Lockruf der Toten / Magischer Thriller
nicht, dass du so was vorschlägst. Du bist selbst eine Mutter.«
»Ja, ich bin eine Mutter, und das ist genau der Grund, weshalb ich das machen würde, statt mich mit Recherchen abzugeben. Glaubst du, ich wüsste nicht, was ich dir da zumute? Ich weiß es, aber wenn man auf diese Weise an die Arschlöcher rankäme, dann würde ich’s dich bei
Savannah
machen lassen.« Sie ging wortlos an mir vorbei; es dauerte einen Moment, bis sie weitersprach. »Ich weiß schon, dass es nicht sehr erfreulich wird, Jaime. Weder für dich noch für sie.«
»Wenn es die Sache aufklärt, dann mache ich es. Aber ich habe eine mögliche Spur über diesen Botnick, und ich bin der Ansicht, dass wir uns zunächst mal die ansehen sollten.«
Sie wandte mir immer noch den Rücken zu, als sie antwortete. »Es ist deine Entscheidung. Ich kann die Leichen nicht selbst ausgraben. Wenn du wirklich noch mehr Bücher lesen willst, sieh dir mal afrikanische Volksmagie an.«
»Haben die Parzen das vorgeschlagen?«
»Nein, mein Vorschlag. Ein paar Jahre bevor ich gestorben bin, hat so ein Magierjunge mir mal Körperteile angeboten. Von einem Kind. Er hatte sich da mit irgendwelchen … Medizinmännern zusammengetan. Vollkommen verdrehtes Zeug.«
»Der Junge … wo könnte ich den finden?«
»Inzwischen irgendwo hier auf meiner Seite. Ich war’s nicht. Ich hab ihm genug Angst gemacht, dass er den Mist gelassen hat, aber hinterher hat er sich bloß auf was noch Übleres eingelassen, mit übleren Leuten als mir. Der Typ hat nach einer Abkürzung zur Macht gesucht. Typisch Teenager – wollte nicht dafür arbeiten müssen. Aber jedenfalls, nachdem er mir davon erzählt hatte, habe ich mir diese Volksmagie mal näher angesehen. Es gibt ein paar Varianten, bei denen Kinder verwendet werden – entweder, indem Körperteile verkauft werden, oder, indem man ihre sogenannte Lebenskraft stiehlt. Und als du fragmentierte oder geschwächte kindliche Geister erwähnt hast …«
»Etwas in dieser Art könnte sie erklären.«
»Geh also und erledige deine Recherche. Dann habe ich inzwischen ein bisschen Zeit, um Kris aufzutreiben, ihm zu sagen, dass ich jetzt für eine Weile wieder da bin. Wenn du mich brauchst, brüll einfach, aber …« Ein etwas hinterhältiges Lächeln. »Wenn ich nicht gleich reagiere, hab ein paar Minuten Geduld, okay?«
»Schon verstanden.«
Jeremy fuhr mich zum Drehort der Séance.
»Okay«, sagte Becky, als sie uns alle nach hinten in den Garten führte. »Unser Thema heute ist Mickey Cohen.«
»Ist dies sein Haus?«, fragte ich, während ich das kleine stuckverzierte Wohnhaus musterte.
»Äh, das kann ich nicht sagen«, antwortete sie. »Haftungsprobleme – er war ein Mobster und so, wir müssen Rücksicht auf die derzeitigen Besitzer nehmen.«
»Ein Mobster?« Angeliques Augen wurden weit, und sie schauderte. »Wie bei der Mafia? Ich glaube nicht, dass mein Daddy wollen würde, dass ich mit so jemandem rede. Vielleicht sollte ich bei dem hier lieber aussetzen …«
»Cohen … Cohen«, sagte Grady nachdenklich. »Der Mann, der Las Vegas gegründet hat – war der das?«
Er sah zu Claudia hinüber; sie antwortete mit einem Mich-darfst-du-da-nicht-fragen-Achselzucken.
Becky lächelte. »Ich verrate nichts, aber ich bin mir sicher, er selbst wird’s tun. Wir machen die Aufnahme da drüben.«
Wir segelten mit fliegenden Fahnen durch die Séance. Alle drei. Becky war fuchsteufelswild, als ihr aufging, dass ich ihren Tipp zu Cohen an Angelique und Grady weitergegeben haben musste, und
mir
wurde klar, dass ich mir in der Branche gerade eine Feindin gemacht hatte. Es war das erste Mal, dass ich so etwas absichtlich getan hatte. Normalerweise achte ich immer sorgfältig darauf, keine Brücken abzubrechen – der inkompetente Assistent, den man heute gründlich zusammenstaucht, kann in zehn Jahren zum Vorstand eines Studios gehören. Aber in zehn Jahren würde ich nicht mehr in dieser Branche arbeiten, und Becky konnte in ihrer Stellung vorläufig wenig tun, außer Geschichten darüber zu verbreiten, wie schwierig die Zusammenarbeit mit mir war.
Aber was, wenn ich mich irrte? Wenn sie sich als die Mätresse des leitenden Angestellten herausstellte, der sich gerade das Für und Wider meiner Show überlegte? Der Gedanke ging mir durch den Kopf, aber er beunruhigte mich überraschend wenig. Im Augenblick stand für mich an oberster Stelle, diesen Kindern zu helfen. Um alles andere konnte ich mich auch danach
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