Lockruf der Toten / Magischer Thriller
kommst du an interne Informationen ran – ich fühle mich jetzt wirklich übel, weil ich ihr Hoffnungen gemacht habe.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, sie hätte mich so oder so gefunden. Ich wünschte nur, ich könnte irgendwas tun. Aber in manchen Fällen kann ich es einfach nicht. Einen Mörder finden. Dafür sorgen, dass er bestraft wird. Außerhalb meiner Möglichkeiten, ganz gleich, wie sehr ich mir vielleicht wünsche, es tun zu können.«
Ich legte einigen Nachdruck in die Worte – ein Versuch, sie auf eine mögliche Enttäuschung vorzubereiten. Aber sie sah mich nur verständnislos an. Dann wurden ihre Augen plötzlich weit.
»Oh, Scheiße! Wie dämlich kann man eigentlich sein? Ihr Typen versucht rauszufinden, wer Marilyn umgebracht hat. Ich war das Aufwärmprogramm, stimmt’s? Das war es, was diese Tuss – Angel – wissen wollte. Wer mich umgebracht hat.«
»Aber du weißt es selbst nicht.« Ich spürte, wie ich mich verspannte.
»Du solltest dein Gesicht sehen«, sagte sie mit einem schallenden Auflachen. »Du wartest drauf, dass ich dich um Hilfe bitte. Meinen Mörder seiner verdienten Strafe zuzuführen, verdammt noch mal!« Wieder ein Lachen und ein Kopfschütteln. »Ich weiß längst, wer mich umgebracht hat, und ich habe kein Interesse daran, ihn seiner ›verdienten‹ Strafe zuzuführen.«
»Was?«
Sie zog die Füße hoch und setzte sich im Schneidersitz hin. »Eine Weile hab ich mich nicht erinnern können, aber irgendwann habe ich’s dann gekonnt. Es war dieser Typ, mit dem ich auf die Party gegangen bin – ich nenne keine Namen, er lebt nämlich noch. Na ja, jedenfalls, ich war high – den Emmy gewonnen und zu viel Champagner obendrauf. Ich hab im Haus diese Pistole gefunden und sie ihm draußen gezeigt. Er hat damit rumgespielt, und …« Sie zuckte die Achseln. »Und das war das Ende von Tansy Lane.«
»Es tut mir leid.«
»Wir waren dämlich. Betrunkene Kids, die mit einer Schusswaffe rumalbern.«
Es stellte sich heraus, dass sie nichts von mir gewollt hatte als eine Unterhaltung. Sie bombardierte mich mit Fragen über die Dreharbeiten und über meine Karriere, interessante Themen für jemanden, der selbst im Showbusiness aufgewachsen war. Dann verschwand sie, damit ich noch einmal versuchen konnte, Kontakt zu den Kindern aufzunehmen, versprach aber, dass sie in der Nähe sein würde – für den Fall, dass ich Unterstützung von der anderen Seite brauchen konnte.
All die Gedanken, die ich mir darüber gemacht hatte, wie ich mich meiner Verpflichtung entziehen konnte – und ich hätte all das vermeiden können, indem ich ihr gleich beim ersten Mal zugehört hätte.
Bevor ich auch nur versuchen konnte, die Kinder zu beschwören, hörte ich einen Wachmann meinen Namen rufen. Ich schob meinen Arbeitsbeutel unter einen Busch, und als ich um eine Ecke bog, sah ich Jeremy mit dem Wachmann, Grady und Claudia auf der Terrasse stehen.
»Vielleicht sollten wir nach ihr suchen gehen«, sagte der Wachmann gerade.
»Alles in Ordnung«, antwortete Jeremy. »Sie lässt sich einfach nicht gern beim Meditieren stören. Wenn sie nicht antwortet, werde ich einfach …« Sein Blick fiel auf mich. »Ah, da ist sie ja.«
Er nickte mir zu und murmelte ein »Guten Morgen«. Ich studierte sein Gesicht – der Ausdruck war so undurchdringlich wie immer. Dann wandte er sich ab, um auf etwas zu antworten, das Grady zu ihm gesagt hatte.
Okay, das war nicht die Begrüßung, die ich mir erhofft hatte. War er verärgert wegen der vergangenen Nacht? Oder hoffte er, ich hätte es vergessen? Ich schüttelte das aufkommende Bedauern ab. Ich hatte gewusst, dass er sich die Sache möglicherweise noch einmal überlegen würde, wenn die mit der Wandlung verbundene Erregung abgeflaut war. Wenn es nur der Adrenalinstoß gewesen war, der ihn gestern angetrieben hatte, dann war es nur gut, dass wir nicht weitergegangen waren. Das redete ich mir jedenfalls ein.
Als ich näher kam, hob Jeremy beide Hände, einen dampfenden Kaffeebecher in jeder; der Duft trieb mir entgegen.
»Danke.«
Wieder ein Nicken. »Ich hoffe, du hast gut geschlafen?«
Ich verbiss mir ein Lächeln, aber als ich seinen Blick auffing, sah ich kein Zwinkern, kein Anzeichen dafür, dass die Worte mehr gewesen waren als eine höfliche Erkundigung.
Er fuhr fort: »Wolltest du meditieren? Ich kann so lang hier warten …«
»Unfug«, sagte Grady. »Wenn Jaime noch zu tun hat, kommen Sie doch mit rein zum
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