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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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aber, bevor Jeremy mich retten musste.
    »Zwei Wörter«, seufzte Eve hinter mir. »›Vernünftige Schuhe‹. Am besten Sneakers. Nicht gerade dekorativ, aber ich schwör’s dir, eines Tages werden sie dir das Leben retten.«
    »Ich weiß. Ich weiß.« Ich zog die Schuhe aus.
    »Kannst du Wache schieben?«, fragte ich Eve, als ich neben Jeremy trat.
    »Kris macht das schon.«
    Mit anderen Worten, sie hatte vor zu bleiben. Wahrscheinlich erwartete sie, dass ich in Panik geriet und auch diesmal wieder Mist machte. Als ich in die Hocke ging, bewegte sich ein Erdhügel, als rührte sich etwas unter der Oberfläche.
    Ich begann die Erde zur Seite zu kratzen. Jeremy half. Eve hing in der Nähe herum. Der Garten schien noch stiller zu werden – kein Geräusch außer dem Rieseln und Rauschen von fortgeräumter Erde. Der Geruch nach Feuchtigkeit begann sich mit etwas anderem zu mischen, etwas Muffigerem, Süßerem – dem Gestank nach Grab.
    Ich grub weiter. Wahrscheinlich ein Hund oder eine zweite Katze, schon länger tot, tiefer vergraben unter mehr Schichten aufgefüllter Gartenerde und abgefallener Blätter. Der Haustierfriedhof der hier lebenden Familie, unter den Rosen, wo die kleinen Lieblinge den Garten nicht zustinken würden.
    Ich schaufelte ein Hand voll Erde aus dem Loch, als ich ganz unten einen dunklen Stein bemerkte. Dann bewegte er sich, schob sich aufwärts. Eine lange dunkle Klaue. Eine zweite erschien daneben. Dann eine dritte, diese nichts als weißer Knochen. Der lange dünne Knochen eines menschlichen Fingers.
    »D-da«, sagte ich, während ich die Hand hob, damit Jeremy zu graben aufhörte. »Das reicht. Ich schicke die Seele zurück …«
    »Nein«, sagte Eve. »Grab weiter.«
    Ich fuhr herum und sah sie an. »Es ist eine Hand. Das kann sogar ich sehen, dass …«
    »Ja, ist es.« Ihre Augen erwiderten meinen Blick; ihr Ausdruck war kalt und undeutbar. »Mach weiter, bis du sie freigelegt hast …«
    »Sie
ist
freigelegt«, antwortete ich; meine Stimme wurde schrill, als ich zusah, wie die Finger – Knochen und verrottetes Fleisch – in die Luft griffen. »Dieses Kind versucht sich ins Freie zu graben, und ich stehe nicht hier und lasse es zu, nur damit wir eine ganze Leiche für die Polizei haben …«
    »Dann halt es davon ab.«
    »Halt …?«
    Ihr Blick bohrte sich in meinen. »Halt das Kind vom Graben ab, versuch es zu beruhigen. Es dauert nur eine Minute, Jaime.«
    Als ich zögerte, sagte sie: »Vertrau mir.«
    Ich riss den Blick los, schloss die Augen und wies das Kind an, mit dem Graben aufzuhören. Das instinktive Bedürfnis, sich ins Freie zu graben, ist so stark, so tief verwurzelt, dass man von Zombies weiß, die sich selbst in Stücke gerissen haben in ihrem Bemühen, aus einem Sarg zu entkommen. Aber als ich den Befehl gab, hörte die Hand auf, sich zu bewegen.
    Und wieder herrschte sekundenlang vollkommene Stille, als Eve und Jeremy auf die reglose Hand hinunterstarrten.
    Das war die andere Seite der dunkelsten Macht. Nicht nur, dass der Nekromant Leichen ins Leben zurückrufen kann – wir können sie kontrollieren. Die Toten versklaven.
    Als ich Eve und Jeremy ansah und etwas wie Ehrfurcht auf den Gesichtern von zweien der mächtigsten Paranormalen entdeckte, die ich kannte, wurde mir klar, dass es mehr war als einfach nur die dunkelste Macht. Es war die furchterregendste. Die größte Macht, über die ein Paranormaler verfügen konnte. Jeremy konnte seine Opfer zerreißen, Eve konnte sie mit Magie quälen. Aber der Tod gab sie frei – außer, ich kam ins Spiel. Dann war der Tod nur der Anfang des Alptraums.
    Während ich das Kind ruhig zu halten versuchte, tröstliche Worte murmelte – laut und in Gedanken –, ging Eve neben dem Loch auf die Knie. Dann griff sie hinein und fasste nach der Hand dort, schloss die Finger um sie, als könnte sie durch die Dimensionsbarriere hindurchgreifen und sie berühren.
    Ihre Augen hatten sich kaum geschlossen, als ihr Körper erstarrte. Unter den Lidern bewegten sich ihre Augen, zuckten hin und her, als träume sie. Ich sah eine Bewegung weiter links und stellte fest, dass Kristof sich uns angeschlossen hatte; er hielt sich in einiger Entfernung, aber er beobachtete Eve, das Gesicht angespannt vor Besorgnis.
    »Sie heißt Rachel«, sagte Eve, die Stimme gepresst, als hätte sie Mühe, die Worte hervorzustoßen. »Rachel Skye. Sie ist elf. Sie wohnt … nein, das verstehe ich nicht. Ein Wohnblock. Eine Großstadt, eine belebte

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