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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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Kilometer von der Schule entfernt. Das Viertel ist ärmlich, die Adresse gehört zu einem Apartmenthaus, das sich hinter einer verwahrlosten Wacholderhecke versteckt. Der Asphalt auf dem Parkplatz ist rissig und buckelig. Nur zwei Wagen sind hier geparkt, ein zerbeulter VW und ein auf Klötzen aufgebockter, rostiger Chevy. Keiner von beiden sieht so aus, als könnte er irgendwohin fahren. Ich gehe vorsichtig durch die Flaschen und leeren Dosen auf dem Fußweg zu einem »Sicherheitstor«, das offen in seinen geborstenen Scharnieren hängt. Auf dem Grundstück dahinter ist ein kleiner Swimmingpool voll verrotteter Blätter, die riechen, als lägen sie seit letztem Herbst da drin. Die Anlage macht einen einsamen, verwahrlosten Eindruck.
    Ich weiß, dass Krankenschwestern schlecht bezahlt werden, aber ich kann nicht glauben, dass das hier wirklich das Beste sein soll, was Carolyn sich leisten kann.
    Ich gehe durch einen Innenhof, in dem Liegestühle aus Plastik vor sich hin gilben. Um sie herum gelange ich zu einer Reihe Briefkästen, die unter einem zerbröckelnden Vordach an der Hauswand hängen. Carolyn hatte uns ihre Apartmentnummer nicht genannt. Sie hatte überhaupt nicht erwähnt, dass sie in so einem Apartment wohnt. Aber ich finde einen Briefkasten mit »2A« und dem Namen »Delaney«, in dickem Filzstift geschrieben. Zu beiden Seiten des Hofs führen Treppen mit rostigen Geländern hoch zu den Wohnungen, doch es gibt keinen Hinweis darauf, welche Apartments links liegen, welche rechts. Ich entscheide mich für links und steige die Treppe hoch.
    Ich komme gerade oben an und biege von der Treppe auf den offenen Gang ab, als eine Tür aufgeht und ein Mann mit breitem Kreuz und massigen Schultern rückwärts heraustritt; wir stoßen zusammen. Er knallt die Tür zu und dreht sich mit finsterer Miene zu mir um.
    Ich weiß nicht genau, wer von uns den größeren Schrecken kriegt.
    Es ist der Kerl ohne Hals aus Beso de la Muerte.
    Der finstere Blick verfliegt. Wie ein Hündchen, das einen unerwarteten Leckerbissen gereicht bekommt, wackelt er geradezu vor Freude. »Wow, was machst du denn hier? Willst du mich besuchen?«
    Mein Blick gleitet an ihm vorbei auf die Tür. »2A.« Meine Augen werden schmal, und ich runzle die Stirn. »Träum schön weiter. Wohnst du hier?«
    Er grinst. »Ich? Nö. Ich kassier hier nur die Miete für den Kerl, dem das Haus gehört. Die da drin war im Verzug.«
    »Warum glaubst du dann, ich wäre hier, weil ich dich suche, Einstein?«
    »Musst ja nicht gleich so über mich herziehen«, jammert er. Doch sein freudiges Grinsen wird lüstern, und er zupft an seinem Schritt. »Bist du sicher, dass du nicht ein bisschen was zu naschen willst? Ich hab noch jede Menge – und letztes Mal hast du mich ja ganz schön abgezockt.«
    Ich weiß nicht, was mich zorniger macht – die Andeutung, dass ein Teil der »Miete«, die er bei Carolyn kassiert hat, aus Sex bestand, oder dass ich ihm ebenfalls welchen schuldig sei. Ich packe ihn am Kragen und schleudere ihn gegen die Wand. »Weiß Carolyn, was du in Mexiko machst?«
    Er versucht sich loszureißen, und dieses dümmliche, gierige Grinsen klebt immer noch auf seinem Gesicht. »Ach, komm schon. Wo ist der Unterschied? Sex ist Sex. Ich find’s halt nur besonders scharf mit Vamps. Du bist die Erste, die die Beine nicht breitmachen wollte … «
    Bevor er noch ein weiteres Wort herausbringt, hängt er mit dem Kopf nach unten über dem Geländer. Ich weiß, das ist nicht sonderlich klug von mir. Was, wenn mich jemand dabei sieht, wie ich einen über hundert Kilo schweren Gorilla an einem Fußknöchel vom Geländer baumeln lasse? Aber manchmal muss man eben seinen niederen Impulsen nachgeben.
    Zumindest habe ich jetzt seine volle Aufmerksamkeit.
    Das anzügliche Grinsen ist wie weggewischt. Der Junge ist weiß vor Angst, so verängstigt, dass er nicht sprechen kann. Also reiße ich ihn wieder hoch und donnere ihn zum zweiten Mal gegen die Wand. Kräftig. »Weiß sie über Mexiko Bescheid?«, frage ich noch einmal.
    Er schluckt, und sein Adamsapfel tanzt auf und ab, während er versucht, die Sprache wiederzufinden. »Ja. Sie findet’s cool.«
    »Weiß sie über mich Bescheid?«
    »Woher denn? Ich wusste ja nicht, wer du bist. Weiß ich immer noch nicht.«
    Ich ertaste mit den Fingern seine Luftröhre und übe sachten Druck aus. »Und dabei wollen wir es auch belassen, nicht wahr?« Er nickt zittrig, aber ich bin noch nicht überzeugt. Ich drücke ein wenig

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