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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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wenn Ihr doch auch an den Hof gehen könnt oder ... sogar ins Schauspielhaus.«
    »Hast du denn jemals ein Schauspiel besucht?«, fragte Nicholas neugierig, in der Hoffnung, sie damit von ihrer Frage abzulenken.
    Pollys Augen leuchteten, als sie den Kopf schüttelte. »Nicht in einem richtigen Schauspielhaus, nein. Aber vor vier Jahren, am Vorabend des Dreikönigstages, kam eine Truppe von fahrenden Künstlern zu uns in die Taverne und führte ein Stück auf, um damit für ihr Ale und ihre Haferkuchen zu bezahlen. Es war herrlich!« Bei der Erinnerung daran schienen ihre Augen noch heller zu strahlen. »Die Kostüme und die Tänze! Sie haben mich sogar eine kleine Nebenrolle spielen lassen und sagten, ich hätte Talent.« Polly warf Nicholas einen geradezu trotzigen Blick zu, als wollte sie ihn warnen, ihr ja nicht zu widersprechen. »Sie hätten mich sogar mitgenommen, aber Josh hatte mit angehört, wie ich sie gefragt hatte, also habe ich stattdessen nur wieder mal seinen Gürtel zu spüren bekommen.« Sie zuckte flüchtig die Achseln, während sich ihre Miene wieder erhellte. »Aber nun werde ich ja eine gute Schauspielerin werden.«
    »Das würde mich nicht im Geringsten wundern«, stimmte Nicholas milde zu, und sofort erschien ein hocherfreuter Ausdruck auf ihrem Gesicht. »Seit gestern Abend habe ich ja schon einer ganzen Anzahl deiner Vorstellungen beiwohnen dürfen.«
    In Nicholas' Tonfall schwang allerdings etwas mit, das seine lobenden Äußerung ein wenig zu mindern schien, doch in diesem Augenblick hielt die Kutsche an, und Polly zog die Ledervorhänge zur Seite und blickte neugierig auf das geschäftige Treiben im Royal Exchange, wo die Standbesitzer um Kunden wetteiferten und den potenziellen Käufern, den Mägden und Hausfrauen, den Gentlemen und den vorüberschlendernden Müßiggängern lautstark ihre Waren anpriesen, worauf Erstere das Angebot durchstöberten und um den Preis feilschten. Polly hatte die Hand schon auf den Türknauf gelegt und wollte auf die Straße springen, als Seine Lordschaft mit sanftem Nachdruck die Stimme erhob. »Nichts da, du bleibst in der Kutsche. In einem so jämmerlichen Aufzug kannst du dich nicht in der Öffentlichkeit zeigen.«
    Es war ein fast grotesker Anblick, wie Polly vor Enttäuschung das Gesicht herunterfiel, während das Strahlen und Leuchten in ihren Augen erlosch. »Aber ich habe noch nie einen solchen Ort gesehen. Ich hülle mich einfach ganz fest in den Umhang, und dann -«
    »Nichts da!«, wiederholte Nicholas, diesmal eine Spur schärfer. »Es herrscht Frost. Und du hast dich den Elementen gestern schon zur Genüge ausgesetzt.« Damit schob er sich an ihr vorbei und sprang leichtfüßig aus der Kutsche, wo Susan bereits wartete. Er schlug die Kutschentür zu, ehe er, obwohl er wusste, dass es ein Fehler war, noch einmal aufsah. Polly blickte ihn durch das Fenster hindurch an, so flehend wie eine Gefangene, so jämmerlich wie ein geknicktes Veilchen nach einem kräftigen Regenguss. Kincaid seufzte. »Wenn du versprichst, mit deinem Gejammer nicht das ganze Badehaus in Alarm zu versetzen, halten wir auf dem Rückweg noch einmal an, und du darfst nach Herzenslust herumstöbern.«
    Das Veilchen hob seinen Kopf wieder der Sonne entgegen und ließ sein Licht erneut erstrahlen, während Kincaid, vollkommen verzaubert, nur hilflos den Kopf schütteln konnte.
    »Komm, Susan, beeilen wir uns.« Nicholas marschierte mit dem Hausmädchen im Schlepptau von dannen. Als sie nach einer halben Stunde wieder zurückkehrten, war Susan hinter den zahlreichen Paketen, die sich in ihren Armen stapelten, kaum mehr zu sehen. Als der Kutscher sie von ihrer Last befreite, sodass ihr Gesicht zum Vorschein kam, erkannte Polly ihre entsetzte Miene. Wenn Lady Margaret einkaufen ging, ganz besonders wenn es sich um Einkäufe für ihre Dienerschaft handelte, wurde jedes Stück erst einmal einer sorgfältigen Inspektion unterzogen und die Dringlichkeit des Bedarfs gegen den Preis abgewogen. Die Materialien, aus denen die Kleidungsstücke bestanden, hatten zudem allesamt robust und strapazierfähig zu sein, haltbar und ohne jeden Zierrat oder Firlefanz, und es wurde nur das Allernötigste gekauft. Seine Lordschaft hingegen hatte, obwohl er zweifellos wusste, dass ein Dienstbote im Haushalt seiner Schwägerin nur in die schlichteste und bescheidenste Kleidung gehüllt sein durfte, einen Unterrock und ein Hemd aus feinstem holländischem Leinen gekauft, dazu ein Umschlagtuch aus warmer,

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