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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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drangekommen.
    Artig stand sie auf, stellte sich in Positur und begann: „Das Lied von der Glocke, von Friedrich von Schiller:
Loch gebuddelt,
Guss da rin,
Glocke fertig,
bim bim bim!“
    Alle haben gelacht, sogar unser Lehrer. Dann hat er aber gemeint, Rita hätte da einen kleinen Fehler gemacht. Das wäre nicht Schillers Glocke, sondern die von Rita Müller. Sie sollte ihm jetzt die andere Fassung auch noch aufsagen. Die konnte Rita aber nicht. Um die Fassung nicht zu verlieren, hielt sie sich an einem ihrer Zöpfe fest und suchte in ihrem Gedächtnis nach Spuren. Aber die Spuren waren wohl verweht, denn es kam nichts mehr aus ihr raus. „Du musst ja nicht das ganze Lied aufsagen, nur die Teile, die Ihr lernen solltet. Na komm“, ermunterte sie unser Lehrer. „Irgendein Vers wird Dir schon einfallen!“ Rita riss an ihrem Zopf und fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. „Soll das Werk, eh …, soll das Werk den, … na …, … doch der Segen kommt von oben!“
    In genau diesem Moment donnerte es gewaltig!
    Und dann prasselte es draußen und hagelte! Wir hatten ein Gewitter von der schlimmsten Sorte. Ein Blitz jagte den anderen und zerriss für Sekundenbruchteile die dunklen Wolkenfetzen. Es war so richtig schaurig schön gruselig. Wir saßen ja im Trocknen und die Schule hat einen Blitzableiter.
    Rita hatte sich klammheimlich hingesetzt, niemand fiel was auf. Das Unwetter hatte jeden in seinen Bann gezogen. Herr Lorbach erzählte uns jetzt was von warmen und kalten Luftströmungen und Elektrizität, eben wie ein Gewitter entsteht.
    Für Rita kam der Segen wirklich von oben!
     
     

Ein Forschungsauftrag
    Wir haben einen Sonderauftrag, Rita und ich. Der Auftrag ist von der Schule. Wir sollen Heimatgeschichte erforschen. Herr Lorbach schickte uns mit dem Rat, wir sollten eine gute Zigarre mitbringen, zum Opa Walter. Opa Walter ist der älteste Bürger von Kattenbach und hat Geschichte selbst erlebt.
    Also haben wir zusammengelegt und eine gute Zigarre am Wasserhäuschen gekauft. Sie hat dreißig Pfennige gekostet. Die Schule hat uns unsere Unkosten nicht erstattet, unsere Eltern auch nicht. Aber Opa Walter hat sich gefreut. Er saß vor seinem windschiefen Haus in der Sonne und paffte einen Stumpen. Die gute Zigarre wollte er sich für eine besondere Gelegenheit aufheben. Er heißt eigentlich Herr Walter, aber im ganzen Ort wird er Opa genannt. Das kommt wohl auch daher, dass er ein Alt-Kattenbacher ist und viel Familie hat. Er hatte mal sechs Geschwister, die aber alle schon tot sind. Aber die hatten wieder Kinder. Außerdem haben auch seine eigenen Kinder schon Enkel. So alt sieht er eigentlich gar nicht aus. Gut, er hat ein paar Falten in seinem rosigen Gesicht, aber seine Schwiegertochter, bei der er wohnt, hat viel grauere Haare als er. Dabei sind zwei seiner Söhne schon im Ersten Weltkrieg gefallen, und ein Enkel im Zweiten.
    Er hat sich ganz ehrlich gefreut, nicht nur über die Zigarre, sondern auch, weil er für uns so was ist wie ein lebendiges Geschichtsbuch. Wir brauchten gar nicht viel zu fragen. Er hat von sich aus erzählt.
    Opa Walter ist sogar vier Jahre älter als Kattenbach. Sein Vater ist Forstarbeiter gewesen, deshalb war er schon immer hier. Hier gab es früher noch viel mehr Wald als heute. Und weil das so war, versteckte der deutsche Kaiser darin eine Pulverfabrik. Dafür brauchte man aber Arbeiter. Also wurden Häuser gebaut. Dann kamen die Leute mit ihren Familien von überall her. So entstand Kattenbach.
    Es war aber immer etwas los hier.
    Von Anfang an gab es Spione. Die zeichneten das Gelände. Allerdings konnte man ihnen nichts nachweisen, weil sie sich als Landschaftsmaler ausgaben. Richtige preußische Soldaten haben die Munitionsherstellung bewacht. Da hätte Peter Martin bestimmt nicht soviel stehlen können.
    In der Pulverfabrik hatten sie aber auch selbst Explosionen. Einmal war es ganz furchtbar schlimm, weil es in einem Labor, in dem lauter junge Mädchen arbeiteten, brannte. Alle Mädchen, bis auf eins, sind umgekommen. Und diese kam nur mit dem Leben davon, weil sie Durst hatte. Ein paar Minuten, bevor das Unglück geschah, ist sie nämlich raus gegangen, um sich ein Glas Wasser zu holen.
    So furchtbare Dinge können mit Waffen passieren, auch ohne Krieg. Was nützte den Mädchen das Denkmal auf dem Friedhof und der Dank des Vaterlands?
    Auch ein furchtbarer Mord ist hier passiert, als Opa Walter noch lange kein Opa war. Der Mord wurde auf dem

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