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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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deutsch. Wir kennen die Familie, weil sie auch im Schulhaus wohnt.
    Auch Herr Lorbach ist groß und gebieterisch. Sicher kommt das daher, weil er im Krieg Hauptmann war.
    Nach ein paar Tagen haben wir gemerkt, dass man ganz gut mit ihm auskommen kann und wie wir ihn vollkommen vom Unterricht ablenken können. Das ist ganz leicht. Man braucht die Rede nur auf den Krieg zu bringen. Schon vergisst er alles, nur nicht die Heldentaten, die er vollbracht hat. Er hat auch ein eisernes Kreuz bekommen, weil er einen Kopfschuss hatte. Mein Onkel hatte auch ein Eisernes Kreuz, aber der hatte keinen Kopfschuss, er ist nur vermisst, und wahrscheinlich tot. Da ein Hauptmann ja sehr wichtig ist, wurde er durch eine gefährliche Operation gerettet. Ein Stück seines kaputten Schädels wurde durch eine Silberplatte ersetzt. Jetzt konnte er nicht nur weiterhin befehlen, er war auch noch wertvoller geworden.
    Obwohl unser Lehrer eine militärische Vergangenheit hat, wirft er nicht mit seinem Schlüsselbund. Er hat noch nicht mal ein Stöckchen. Man kann sich also bei ihm ganz gefahrlos melden, selbst wenn man dann das Falsche sagt.
    Schikanieren tut er nur die, die ganz vorne sitzen. Das sind diejenigen, die sich überhaupt nicht am Unterricht beteiligen, weil sie meistens kurz vor dem Einschlafen sind. Zu denen sagt er dann: „Ihr Blasen, Ihr Nieten“ und das mehrmals täglich. Aber die machen sich nichts daraus, weil sie sich überhaupt nichts aus dem ganzen Unterricht machen und nur ihre vorgeschriebene Zeit absitzen.
    Wir bilden Arbeitsgruppen in den Sachkundefächern. Da arbeiten wir immer zu einem Thema gemeinsam einen Vortrag aus, schreiben einen Bericht und malen was. Ich hätte das nicht für möglich gehalten, aber es macht mir wirklich Spaß und ich melde mich auch sehr oft. Nur die Hausaufgaben, die machen mir nach wie vor keinen Spaß, deshalb vergesse ich sie gern.
    Jeden Morgen wird erst mal ein sinniger Spruch aufgesagt, der täglich wechselt. So werden uns die deutschen Dichter und Denker nahegebracht und die Bildung auch.
    Sinnvoll auf das Leben bezogen sind auch Gedichte und Balladen. Deshalb haben wir so was oft als Hausaufgabe auf. Ich lerne die eigentlich auch nicht zu Hause, kann sie aber in der Schule, wenn ich dran komme, trotzdem. Wenn nämlich die halbe Klasse sich einen abgestottert hat, sagt Herr Lorbach meistens: „So und jetzt wollen wir das einmal anständig vorgetragen haben!“ Das ist in der Regel mein Stichwort. Bis dahin kann ich auch das Gedicht, da ich, das Buch auf den Knien, mitverfolgt habe, wie sich meine Klassenkameraden abgequält haben. Dann kann ich in herrlichen grausigen und blutrünstigen deutschen Balladen schwelgen.
    So findet Herr Lorbach auch, dass in dem Gedicht „Das Lied von der Glocke“ ein ganzes Menschenleben symbolisiert ist. Allerdings sieht er sogar selbst ein, dass die Glocke vor allem furchtbar lang ist. Deshalb müssen wir nur die gültigen Verse aus dem Gedicht lernen. Aber leider sind das sowieso die meisten. Das ist eine Zumutung! Außerdem finden wir, dass das gar nicht so gültige Verse sind. Wenn ich zum Beispiel lese,
    … Und drinnen waltet die züchtige
    Hausfrau, die Mutter der Kinder,
    … und lehret die Mädchen und wehret
    den Knaben
    und dabei an meine Mutter denke, merke ich, dass das gar nicht stimmt. Meine Mutter ist weder eine züchtige Hausfrau, noch wehret sie den Knaben. Sie wehret allenfalls mir, und das reicht ihr bestimmt auch. Hausfrau ist sie nur nebenbei, weil sie jetzt auch „Hinten“ arbeitet. Sie putzt also nicht mehr beim Bäcker, sondern arbeitet richtig in ihrem Beruf. Da fallen die Stückchen vom Vortag weg, aber dafür gibt’s manchmal frische, weil Mama ja auch mehr verdient. Da sie den ganzen Tag im Labor arbeiten muss, hat sie also auch keine Zeit die Mädchen zu lehren. Komisch finde ich auch, wenn es heißt:
    Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken …,
    denn erstens gibt’s bei uns nur im Zoo Löwen und zweitens, welcher normale Mensch fährt extra nach Afrika, um einen Löwen zu wecken?
    Aber für Herrn Lorbach sind die Verse gültig. Er meint ja, dass wir das alles noch nicht so verstehen können. Wenn wir mal älter wären, wüssten wir schon, wie Schiller seine Glocke gemeint hat. Nur verstehe ich nicht, warum wir das Gedicht jetzt lernen müssen, wo wir es doch noch gar nicht verstehen können. Das hat Rita auch gemeint und die Glocke gar nicht erst gelernt. Sie hat einfach eine Kurzfassung davon gemacht.
    Und sie ist

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