Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
nach vorn gestellt, den Kopf zur Seite gelegt, als wollte er sagen: »Wer, ich?«
    »Es war ein Hund«, sagte Claudia; ihr Tonfall schwankte zwischen Gereiztheit und Frustration. »Ein großer schwarzer Hund. Ja, seine Augen haben wahrscheinlich wirklich geschimmert – im Mondlicht –, aber es war ein Hund. Du hast in letzter Zeit eine Menge Stress …«
    »Himmeldonnerwetter, Frau. Irgendwas geht hier vor sich, und wenn du jetzt wieder mit dem Gefasel von Jetlag und ungewohnter Ernährung anfängst …«
    »Wo ist dieser Wolf also, Bradford?«
    »Ich weiß es nicht. Da hinten. Irgendwo.«
    »Hast du vor, dich nach ihm umzusehen?«
    »Nach einem wilden Tier? Ich bin doch nicht verrückt, Claudia.«
    »Willst du, dass ich mich nach ihm umsehe?«
    »Natürlich nicht. Einfach nur …« Ein Seufzer. »Vielleicht war es wirklich ein Hund.«
    »Mhm.«
    Das Kratzen von Schuhen auf den Steinplatten der Terrasse. Dann das Geräusch der sich schließenden Terrassentür. Und alles war wieder still.
     
    Gradys Licht erlosch ein paar Minuten später und blieb aus. Ich redete noch eine Weile mit Peter, ließ mir den Namen seines Sohnes geben und ein paar zusätzliche Informationen – Geburtsdatum, die letzte Arbeitsstelle, von der Peter wusste, die Schulen, die er besucht hatte, alles für den Fall, dass ein Blick ins Telefonbuch eben doch nicht ausreichen würde. Dann machte ich mich hastig daran, mit meinen Pfotenabdruck-Verwischpflichten aufzuholen.
    Über eine Stunde verging. Jeremy fand einen toten Vogel und eine tote Katze, Ersterer vermutlich ein Opfer Letzterer, bevor der Tod auch sie in Gartendünger verwandelt hatte. Ich begrub die Überreste wieder und folgte Jeremy durch die letzten paar Beete. Keine weiteren Leichen.
    Während er sich zurückverwandelte, stand ich Schmiere, wachsamer jetzt als zuvor, denn ich hatte unser Geisterpublikum nicht vergessen. Zu sehen, wie mein Leichenspürhund sich in einen Mann verwandelte, würde eine bessere Erklärung verlangen, als ich aus dem Stegreif erfinden konnte.
    Die Geister schienen verschwunden zu sein, bis auf Eve, die ich gebeten hatte, eine Runde zu machen und sich davon zu überzeugen. Nervös war ich nichtsdestoweniger; als ich also etwas wie ein Murmeln aus der Richtung des Poolhauses auf dem Nachbargrundstück hörte, schob ich mich durch die Hecke und traf Jeremy auf allen vieren neben dem kleinen Gebäude an.
    Ich stammelte eine Entschuldigung und wandte mich hastig ab. Hinter mir hörte ich ein leises Lachen. »Es ist alles in Ordnung, Jaime. Ich bin ein Mensch. Und vorzeigbar. Na ja … weitgehend.« Das Geräusch eines Reißverschlusses. »So.«
    »Tut mir leid«, sagte ich, während ich mich wieder umdrehte. »Ich dachte, ich hätte jemanden reden hören.«
    Er beugte sich wieder vor und musterte den Boden. »Das war ich. Ich habe meinen Schuh aufgehoben und vergessen, dass ich meine Uhr und das Kleingeld reingetan hatte.« Er sah auf. »Immer noch frustriert von der ergebnislosen Suche, so wie es aussieht.«
    Er schob sich das Haar aus dem Gesicht, sammelte den Rest seiner verstreuten Besitztümer ein und richtete sich dann auf. Er war immer noch barfuß, in seine dunklen Jeans gekleidet, das ebenfalls dunkle Hemd übergezogen, aber noch lose und offen, und sein Haar war wirr; schweißnasse Strähnen klebten an seinem Gesicht.
    Ich wusste von Elena, dass die Wandlung kein hollywoodreifes Hinübergleiten von einer Gestalt zur anderen war, bei dem kein Haar aus der Fasson gerät. Jeremys Gesicht glänzte vor Anstrengung – dunkle Flecken auf den Wangen, die Augen glitzernd, die Lippen geöffnet, als er zu Atem zu kommen versuchte.
    Mein Blick wanderte an den Kanten des offenen Hemdes abwärts, dem schmalen Streifen von dunklem Haar nach, über die hagere muskulöse Brust, den flachen Bauch …
    Mein Herz – sowie einige andere Teile meines Körpers – begann Purzelbäume zu schlagen.
    Er ließ das Schloss der Armbanduhr zuschnappen und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar im Versuch, irgendeine Art von Ordnung herzustellen.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Ich sehe ein bisschen mitgenommen aus.«
    »Das ist schon okay.« Wirklich und
vollkommen
okay.
    Er winkte mich näher. Ich versuchte in der Eile, mit der ich der Einladung nachkam, nicht über die eigenen Füße zu fallen. Er trat rückwärts weiter in den Schatten des Poolhauses.
    »Wenig Gefahr, dass jemand uns hier entdeckt«, sagte er mit einem Nicken zu der Backsteinmauer neben uns.

Weitere Kostenlose Bücher