Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
an diesem Morgen am Hof von König Charles einfanden.
    Lord Kincaid ging die Treppe hinunter, hielt in der Eingangshalle einen Augenblick inne, um eine Prise Schnupftabak aus der kleinen Onyxdose zu nehmen, ehe er sie wieder in die tiefen Taschen seines Gehrocks schob, und grübelte über die Frage nach, ob das wechselhafte Wetter womöglich seinen Fußmarsch nach Whitehall vereiteln würde. Die frische Luft würde ihm gewiss gut tun, seine Kleidung hingegen würde den Regen recht übel nehmen. Doch plötzlich wurden seine nicht unbedeutenden Erwägungen durch ein Heulen unterbrochen. »Himmel, Sir, was'n das?« Jung-Tom, der herbeigeeilt war, um seinem Herrn die große Vordertür zu öffnen, machte erschrocken einen Satz rückwärts, als hätte er sich verbrüht, worauf die Tür krachend wieder ins Schloss fiel.
    »Klingt ganz so wie eine Katze, der man das Fell abzieht«, bemerkte Kincaid stirnrunzelnd. Das Geheul, das aus den hinteren Regionen des Hauses zu kommen schien, schwoll währenddessen noch weiter an. Dies war ganz und gar nicht jene Art von Geräusch, wie man sie im Haushalt eines Gentlemans zu hören erwartete, und schon bald hatte Nicholas keinen Zweifel mehr daran, wer das Spektakel veranstaltete. Aber was war los? Es war ganz eindeutig seine Pflicht, das herauszufinden.
    Normalerweise betrat Seine Lordschaft die Hausarbeitsbereiche des Anwesens niemals, sodass sein unerwartetes Erscheinen in der Küche die dort versammelten Dienstboten erschrocken nach Luft schnappen ließ. Soweit Lord Kincaid es beurteilen konnte, hatten sich hier sämtliche Bediensteten des Hauses, vom Stiefelknecht bis hin zur Köchin, eingefunden und beobachteten gespannt die Szene, die sich unter Aufsicht der mit einer grimmigen Miene bewaffneten und in eine weiße Schürze gehüllten Lady Margaret abspielte. Man hatte Polly, die geradezu herzzerreißend jammerte, auf einen Stuhl vor dem Herd verfrachtet, und Ihre Ladyschaft war gerade dabei, mit zusammengekniffenen Lippen einen Stahlkamm durch Pollys verzottelte, honigfarbene Mähne zu ziehen. »Großer Gott!«, rief Seine Lordschaft aus. »Polly, hör um Himmels willen mit diesem Geheul auf, ich kann mich ja noch nicht einmal mehr selbst denken hören.« Mit einer verdächtigen Abruptheit hörte der Lärm auf, ohne dass Lady Margaret ihre Tätigkeit unterbrach. »Was, bitte, geht hier vor?«
    »Ich erlaube nicht, dass sie mir Läuse ins Haus schleppt«, erklärte Ihre Ladyschaft knapp. »Auf ihrem Kopf wimmelt es förmlich von Ungeziefer!«
    »Aber es tut weh!«, protestierte Polly mit einem energischen Schniefen. Angesichts der Tatsache, dass sich die Dinge so gar nicht nach ihren Vorstellungen entwickelten, war sie zu dem Schluss gekommen, dass das Leben in der Schenke doch einen gewissen Reiz gehabt hatte.
    »Dann muss es eben abgeschnitten werden«, verkündete Lady Margaret mit kaum verhohlener Befriedigung. »Es ist ohnehin nur eine der Eitelkeiten des Teufels.«
    »Nein«, widersprach Nicholas. »Eitelkeiten des Teufels hin oder her, Schwägerin, aber es wird nicht abgeschnitten. Warum schickst du sie nicht einfach ins Badehaus? Dort kann sie gebadet werden, und ihr Haar wird gewaschen.« »Baden!« Polly starrte Nicholas ängstlich an. Er konnte doch nicht ernsthaft erwarten, dass sie ihren gesamten Körper in heißes Wasser eintauchte, oder? »Ich? Ganz? Nein, das mache ich nicht! Das ist gefährlich.« Sogar noch um ein Vielfaches gefährlicher als das Leben in der Taverne »Zum Hund«!
    »Es wird dich schon nicht umbringen«, entgegnete Nicholas und bemühte sich, nicht die Geduld zu verlieren. »Hast du noch nie gebadet?«
    Polly schüttelte den Kopf. Wenn ihr Haar zu schmutzig wurde, wusch Prue es ihr aus, und von Zeit zu Zeit rieb sie sich mit einem feuchten Tuch den Körper ab, doch auch das hatte sie im Grunde nie wirklich eingesehen, denn ein wenig Schmutz schadete schließlich keinem.
    »Das ist wohl kaum ein passendes Thema für dich, Schwager«, warf Lady Margaret ein. »Diese Angelegenheit kannst du getrost mir überlassen.«
    Sofort begann Polly wieder aufzuheulen. Ihr weicher, sinnlicher Mund zitterte Mitleid erregend, doch ihr Blick war fest auf Lord Kincaid gerichtet, der das Gefühl hatte, in den leuchtenden, grünbraunen Tiefen ihrer Augen versinken zu müssen. Diesem flehenden Blick vermochte er einfach nicht zu widerstehen, obwohl er überzeugt war, dass ihr Leid zumindest in einem gewissen Maße nur gespielt war.
    »Hör auf mit dem Lärm«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher