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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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eingefasst wurde. Das elegante Abendkleid war mit einer langen Schleppe versehen, und Pollys Haar war kunstvoll auf ihrem Kopf aufgesteckt worden. Der Kopfschmuck, ein zartes Krönchen, und die Schuhe mit den hohen Absätzen verliehen Polly ein imposanteres Auftreten - ein Requisit, das die Schauspielerin an diesem Abend bitter nötig hatte. Um ihren Hals lag die Kette aus ebenmäßigen Perlen, die Nicholas ihr als etwas verspätetes Geschenk zu ihrem achtzehnten Geburtstag überreicht hatte und aus der sie eine Kraft zog wie aus einem Talisman. In den Perlen steckte Nicholas' Geist, und was Buckingham auch tun oder sagen mochte, nichts konnte diese Kraft schmälern.
    Dennoch brach ihr der Angstschweiß aus, zerrte die Übelkeit an ihrem Magen, als um Punkt neun Uhr die herzogliche Kutsche vor ihrer Tür vorfuhr. Polly streifte sich ein Paar spitzenumsäumte Handschuhe über ihre klammen, zitternden Hände, und Sue schlang ihr die mit Samt eingefasste Pelerine um die Schultern. Es ist doch bloß ein bisschen Lampenfieber, sagte Polly sich, als sie die Treppe hinunterging. Doch solange sie in jener Kutsche saß, auf deren Verschlägen das Wappen des Herzogs von Buckingham prangte, war sie eben nur die kleine Polly Wyat, die ganz schreckliche Angst hatte, zumal es diesmal auch keinen Master Killigrew mehr gab, der hinter den Kulissen wartete, sie unterstützte und ihr Mut machte.
    Viel zu schnell kam die Kutsche zum Stehen, die Tür wurde geöffnet, das Trittbrett herabgelassen, und Polly stieg aus. Erst in diesem Moment erkannte sie, wo sie sich befand. Das hier war nicht das Herrenhaus des Herzogs von Buckingham in The Strand. Sie war in Covent Garden, und Polly stand vor der Tür eines der berüchtigtsten Bordelle der gesamten Piazza. Die Tür war bereits geöffnet worden, und ein Diener stand vor ihr, der sie unübersehbar dazu aufforderte einzutreten. Sie konnte sich der Einladung einfach verweigern, sich wieder umdrehen und hoch erhobenen Hauptes gehen - sie, die schließlich diese elegante Garderobe trug, wie sie nur den Damen gebührte, die bei Hofe verkehrten. Sie konnte so tun, als ob ihr Kostüm das genaue Spiegelbild jener Frau sei, die darin steckte. Oder sie konnte hineingehen und ganz einfach die Hure spielen, so wie es alle anderen Bewohnerinnen dieses Hauses taten. Denn letzten Endes war sie doch hierher gekommen, um ihren Körper zu verkaufen. Wie und wo der Käufer das Geschäft stattfinden lassen wollte, war ganz allein seine Angelegenheit. Nun ja, wenigstens gab ihr die Umgebung nun ganz unzweideutig vor, welche Rolle sie zu spielen hatte. Es bedurfte keiner höflichen Vertuschungsmanöver mehr. Sie konnte die Prostituierte ebenso gut wie jede andere Rolle spielen - vielleicht sogar noch besser, schließlich war sie seit Mädchentagen dazu erzogen worden. Mit kühler Gleichgültigkeit raffte Polly ihre Röcke und betrat das Haus.
    Der Diener schloss die Tür. Für einen kurzen Moment stand Polly reglos da, während die Geräusche des Hauses sie umfingen. Da gab es Gekicher, Gequietsche, lautes Männerlachen, das Klatschen von Fleisch auf Fleisch, trippelnde Schritte und das Schlagen von Türen.
    Der Diener blickte Polly höhnisch an und betrachtete ihre Aufmachung mit unverhohlener Neugier. Polly erwiderte seinen Blick mit hochmütigem Spott. »Ist es zu viel verlangt, dass du aufhörst, mich blöde anzustarren, und mich stattdessen zu meinem Gastgeber führst?«
    Dem Mann blieb der Mund offen stehen, während er auf eine schmale Treppe im hinteren Teil der Diele deutete. »Da.«
    Polly folgte dem Diener die Treppe hinauf ins Obergeschoss. Ein Mann mit schief sitzender Perücke über einem Gesicht, das von Alkohol gerötet war und vor Schweiß glänzte, kam unter lautem Gelächter aus einem Zimmer und fummelte an den Knöpfen am Latz seiner Kniehosen herum. Auch er glotzte Polly mit offenem Mund an, als traue er seinen Augen nicht. Polly ließ ihren Blick eisig an seinem Körper hinabwandern, ehe sie mit einem Ausdruck der Verachtung wieder aufsah, als ob sie ihn für unzulänglich befunden hätte. Sein ohnehin bereits rotes Gesicht färbte sich noch eine Spur dunkler, während er einen Schritt auf Polly zutrat. Ob aus Interesse oder als Drohung, war nicht auf den ersten Blick erkennbar, und Polly hielt sich nicht damit auf, es herauszufinden. Der Hausdiener führte sie einen schmalen Korridor entlang, um schließlich vor einer Tür am anderen Ende stehen zu bleiben. In diesem Teil des Hauses war

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