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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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den Vorhang gegenüber.
    »Gut. Ich habe gehofft, dass du mehr Glück hattest als ich.«
    Er öffnete den zweiten Vorhang, musterte die Regale und runzelte die Stirn.
    »Körperteile, getrocknet oder eingelegt«, sagte ich. »Und für mich sehr viel weniger verstörend als das Zeug da gegenüber. Das hier – jedenfalls die getrockneten Teile – gehört sozusagen zu meinem täglich Brot. Ein paar habe ich identifizieren können, und es scheinen hauptsächlich tierische Überreste zu sein.« Ich hob den Fledermausflügel hoch. »Manche, die weiter unten versteckt waren, sind eindeutig menschlich.« Ich hob ein paar weitere ins Licht – das Ohr, den Zeh, die Zähne und den »Schlauch«.
    Jeremy runzelte die Stirn. »Was ist …? Ah, ich verstehe.«
    »Männlich.«
    »Es sieht ganz danach aus.«
    »Und mit einiger Sicherheit von einem Erwachsenen, trotz der Schrumpfung.« Ich zeigte zu den Gläsern hin. »Bei den eingelegten und den eher fragmentarischen Stücken bin ich mir nicht so sicher. Du kennst dich mit Anatomie besser aus, ich hatte gehofft, dass du das vielleicht identifizieren kannst.«
    Er betrachtete das Regal. »Das meiste sind Organe, überwiegend von Tieren, obwohl man es nicht immer gleich sehen kann.«
    Ich hob den Blick zu dem eingelegten Fötus. »Und das da?«
    »Schwein.«
    »Puh.«
    Er schob mit der behandschuhten Hand ein paar Gläser zur Seite, um die Reihe dahinter sehen zu können.
    »Bevor du dich in der Identifikation verlierst, es gibt da noch etwas, das ich dir zeigen sollte.«
    Ich richtete die Taschenlampe auf die Falltür.
    »Das ist jetzt wirklich aussichtsreich.« Er öffnete sie und spähte hinunter.
    »Siehst du was?«
    »Dazu müsste ich runtersteigen.« Er drehte sich um und begann genau das zu tun.
    »Bist du dir sicher, dass wir das tun sollten?«
    Er zögerte. »Du hast recht. Du solltest lieber hier warten.«
    Das nun war es nicht, was ich gemeint hatte, aber er war bereits in der Dunkelheit verschwunden.
    Ich ging auf die Knie und beugte mich vor.
    »Jeremy?« Ich reichte ihm die Taschenlampe nach unten.
    »Nein«, sagte er. »Behalt sie, du …«
    »Nimm sie schon. Ich tue nichts weiter, als hier rumzusitzen.«
    Er stieg ein paar Sprossen wieder hinauf, nahm die Lampe und verschwand. Wo ich saß, wurde es dunkel. Sehr dunkel. Ich hob die Hand, konnte sie aber nicht sehen.
    Ich versuchte, nicht an die Augäpfel zu denken, die auf mich herunterstarrten.
    Ein Gedanke schoss mir zusammenhanglos durchs Hirn – bestand irgendeine Möglichkeit, dass ich diese … Teile wiederbeleben konnte? Versehentlich? Ich versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken, was natürlich nur dazu führte, dass ich noch mehr darüber nachdachte; Bilder aus zweitklassigen Horrorfilmen schossen mir durchs Gehirn, in denen all die vertrockneten Fetzen zum Leben erwachten …
    Albern natürlich. Es ist schwierig genug für einen Nekromanten, einen vollständigen Körper zu reanimieren. Nichts, das ich versehentlich bewerkstelligen könnte – Gott sei Dank. Und wenn ein Zombie ein Körperteil verliert – etwas, wozu Zombies neigen, das bringt der Verwesungsprozess ganz einfach mit sich – dann bleiben diese Teile nicht lebendig und kriechen mit eigenem Willen weiter. Aber wie viel musste von einer Leiche noch da sein, damit man sie reanimieren konnte? Würde ein Kopf reichen? Befand sich irgendwo in diesen Gläsern ein Kopf?
    Ein Licht flackerte in dem Loch. War Jeremy auf dem Rückweg? Das Licht verschwand wieder. Ich beugte mich vor, so weit es ging, wenn ich nicht kopfüber hineinfallen wollte, aber der Schacht reichte mindestens anderthalb Meter weit nach unten. Ich drehte mich um und setzte den Fuß auf die oberste Sprosse. Bloß ein einziger schneller Blick.
    Meine Zehen rutschten von der Sprosse ab, und ich musste die Kante der Luke packen, um nicht zu fallen.
    Noch ein Grund, warum die Absätze eine wirklich schlechte Idee gewesen waren. Vielleicht sollte ich sie ausziehen … Nein, wahrscheinlich würde ich die Sprossen im Dunkeln verfehlen und trotzdem fallen.
    Jemand lachte. Ich erstarrte. Eine gedämpfte Männerstimme. Geister? Ein Rasseln, dann das Knarren einer aufgehenden Tür; Schlüssel schepperten gegen das Metall.
    »Ich glaube, wir sind die Ersten.«
    »Sieht so aus.« Eine Frauenstimme. »Oh, da kommt Eric.«
    Okay, keine Geister. Schlimmer. Ich beugte mich vor, um Jeremy zu warnen, und hielt inne, als ich mir die offene Tür wenige Meter von mir entfernt vorstellte.

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