Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
ihn und seine Wurfgeschwister das erste Mal in die Berge brachte, hat er mich bis zu meinen Eltern zurückverfolgt. Ich habe sie anschließend besucht. Du kannst dir vorstellen, wie überrascht wir waren, als wir ihn hörten. Dann öffneten wir die Hintertür und sahen ihn auf der Veranda sitzen.«
»Er ist deinem Duft gefolgt.«
»Und zwar kilometerweit.«
»Liebe verleiht eben Flügel. Und macht Sehnsucht.«
»Das klingt zwar nicht gerade wissenschaftlich, aber … Beim zweiten Mal hat er mich bis ins Reservat verfolgt, und beim letzten Mal ließ ich ihn extra von Tansy und einer Praktikantin auswildern. Auch deshalb, weil ich mich nur schwer von ihm trennen konnte, aber das Gefühl hatte, es versuchen zu müssen. Er hat sie verscheucht und ist nach Hause gekommen. Freiwillig. Gute Nacht, Baby.«
Sie kehrte auf den Weg zurück. »Neulich habe ich geträumt, dass ich gejagt werde. Ich bin gerannt und gerannt, aber er kam immer näher. Und als ich wusste, dass ich keine Chance mehr habe, dass ich mich umdrehen und kämpfen muss, sprang ein Puma aus dem Gras und ging mir an die Kehle.«
Als er den Arm um ihre Schulter legte, schmiegte sie sich an ihn. »Ich habe noch nie geträumt, dass mich eine Katze angreift. Noch nie. Nicht mal, nachdem ich gebissen wurde oder mich aus einer heiklen Situation rettete. So weit ist es schon gekommen. Ich kann nicht ständig in Angst leben. Ich kann mich hier nicht einsperren.«
»Es gibt andere Möglichkeit rauszukommen.«
»Wie denn? In die Stadt gehen und shoppen?«
»Das ist auch eine Form von Tapetenwechsel.«
»Jetzt klingst du schon genau wie meine Mutter: ›Ablenkung würde dir guttun.‹ Ansonsten muss ich mir anhören, dass Tansy ihre beste Freundin und Brautjungfer dabeihaben will, wenn sie ihr Hochzeitskleid aussucht.«
»Du wirst also mitgehen.«
»Natürlich gehe ich mit.«
Aber sie seufzte. »Tansys Mutter kam heute hergeflogen, und morgen ziehen wir durch die Geschäfte. Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen, dass ich mich so wenig darauf freue.«
»Du könntest neue sexy Unterwäsche kaufen.«
Sie sah ihn strafend an. »Du denkst auch immer nur an das eine.«
»Wenn du dich nicht von deinem Weg abbringen lässt, wirst du irgendwann durchs Ziel laufen.«
»Ich brauche die Berge, Coop. Wie lange darf er sie mir wegnehmen?«
Diesmal beugte er sich vor und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Wir werden mit den Pferden nach Custer fahren. Und einen ganzen Tag in den Bergen ausreiten.«
Sie wollte schon sagen, dass das nicht ihre Berge waren, aber das wäre engstirnig gewesen.
Lil betrachtete ihre beiden klaren, schwarzen Silhouetten unter dem Nachthimmel. Bald, dachte sie. Es musste bald passieren.
Lil versuchte sich erneut weiszumachen, dass sie gern einkaufen ging. Aufgrund ihrer abgeschiedenen Wohnlage kaufte sie überwiegend online ein. Wenn sich also die
Gelegenheit ergab, einmal so richtig in die Farben, Formen, Materialien und Gerüche der dreidimensionalen Warenwelt einzutauchen, tat sie das voller Begeisterung.
Außerdem war sie gern mit Frauen zusammen, vor allem mit diesen Frauen. Sueanne Spurge besaß Charme und einen Sinn für Humor, sie verstand sich prächtig mit Jenna und Lucy.
Auch die Stadt gefiel ihr. Normalerweise. Sie genoss den Tempowechsel, den Anblick der Geschäfte und Menschenmassen. Schon als sie noch klein war, war ein Ausflug nach Rapid City immer etwas ganz Besonderes gewesen - ein wunderbarer Tag voller Abwechslung.
Aber jetzt störte sie der Lärm, und die Leute waren ihr nur im Weg. Am liebsten wäre sie sofort ins Reservat zurückgekehrt, obwohl es sich noch am Vorabend wie ein Gefängnis angefühlt hatte.
Sie saß in dem hübschen Ankleideraum eines Brautmodengeschäfts, nippte an dem mit einer dünnen Zitronenscheibe garnierten Mineralwasser und überlegte, welchen Weg sie einschlagen würde, wenn sie Jagd auf Ethan machen dürfte.
Sie würde in der Ebene beginnen, dort, wo er die Kamera ausgeschaltet hatte. Der Suchtrupp hatte dieses Gebiet bereits durchkämmt, aber das spielte keine Rolle. Vielleicht hatte er etwas übersehen. Dort hatte Ethan mindestens zwei Morde begangen, an einem Menschen und an ihrem Puma. Die Ebene war Teil seines Jagdreviers.
Dann würde sie das Gebiet bis zum Crow-Peak-Pfad absuchen, wo er James Tyler abgefangen haben musste. Danach würde sie bis zum Fluss gehen, wo man die Leiche gefunden hatte. Und anschließend …
»Lil!«
Lil zuckte so sehr zusammen, dass sie
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