Lockruf Der Leidenschaft
dir ein wenig Entspannung schenken und zwar auf eine Weise, die unendlich viel mehr Freude bereitet als jene, die du jemals im Wein finden könntest.«
»Großer Gott, was um alles in der Welt...« Verwundert blickte Nick sich am folgenden Tag im Salon um. »Das war Seine Gnaden von Buckingham«, keuchte Polly. Sie war erst fünf Minuten zuvor aus dem Theater zurückgekehrt und hatte feststellen müssen, dass ihr Salon sich in ein regelrechtes Gewächshaus verwandelt hatte. In sämtlichen Ecken und Winkeln drängten sich üppige Sträuße exotischer Blumen, und Sue und die Hauswirtin waren regelrecht in Bedrängnis geraten, weil sie nicht genug Vasen hatten, in denen sie die bunte Pracht unterbringen konnten. »Wo kann er die denn nur alle herhaben?« Polly hob hilflos die Hände. »Das reicht ja, um ganz Westminster Abbey zu schmücken.«
»Buckinghams Treibhäuser sind berühmt«, erklärte Nick ihr. »War auch eine Nachricht dabei?« »Ja.« Polly nahm die Karte vom Tisch und hielt sie Nick hin. »Er möchte, dass ich heute Abend, wenn wir bei Hofe erscheinen, Orchideen an meiner Brust trage, damit er erkennen kann, dass dieses Geschenk meine Zustimmung gefunden hat.«
»Und, wirst du es tun?« Nick blickte sie mit einer fragend hochgezogenen Braue an. Sie sieht wieder ganz wie sie selbst aus, dachte er. Sämtliche Spuren der Anspannung des vergangenen Abends waren inzwischen verschwunden. Polly schüttelte den Kopf. »Nein. Aber in der Spitzenmanschette meines Ärmels werde ich die Freesien tragen, und dabei soll er sich von mir aus denken, was er will.«
Nick konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Du bist eine Schurkin, Polly. Langsam bekomme ich den Eindruck, dass du dieses Spiel richtig genießt.«
»Auf eine gewisse Art tue ich das vielleicht auch. Heute Abend sollen wir uns bei Hofe einfinden, und auch du wirst da sein. Ich werde auf einem Grund und Boden, der nicht dem Herzog gehört, die nur schwer zu fassende Kokotte mimen. Unter diesen Umständen sollte es etwas weniger anstrengend werden.«
»Ich hatte eigentlich vorgehabt, heute Abend nicht zu erscheinen«, entgegnete Nick. »Richard und ich hielten es für klüger, wenn ich meine Gleichgültigkeit gegenüber dem Vorgehen des Herzogs noch ein wenig mehr zum Ausdruck bringe. Aber wenn du mich brauchst, werde ich dich natürlich begleiten.«
Abrupt wandte Polly sich ab und begann, mit scheinbar gedankenverlorener Hingabe eine Vase mit Tulpen neu zu arrangieren. Sie hatte nicht geglaubt, dass auch die Gewohnheiten ihres Zusammenlebens mit Nick von dieser Verschwörung betroffen wären. Doch auch er hatte seine Rolle zu spielen. Warum also hatte sie das Gefühl, als ob er sich nun, da er sie instruiert und auf diese von ihm ausgewählte Bühne gestoßen hatte, langsam wieder zurückzog und sie einfach jene Rolle spielen ließ, die er offenbar so bedeutungsvoll fand? Andererseits - wenn diese Spionagerolle lediglich das war, wofür er sie von Anfang an vorgesehen hatte, war es in der Tat kaum überraschend, dass diese Angelegenheit nun Vorrang vor einer liebevollen Partnerschaft genoss, die die Ausführung seines ursprünglichen Plans nur zusätzlich erleichtert hatte.
»Nein, aber natürlich brauche ich dich nicht. Ich bin nur einfach davon ausgegangen, dass du mitkommen würdest, aber jetzt halte ich es natürlich auch für das Beste, wenn du nicht mitkommst.« Polly hörte, wie kühl und gelassen ihre Stimme durch das kleine Zimmer drang, das vom schweren Aroma der exotischen Gewächshauspflanzen erfüllt war. Merkwürdigerweise verbreiteten sie nicht die leichte Frische von Frühlingsblumen, sondern schienen den Geruch der Korruption an sich zu haben. Unwillkürlich rieselte ihr ein Schauder den Rücken hinunter. Nicholas starrte stirnrunzelnd auf Pollys Nacken. Sie hatte plötzlich etwas so Steifes, Verkrampftes an sich, und in ihrer sonst so ausdrucksstarken Stimme hatte eine seltsam gezwungen klingende Gleichgültigkeit mitgeschwungen. »Was ist denn los, Liebes?«, fragte er und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Hast du Angst?« »Nein ... nein, ich habe keine Angst«, erwiderte Polly und entzog sich dem wärmenden Druck seiner Hände. »Es gibt schließlich nichts, wovor ich Angst haben müsste. Ich soll ja nur bei Hofe erscheinen und dort mein Netz um den Herzog spinnen.« Sie drehte sich um, blickte ihn an und lächelte strahlend. »Aber vielleicht bist du ja hier, wenn ich wieder zurückkomme. Oder musst du die Nacht bei dir
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