Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
ohne es sich einzugestehen. Und zwar seit sie diese Hüttentür geöffnet hatte. Seit er sie wiedergesehen hatte.
Vielleicht war die Sache einfach noch nicht zu Ende. Und er war niemand, der Dinge gerne in der Schwebe ließ. Lil war eine offene Frage. Er konnte sie nicht einfach ignorieren, sondern musste sie beantworten, egal, ob sie nun einen »Freund« hatte oder nicht.
Da war noch was, auch bei ihr, da war er sich sicher. Er hatte es in ihren Augen gesehen. Auch wenn er sie schon lange nicht mehr gesehen hatte - diesen Blick kannte er.
Er verfolgte ihn bis in seine Träume.
Er wusste, was er an jenem Morgen in ihrem Zelt gesehen hatte, während der gefangene Puma auf dem Computerbildschirm gefaucht hatte. Hätte er sie in diesem Moment berührt, hätte er sie haben können, einfach so.
Sie würden beide kein neues Leben anfangen können, bevor die alten Gefühle nicht aufgearbeitet waren. Vielleicht konnten sie danach wieder Freunde sein, vielleicht auch nicht. Aber einfach nur abzuwarten, half nicht weiter.
Außerdem steckte sie in Schwierigkeiten. Ob sie es wahrhaben wollte oder nicht - irgendjemand wollte ihr weh tun. Egal, was sie einander bedeuteten - er würde das niemals zulassen.
Als die Zelte in Sichtweite kamen, verlangsamte Coop sein Tempo. Er schlug seine Jacke zurück und legte die Hand auf den Kolben seiner Waffe.
Beide Zelte waren mit langen präzisen Schnitten aufgeschlitzt worden. Die Schlafsäcke lagen durchnässt im eisigen Fluss, zusammen mit dem Campingkocher, auf dem er noch heute Morgen Speck gebraten und Kaffee gekocht hatte. Das T-Shirt, das Lil am Vortag getragen hatte, lag im Schnee. Coop hätte wetten können, dass das darauf verschmierte Blut von dem Puma stammte.
Er stieg ab, band die Pferde an und öffnete Lils Satteltasche, um nach der Kamera zu greifen, die sie am Morgen darin verstaut hatte.
Er dokumentierte die Szene aus verschiedenen Blickwinkeln, machte Nahaufnahmen des T-Shirts, der Zelte, der Sachen im Fluss und der Stiefelabdrücke, die nicht von ihm oder Lil stammten.
Mehr konnte er nicht tun, dachte er, bevor er eine Plastiktüte herausholte und sie als Beweisbeutel benutzte. Er ließ seine Handschuhe an, gab Lils T-Shirt in die Tüte und verschloss sie. Wenn er einen Stift gehabt hätte, hätte er auch noch Datum, Uhrzeit und seine Initialen darauf vermerkt.
Er hörte, wie sich ein Pferd näherte. Das musste Joe sein. Coop verstaute das T-Shirt in seiner Satteltasche und legte eine Hand auf seine Waffe. Als Pferd und Reiter in sein Blickfeld kamen, ließ er sie sinken.
»Es geht ihr gut«, rief Coop als Erstes. »Sie ist beim Sheriff. Es geht ihr gut, Joe.«
»Gut.« Von seinem Pferd aus musterte Joe den Zeltplatz. »Ihr beide werdet euch wohl kaum betrunken und das hier veranstaltet haben.«
»Er muss zurückgekommen sein und noch mal hier herumgefuhrwerkt haben, während wir oben waren. So etwas ist schnell erledigt. Was für eine hinterhältige und gemeine Tat! Wahrscheinlich hat er höchstens zehn Minuten dafür gebraucht.«
»Aber warum?«
»Genau das frage ich mich auch.«
»Und ich frage dich, Cooper.« Joe glitt aus dem Sattel und behielt die Zügel in der Hand, deren Knöchel unter den Reithandschuhen bestimmt weiß hervortraten. »Ich bin nicht naiv. Ich weiß, dass die Leute allen möglichen Unsinn anstellen. Aber das hier verstehe ich nicht. Du hast dir bestimmt schon Gedanken darüber gemacht.«
Lügen konnten durchaus nützlich sein, wusste Coop. Aber er wollte Joe nicht anlügen.
»Irgendjemand hat etwas gegen Lil, aber mehr fällt mir dazu auch nicht ein. Du oder sie, ihr wisst vielleicht mehr. Ich bin schon lange nicht mehr Teil ihres Lebens. Ich weiß nicht, was in ihr vorgeht, nicht wirklich.«
»Aber du wirst es herausfinden.«
»Die Polizei wurde eingeschaltet, Joe. Willy wirkt durchaus kompetent auf mich. Ich habe das alles fotografiert und werde ihm die Bilder geben.« Ihm fiel das blutbeschmierte T-Shirt wieder ein, aber das behielt er lieber für sich. Ein ohnehin schon verängstigter Vater, der krank war vor lauter Sorge, musste nicht zusätzlich belastet werden.
»Willy wird seinen Job erledigen, und zwar so gut er kann. Aber er hat nicht die Zeit, sich nur um das hier und Lil zu kümmern. Bitte, Coop. Bitte hilf mir und Lil. Pass auf sie auf.«
»Ich rede mit ihr. Ich werde tun, was ich kann.«
Joe nickte beruhigt. »Ich denke, wir sollten hier aufräumen.«
»Nein, wir rufen die Polizei und lassen alles so, wie es
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