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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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Amerika gehen. Sie hat auch schon jemanden, der dann in unsere Mansarde zieht. Das ist ihre Schwester Ulla. Diese war auch schon zu Besuch bei ihr. Ich finde sie netter und hübscher als Frieda.
    Ich habe meine Mutter gefragt, warum das Baby so eine dunkle Haut hat. Da hat sie gesagt, das käme sicher davon, dass der Zucker, den ich auf die Fensterbank gelegt hätte, brauner Kubazucker gewesen sei. Aber ich glaube das nicht mehr so ganz. Es heißt ja, Friedas Freund sei der Papa des Babys. Und er ist schwarz, Frieda aber weiß und das kleine Mädchen irgendwie dazwischen.
    Im Sommer ging ich mal Richtung Kaserne, um nach Mama zu sehen. Sie war mit dem Fahrrad zum Einkaufen in die Stadt gefahren. Da hat mich ein alter Mann angesprochen, der sein Rad den Damm hochschob. „Na Du armes Kind, Du bist wohl auch eine zurückgelassene Erinnerung, was?“ Dabei hat er mich ganz komisch gemustert, besonders mein krauses Haar und meine Arme. Als ich das später Mama erzählt habe, hat sie laut gelacht.
    „Weißt Du, Ulli, der Mann hat gedacht, Du wärst ein Mulattenkind, wahrscheinlich, weil Du so braun bist!“
    „Was ist ein Mulattenkind?“
    Mama erklärte es mir: „Wenn ein Elternteil ein Neger ist und der andere ein Weißer, bekommen sie braune Kinder. Allerdings haben es diese Kinder besonders schwer, weil sie keine richtigen Neger, aber auch keine richtigen Weißen sind.“
    Friedas Kind hätte bestimmt nicht so schwarze Kulleraugen gehabt, wenn es nur ein weißes Kind gewesen wäre. Dann würde es sicher auch so rot wie sie aussehen.
    Frieda meint, wenn sie erst mal in Amerika lebten, wäre alles gut und sie hätte ein angenehmes Leben. Sie wartet nur noch auf die Papiere zum Heiraten.
    Neulich habe ich gehört, wie meine Mutter zu Frau Mohr gesagt hat, man könne es kaum glauben, wie naiv Frieda trotz allem immer noch sei.
    Mohrs Helga ist in Amerika. Sie hat ihren letzten Ami geheiratet und schreibt ab und zu mal an Mohrs. Manchmal schickt sie auch ein Päckchen, so gut hat sie es jetzt. Ich glaube, ihr Letzter, also ihr Mann, war der Freund von ihrem früheren Ami. Der ist noch länger in Deutschland geblieben, als der andere schon längst wieder nach Amerika musste. So hat er die Helga praktisch geerbt. Jedenfalls haben Mohrs kein Amimädchen mehr und ihr Schlafzimmer ist frei.
    Sie brauchen den Platz wegen ihrer drei Buben. Außerdem ist Herr Mohr sehr krank und braucht seine Ruhe. Das ist ein ganz lieber und stiller Mann. Er ist sehr dünn und hat immer eine Strickjacke an, wenn er im Hof auf der Bank sitzt. Ihm ist es auch in der warmen Sonne noch zu kühl. Meistens ist sein jüngster Sohn noch um ihn rum und spielt.
    Früher, als Herr Mohr noch dicker und gesünder war, hat er meinem Vater immer die Haare geschnitten. Denn er hatte mal Friseur gelernt, bevor er nach „Hinten“ kam. Außerdem hat es für Papa viel weniger gekostet als beim richtigen Friseur.
     

Alle warten auf den großen Knall
    Wir haben einen Blindgänger! Alles ist so aufregend. Ein Auto mit Lautsprecher fährt durch Kattenbach und verkündet laut: „Bitte, verlassen Sie alle umgehend die Häuser und gehen Sie in den Wald. Lassen Sie alle Fenster offen wegen der Druckluft. Ich wiederhole: Bitte …“
    Davor erzählten sie, dass sie einen Blindgänger gefunden hätten, und zwar in Kühnfelds Baugrube. Kühnfelds wohnen in unserem Haus, aber im anderen Eingang. Sie wollen den Blindgänger entschärfen.
    Ich weiß, dass ein Blindgänger eine Bombe aus dem Krieg ist, die damals nicht losgegangen ist, aber jetzt jeden Moment losgehen kann. Deshalb wird sie entschärft und die Leute werden in den Wald geschickt.
    Weil Sonntag ist, sind die meisten Leute zuhause. Deshalb wird es ziemlich voll im Wald. Sie sitzen auf Baumstämmen und im Gras herum und reden.
    Meine Mutter erzählte, dass sie mal selber auf einem Blindgänger gesessen hat, der aber nicht explodierte. Und das eine ganze Nacht lang. Das war aber im Krieg, als wir ausgebombt wurden. Sie dachte, sie säße auf einem Baumstumpf. Dabei beobachtet sie, wie unsere Betten im kaputten Schlafzimmer davonsegelten und das Haus ganz, ganz langsam in sich zusammenfiel.
    Das war bestimmt ein interessantes Erlebnis.
    Ich war dabei, kann mich aber nicht mehr daran erinnern. Unsere Inge war damals auf dem Land, da ist sie nicht ausgebombt.
    Das Wetter war sonnig, aber leicht windig und jeder wartete auf den großen Knall. Der kam aber nicht. Aber wir wurden trotzdem entwarnt. Die Bombe war

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