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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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aus als ihre beiden Verwandten.
    »Sie sagt die Wahrheit«, warf Nicholas hastig ein. »Es ist Unbedarftheit, nicht Unverschämtheit, Schwester.« Einen Moment lang herrschte angespanntes Schweigen, während Margaret Polly noch immer mit zusammengepressten Lippen finster anstarrte. Schließlich wandte sie sich zu Pollys Erleichterung wieder zu ihrem Schwager um. »Wo sind ihre Kleider?«
    Nicholas kratzte sich nervös am Kopf. Er hatte zwar mit dieser Frage gerechnet, aber bisher war ihm noch keine befriedigende Antwort darauf eingefallen. »Genau da liegt das Problem, Schwägerin. Sie hat keine Kleider außer ihrem Hemd.«
    Margaret machte ein verdutztes Gesicht. »Wie ist denn so etwas möglich?«
    »Es ist ein bisschen schwierig zu erklären, und im Moment bin ich nicht zu langwierigen Erklärungen aufgelegt.« Kincaid beschloss, auf seine Autorität zu setzen und den Hausherrn zu mimen, der mit bestimmten Dingen nicht behelligt werden wollte. »Schick eines der Mädchen los, und lass sie die notwendigen Dinge für Polly kaufen. Ich werde die Sachen aus meiner eigenen Tasche bezahlen, die Kosten brauchen nicht aus der Haushaltskasse bestritten zu werden. Als Lohn für ihre Dienste als Küchenmagd erhält sie drei Pfund pro Jahr sowie Unterkunft und Verpflegung.« Mit einem mahnenden Blick in Pollys Richtung sorgte er dafür, dass sie auch weiterhin schwieg. Margaret war alles andere als glücklich über das Arrangement, konnte sich den Anweisungen ihres Schwagers jedoch nur schwerlich widersetzen. Ihre eigene Autorität hing von der seinen ab, denn ein Mann war in seinem eigenen Haus immer noch der Herr. Es war eine Schande, dass Nicholas im Gegensatz zu seinem jüngst verstorbenen Bruder so wenig von der gesunden und frommen Lebensweise zu halten schien, die sie und ihr verstorbener Ehemann ihrem Haushalt während der Zeit des Reichsverwesers auferlegt hatten. Aber Nicholas, der Erbe seines Bruders, war inzwischen schon seit drei Jahren Baron Kincaid, und seine verwitwete Schwägerin war auf ihn angewiesen, was Haus und Hof anbetraf. Er war zwar ihr gegenüber niemals kleinlich, doch in letzter Zeit sehnte Margaret sich immer häufiger nach den Zeiten zurück, als Nicholas noch das Leben eines jüngeren Sohnes geführt hatte und damit beschäftigt gewesen war, an seiner Karriere bei Hofe zu arbeiten, wo er so offenkundig zu Hause war. Doch nun, mit solch einem Mann als Vorstand, drohte der Haushalt, in dem einst sie das Sagen gehabt hatte, zunehmend in die gefährlichen Sitten und Gebräuche zu verfallen, die an eben jenem moralisch verwerflichen und ausschweifenden Hofe herrschten.
    Margaret wandte sich dem Mädchen zu, das für all den Ärger und die Aufregung verantwortlich war. »Komm«, befahl sie. »Es gehört sich nicht, in diesem Raum zu sein.« Sie ging zur Tür und rief nach Susan, die augenblicklich voller Neugier auf der Schwelle erschien. »Nimm sie mit hinunter in die Küche.« Mit angewiderter Miene schob Margaret Polly aus dem Zimmer. »Ich komme gleich hinunter, und dann überlege ich mir, was weiter mit ihr geschehen soll.«
    »Schwägerin!«, sagte Nicholas nachdrücklich, erhob sich aus dem Bett und zog einen pelzverbrämten Morgenmantel über sein Nachthemd. »Noch etwas.« Er ging zum Fenster, zog die schweren Vorhänge zurück und blickte mit einem leichten Stirnrunzeln zu dem grauen, wolkenverhangenen Himmel hinauf. »Ich weiß, du hältst nichts davon, mit der Rute zu sparen, Margaret, und obwohl ich mich im Allgemeinen nicht in deine Haushaltsführung einmische, die im Übrigen absolut tadellos ist, möchte ich dich in diesem Fall doch dringend ersuchen, dich zurückzuhalten. Wenn du etwas an dem Mädchen auszusetzen hast, dann unterrichtest du mich davon. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    Margarets ohnehin schon verkniffene Lippen wurden noch schmaler. Sie war es nicht gewohnt, dass man so mit ihr sprach. »Dann soll sie also nicht meiner Autorität unterstellt sein, Schwager? Ich kann in meinem Haushalt niemanden dulden, dem man Fehler und Versäumnisse durchgehen lässt, für die andere bestraft werden.« »Wie ich bereits sagte - du wirst derartige Fehler und Versäumnisse, falls es denn welche geben sollte, mir zur Kenntnis bringen«, wiederholte er mit sanftem Nachdruck. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine so geringfügige Abweichung die Ordnung des Hauses stören wird. Dafür hältst du die Zügel zu fest in der Hand, liebe Schwägerin.«
    »Und hast du daran etwas

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