Lockruf der Toten / Magischer Thriller
»Grady hat nicht den Eindruck gemacht, dass er Theater machen will, oder?«
»Nein, Claudia hat ihn überzeugt, dass eigentlich nichts da war.«
Er begann sein immer noch lose hängendes Hemd zuzuknöpfen, ließ die obere Hälfte der Knöpfe aber offen und zupfte mit einem entschuldigenden Lächeln an dem Stoff. »Heiß.«
»Mhm.«
Ich stand einen halben Meter von ihm entfernt, aber ich hätte geschworen, dass ich die Hitze spüren konnte, die sein Körper verströmte, so wie ich den schwachen Geruch nach Schweiß spürte. Und seine Augen … Ich sah etwas in ihnen funkeln, das nicht gerade raubtierhaft war, aber dennoch fremdartig. Weniger zivilisiert als sonst. Als hätte er vergessen, den Mantel der Selbstkontrolle wieder ganz überzuziehen.
Hätte ich es nicht besser gewusst, dann hätte ich angenommen, dass er ein paar Gläser Wein getrunken haben musste. Ich sah ihm in die Augen und schauderte; mein Körper stemmte sich gegen den Wunsch, die halbmeterbreite Lücke zu schließen …
Er tat es für mich. Seine Arme legten sich um mich, und er senkte die Lippen zu meinen herunter und hielt dann inne. Ich sah in seine Augen und entdeckte dort nicht Unentschlossenheit, sondern ein herausforderndes Lächeln. Ich hob die Lippen noch zwei Zentimeter, die Hälfte der Entfernung, und sagte: »Du bist dran.«
Seine Brauen hoben sich. Er brachte die Lippen so dicht heran, dass ich seinen Atem spürte, und wartete darauf, dass ich die Lücke schloss.
»Du hättest gern, dass ich als Erste nachgebe, stimmt’s?«, murmelte ich.
Ein paar Millimeter näher; seine Lippen streiften meine, als er sagte: »Nein, ich bin nur höflich.«
»Blödsinn.«
Ein leises Lachen. Ich hing dort in seinen Armen; unsere Körper berührten sich kaum. Seine Hände glitten an meinem Rücken hinauf, die Berührung war so leicht, dass ich schauderte. Ein behutsames Ziehen, als er die Finger in mein Haar drehte und mir dann um den Hinterkopf legte. Seine Lippen senkten sich, er schloss die Augen, und ich schloss meine ebenfalls und wartete auf den ersten Kontakt, einen Kuss, der so sacht und herausfordernd sein würde wie seine Berührung.
Sein Mund grub sich so hart in meinen, dass ich unwillkürlich die Augen aufriss. Ein leises, knurrendes Lachen ging durch ihn hindurch. Er begann zurückzuweichen, den Kuss zu lockern, aber ich legte ihm die Arme um den Hals und erwiderte ihn, hart genug, dass er keuchte.
Er schwang mich hoch, hob mich mühelos vom Boden; seine Hände legten sich von hinten um meine Oberschenkel. Ich öffnete die Beine, um sie ihm um die Taille zu legen, doch der schmale Rock verhinderte dies. Seine Hände glitten an meinen Schenkeln abwärts und schoben den Rocksaum nach oben – ein fester Griff, gespreizte Finger, die mich packten, während sie wieder aufwärts zu meinem Hintern glitten. Dann kam ein leises Keuchen der Überraschung.
Ich brach den Kuss weit genug ab, um zu sagen: »Ich mag’s nicht, wenn man Abdrücke unterm Rock sieht.«
Wieder ein wundervoll knurrendes leises Auflachen, während seine Finger sich tiefer gruben und mich an ihn zogen. Ich rutschte herum, bis ich ihn hart in meinem Schritt spüren konnte, und schloss dann die Beine um seine Hüften, um mich an ihm zu reiben. Meine Hände glitten zu seinen Flanken und schoben sich zwischen uns, fanden seinen Hosenknopf und …
Ich brach den Kuss ab. Er senkte schnell den Kopf, um ihn wieder aufzunehmen, aber ich hob beide Hände, legte sie ihm ums Gesicht und hielt ihn zurück. Seine dunklen Augen schwammen vor mir, sein Gesicht war kaum auszumachen durch den Schleier der Lust.
»Kleinen Moment noch«, sagte ich, wand mich aus seinem Griff und ließ mich wieder auf den Boden rutschen. »Ich glaube, ich mache dir das hier gerade zu einfach.«
»Einfach?« Das Wort war beinahe ein Knurren. »Weißt du, wie oft ich mir das im letzten Jahr vorgestellt habe … und dich dann bei den Ratstreffen gesehen habe und so tun musste, als wäre ich nie auch nur auf den Gedanken gekommen?«
Ein Schauer der Erregung ging durch mich hindurch. Er war also nicht so ahnungslos – oder so desinteressiert – gewesen, wie er vorgegeben hatte. Es reichte beinahe aus, um mich ihm in die Arme zu werfen. Beinahe.
»Ein Jahr?«, murmelte ich. »Das ist überhaupt nichts.«
Ich legte die Lippen an seinen Halsansatz und kitzelte mich mit der Zungenspitze an der Kehle aufwärts bis zu seinem Kinn, schmeckte den Schweiß dort.
»Wenn es schwierig war, kannst du
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