Lockruf der Finsternis
ihn los.
6
Sin fing Kat ab und zog sie an sich, ehe sie Damien Gatopoulos erreichen und ihn ins Herz stechen konnte. »Halt, Kat!«
Damien machte einen Satz zurück und riss die Augen vor Schreck weit auf. Aber er hatte sich schnell wieder in der Gewalt, als er merkte, dass Sin Kat nicht losließ.
»Er ist ein Daimon!«, knurrte sie.
Damien schaute sie ungehalten an.
»Ja«, sagte Sin und hielt sie noch fester gepackt, »und außerdem ist er der Manager meines Kasinos.«
Kat entspannte sich langsam und schaute Sin ins Gesicht. Ihre blassen Gesichtszüge waren vor Überraschung gerötet. Obwohl sie das Messer nur noch locker in der Hand hielt, hatte er ihr Handgelenk noch immer fest gepackt, damit sie nicht erneut auf Damien losging und ihnen allen den Abend ruinierte.
»Wie bitte?«, fragte sie.
»Er ist der Manager meines Kasinos.«
Ihre Wut kehrte zurück, und sie wollte sich losreißen. Obwohl er das nicht wollte, erregte es Sin, als ihr Körper sich an seinem rieb. Es war verdammt schwierig, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf den Gedanken, wie sehr ihre Lippen geküsst werden wollten. »Du lässt einen Daimon für dich arbeiten?«
Sin beugte das Knie, um zu verhindern, dass sie weiterhin an seinen Lendenbereich stieß, dann lachte er über ihren Zorn. »Genau genommen sogar mehrere.«
»Keine Sorge«, sagte Damien und zog sich das Jackett glatt. »Ich fresse nur Menschen, die es auch verdient haben.«
Das half nicht besonders viel.
Kat verzog angeekelt das Gesicht und wandte sich von Damien wieder zu Sin. »Und dabei hatte ich gerade angefangen, dich zu mögen. Ich kann es nicht fassen, dass du es zulässt, dass ein Daimon für dich arbeitet!«
Er hatte auch nicht wirklich erwartet, dass sie das begriff, aber für ihn war es kein Problem, dass Damien oder die anderen für ihn arbeiteten. Es waren Männer und Frauen, deren Leben durch den Zorn eines griechischen Gottes ruiniert worden waren. Für ihn waren sie verwandte Seelen. Apollo hatte die gesamte apollitische Rasse verflucht, weil sie seine Geliebte und ihr gemeinsames Kind getötet hatten. Das war zwar sehr tragisch, aber es hätte nie dazu führen dürfen, dass Apollos Fluch über jedem lag, der als Mitglied dieser Rasse geboren wurde und nun mit siebenundzwanzig Jahren sterben musste. Er hatte sie auch aus dem Tageslicht verbannt und sie dazu gezwungen, vom Blut ihrer Brüder zu leben. Es war hart und eines Gottes nicht würdig, der mehr Mitgefühl mit einer Rasse hätte haben müssen, die er einst selbst geschaffen hatte und der er nun den Rücken kehrte.
Außerdem stimmte es, was Damien gesagt hatte. Weder er noch einer der anderen, die hier arbeiteten, machten Jagd auf die Seelen von anständigen Menschen. Sie zerstörten nur die Seelen solcher Menschen, die den Tod auch verdient hatten – und die Götter wussten, dass es auf der Welt viele davon gab und dass es nur gerecht war, wenn sie einem Raubtier zum Opfer fielen, die ausgleichende Gerechtigkeit.
Sin lächelte Kat an. »Er ist unglaublich ehrlich. Seit er den Laden führt, versucht niemand mehr, mich zu betrügen. Wenn es doch jemand versucht, dann frisst er ihn.«
Bei seinen Worten verzog sie das Gesicht. »Ihr seid ja alle beide ekelerregend.«
Damien stieß ein höchst verärgertes Geräusch aus. »Weißt du, es ärgert mich, dass du mich nur nach einem einzigen unglücklichen Fakt beurteilst. Ich bin kein schlechter Kerl.«
Das kaufte sie ihm nicht ab. »Du frisst die Seelen von Menschen. Wie kannst du da nicht schlecht sein?«
»Glaub mir, das sind Menschen, denen du kein neues Leben gönnen würdest. Der Kerl, den ich gestern gefressen habe, hat seine Frau misshandelt und geprügelt. Eine gute und starke Seele … in einem dreckigen Menschenwesen.«
Sin musste sich zwingen, nicht zu lachen, als es offensichtlich war, dass Kat es gar nicht lustig fand. Aber er wusste ganz genau, dass Damien recht hatte. Er nahm nur denjenigen das Leben, die es verdient hatten, und solange es so lief, hatte Sin keinerlei Probleme damit.
Kat schüttelte den Kopf. »Wenn du genug von diesen Seelen gefressen hast, dann korrumpieren sie dich, bis du so wirst wie sie, das weiß doch jeder!«
»Nur wenn man dumm ist«, sagte Damien verächtlich. »Ich bin zweihundert Jahre alt und habe mich noch nicht verändert. Man muss nur lernen, vor sich hin zu summen, damit man den Mist, den sie reden, nicht in seinem Kopf als Echo hört. Es wird wirklich laut und hässlich, je näher sie
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