wenn wir auch so einen Plattenspieler hätten. Meine Mutter sagt aber, es gäbe Wichtigeres.
    Wenn wir endlich mal den Lastenausgleich für das Ausgebombtsein bekommen, will sie eine Couch und Sessel und einen Couchtisch kaufen.
    Peitzkes von nebenan haben so was alles. Und sogar Teppiche im Wohnzimmer. Sie sind Flüchtlinge und haben außer ihren Möbeln und ihrem Geld auch noch die Heimat verloren, was noch viel schlimmer ist. Deshalb haben sie in Kattenbach auch gleich eine Wohnung und Lastenausgleich bekommen.
    Aber nicht nur Peitzkes, auch die andern Flüchtlinge im Ort haben das.
    Das ärgert die Leute, die keine Heimat verloren haben. Die Flüchtlinge waren auch alle etwas „Besseres“.
    Neulich habe ich Metzelsuppe beim Metzger geholt. Ich musste warten, weil noch mehr Leute vor mir waren, die ihre Milchkannen gefüllt haben wollten. Da hab ich gehört, wie sich Oma Peitzke mit Herrn Malek über die alte Heimat unterhielt.
    Sie hat von dem Gut geredet und dass sie viel Personal hatten. Und dass sie zweimal im Jahr zum Einkaufen gefahren seien, für die Ausstattung. Und zwar immer nach Berlin; denn nur dort hätte man was Anständiges bekommen.
    Herr Malek meinte aber, auch in Königsberg hätte man gut einkaufen können. Er habe in seiner Eigenschaft als Polizeichef seines Distrikts öfter mal nach Königsberg fahren müssen. Jetzt ist er der Polizeichef von Kattenbach. Aber nur, weil er der einzige Polizist im Ort ist.
    Herr Peitzke geht in die Kunstlederfabrik und sitzt mit grauen Ärmelschonern und gespitztem Bleistift im Werkstattbüro bei meinem Vater. Dort schreibt er Rechnungen und sortiert die Post.
    Seine Frau tut immer ganz fein. So wie ihre Tochter Christine, mit der

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