Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
stand direkt am Fenster, sodass er eine gute Aussicht auf Deadwood hatte - eine Stadt, die ziemlich anders aussah, als sich das Calamity Jane und Wild Bill einmal vorgestellt hatten. Trotzdem hatte sich die Stadt mit ihren Markisen, ihrer Architektur und den altmodischen Laternen ihren Western-Flair bewahrt. Neben den Cowboys bevölkerten inzwischen auch Touristen die Stadt, und aus den Saloons waren Souvenirshops geworden.
Wer wollte, konnte zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Partie Poker oder Blackjack spielen. Nur dass die Casinobesitzer
niemanden mehr im Hinterzimmer umbrachten und an die Schweine verfütterten.
Das nannte sich Fortschritt.
Schnell erledigte er die anstehenden Büroarbeiten. So gewann er etwas Zeit für seine Recherchen.
Dann öffnete er Lils Ordner. Er war zwar kein Detektiv mehr, beherrschte sein Handwerk aber noch ziemlich gut. Er hätte gern gewusst, ob ihre Liste mit den Mitarbeitern, Praktikanten und Freiwilligen vollständig war. Aber es waren auch so schon genug. Die Überprüfung der Mitarbeiter hatte nichts ergeben - weder bei früheren noch jetzigen. Inzwischen wusste er wahrscheinlich mehr über sie, als den meisten recht wäre, aber das war auch einmal sein Job gewesen.
Obwohl Jean-Paul kein Mitarbeiter im eigentlichen Sinne gewesen war, hatte Coop ihn überprüft. Gescheiterte Liebesbeziehungen waren eine Brutstätte für Probleme. Er wusste, dass der Franzose mit Anfang zwanzig verheiratet und wieder geschieden worden war. Aber das dürfte Lil nicht weiter überraschen, und da die Information irrelevant war, nahm sie Coop einfach nur zur Kenntnis. Er fand keinerlei Vorstrafen und eine aktuelle Adresse in Los Angeles.
Bleib, wo du bist, dachte Coop.
Er war auf ein paar kleinere Vergehen bei Mitarbeitern gestoßen, aber nichts Ernstes. Zum Beispiel war der Tierarzt vor fünfzehn Jahren bei einer Demonstration gegen Tierversuche handgreiflich geworden.
Die ehemaligen Praktikanten bescherten ihm erheblich mehr Arbeit. Von der Zusammensetzung her war das eine ganz andere Gruppe, sowohl was ihr Einkommen und ihre Herkunft, als auch ihre Bildung anging. Er
verfolgte einige Lebenswege vom College über die Uni bis in den Beruf.
Während er einen nach dem anderen durchging, entdeckte er ein paar Gesetzesverstöße: unerlaubten Drogenbesitz, Trunkenheit am Steuer, ein paar Landfriedensbrüche oder Sachbeschädigungen - meist unter Drogen- oder Alkoholeinfluss.
Diese Leute würde er sich näher ansehen.
Genauso ging er bei den Freiwilligen vor - allerdings hatte er nur die Namen derjenigen, die überhaupt erfasst worden waren.
Er konzentrierte sich auf diejenigen, die aus Dakota stammten oder zugezogen waren. Die Nähe zum Tatort konnte ein entscheidender Faktor sein. Und wenn er sich nicht täuschte, kannte Lils Widersacher die Berge genauso gut wie sie.
In mühsamer Kleinarbeit forschte er nach, welche Fälle von Körperverletzung, Drogenmissbrauch und Trunkenheit am Steuer sich hier in der Gegend ereignet hatten. Dabei stieß er auf eine einzige Person: auf Ethan Richard Howe, einunddreißig Jahre alt. Mit zwanzig ein Fall von Hausfriedensbruch in Sturgis, was gar nicht so weit weg war. Aber die Anklage wurde fallengelassen. Zwei Jahre später unerlaubter Waffenbesitz - ein 22.er-Revolver - in Wyoming. Eine Kneipenschlägerei mit Körperverletzung hatte ihn in Montana für anderthalb Jahre ins Gefängnis gebracht, und zwar im reifen Alter von fünfundzwanzig.
Wegen guter Führung hatte man ihn vorzeitig entlassen. Aber auch, um Platz für neue Gefangene zu schaffen, wusste der frühere Polizist aus Erfahrung.
Drei Delikte, überlegte Coop. Einmal wegen unbefugten Betretens eines Grundstücks, das ihm nicht gehörte,
einmal wegen unerlaubten Waffenbesitzes und zuletzt wegen Körperverletzung. Er würde sich Howe einmal genauer ansehen.
Doch in diesem Moment musste er seine Recherchen unterbrechen, weil Kunden für eine Reittour in sein Büro kamen.
Als Profi wusste er, dass sein Job mehr bedeutete, als Formulare auszufüllen und sicherzustellen, dass die Kunden auf einem Pferd sitzen konnten. Er plauderte ein paar Takte mit dem Vater und erzählte über jedes Pferd eine kleine Geschichte. Ganz so, als hätte er alle Zeit der Welt.
Dann konzentrierte er sich wieder auf Lils Ordner.
Er sah sich die Frauen noch einmal genauer an. In diesem Fall tendierte er zwar eher zu einem Mann als Täter, war aber nicht so leichtsinnig, die Frauen von vornherein auszuschließen. Er hatte
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