Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
Versuchung war groß.
Er hatte erst einen gesichtet und dann den anderen, im Zielfernrohr des Gewehrs, das er heute bei sich trug. Er hatte Peng! Peng! gesagt, um die Schüsse zu imitieren. Er hatte auch schon Männer getötet, aber Frauen waren ihm lieber.
Bei fast jeder Spezies waren Weibchen die besseren Jäger.
Er hatte sie am Leben gelassen, hauptsächlich, weil zwei tote Hilfssheriffs jede Menge Leute in die Berge gelockt hätten. Und das konnte ihm die eigentliche Jagd
vereiteln. Er wollte sein eigentliches Ziel nicht aus den Augen verlieren oder gezwungen werden, sein Revier zu verlassen, bevor er erreicht hatte, was er wollte.
Geduld, ermahnte er sich und schlüpfte so lautlos davon wie ein Schatten.
Nachdem Lil ihren Eltern von dem Vorfall berichtet und ihre Ängste beschwichtigt hatte, war sie völlig erschöpft. Als sie die Firma für Sicherheitstechnik noch aus der Küche ihrer Eltern anrief - auch ein Beruhigungsversuch -, stellte sie die Empfangsdame sofort zum Firmenchef durch.
Zehn Minuten später legte sie auf und drehte sich zu ihren Eltern um. »Habt ihr das mitbekommen?«
»Jemand kommt her, um gemeinsam mit dir eine Alarmanlage zu installieren.«
»Aber nicht irgendjemand«, verbesserte sie ihren Vater. »Sondern der Chef persönlich. Er hat bereits auf meinen Anruf gewartet, weil Coop schon vor einer halben Stunde mit ihm gesprochen und ihm alles erklärt hat. Er steigt noch heute ins Flugzeug und wird heute Nachmittag hier sein.«
»Wie lange dauert es, bis alles installiert ist?«, fragte ihre Mutter.
»Keine Ahnung, aber das werden wir schon erfahren. In der Zwischenzeit fahnden Polizisten und Ranger nach dem Kerl. Ich verspreche euch, nicht leichtsinnig zu sein und nie mehr allein im Reservat zu bleiben. Nicht mal für zehn Minuten. Ich mache mir Vorwürfe. Ich mache mir Vorwürfe, dass ich mit so etwas nicht gerechnet habe. Ich dachte, er hätte vielleicht vor, eines der Tiere zu verletzen. Aber nicht, eines zu befreien. Ich muss zurück ins
Reservat. Die Praktikanten und Mitarbeiter müssen mich dort sehen und merken, dass ich meinen Alltag bewältige wie sonst auch.«
»Joe, begleite sie.«
»Mom …«
Jenna funkelte sie so böse an, dass Lil lieber nicht protestierte. »Lillian, ich mache dir schon lange keine Vorschriften mehr. Aber jetzt lass dir eines gesagt sein: Dein Vater wird dich begleiten und so lange bleiben, bis er und ich wissen, dass du in Sicherheit bist. Keine Widerrede!«
»Aber … aber ich habe euch doch schon Farley für zwei Tage entführt.«
»Ich bin absolut in der Lage, diese Farm allein zu bewirtschaften. Ich sagte, keine Widerrede. Sieh mich an.« Jenna zog ihre funkelnden Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.
»Lass uns aufbrechen, Lil. Du hast gehört, was deine Mutter gesagt hat.« Er beugte sich vor und küsste seine Frau. »Mach dir keine Sorgen.«
»Jetzt mache ich mir schon weniger Sorgen.«
Lil gab auf und wartete, bis ihr Vater seine Jacke geholt hatte. Sie schwieg auch, als er sein Gewehr aus dem Koffer nahm. Sie setzte sich hinters Steuer ihres Trucks und sah ihn lange an, bevor sie wendete und losfuhr. »Und wieso begleitest du mich nicht, wenn ich auf Exkursion bin? Wo warst du in Nepal? Du weißt, dass ich dort Tigern in freier Wildbahn auf der Spur war, um ihnen Halsbänder mit Sendern anzulegen.«
»Damals hat niemand dafür gesorgt, dass die Tiger deine Spur aufnehmen.«
»1:0 für dich. Wie dem auch sei, ich kann dich beim
Bau des neuen Geheges gut gebrauchen.« Schnaubend setzte Lil ihre Sonnenbrille auf und verschränkte die Arme. »Und glaub bloß nicht, dass du jetzt was bei mir guthast.«
»Ich werde dich gegebenenfalls daran erinnern. Aber wenn ich schon für dich schufte, sollte mindestens was zu essen drin sein.«
Daraufhin musste sie lachen, und als sie ihre Hand ausstreckte, griff Joe danach und drückte sie.
Coop half, acht Mann für eine Dreitagestour auszurüsten. Die Gruppe aus Fargo hatte das Ganze als Junggesellenparty gebucht. Mal was anderes als eine Feier im Striplokal, dachte er.
Gemeinsam mit Gull sah er zu, wie sie zum Reitpfad trotteten. Wie sie wohl reagiert hätten, wenn er ihnen gesagt hätte, dass sich ein Psychopath in den Bergen herumtrieb? Wahrscheinlich hätten sie ihre lustige Unternehmung trotzdem fortgesetzt. Zu seiner Erleichterung führte sie ihre Tour ziemlich weit vom Reservat weg.
Nachdem er auf der Farm alles erledigt hatte, ging Coop zum Ladenbüro. Der alte Schreibtisch
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