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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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erwarten, das Summen von Leuchtstoffröhren oder Hochleistungsbirnen zu hören, doch da ist nur Stille. Seltsam bei einer so hellen Lichtquelle. Außerdem hängt ein Geruch in der Luft – nicht unangenehm – wie ein feines Parfum. Ein Hauch Lavendel, ein Hauch Zitrusduft.
    Aber schon geht die Tür wieder auf, und ich wappne mich für eine weitere Gardinenpredigt von Frey.
    Aber es ist nicht Frey.
    Es ist Trish. Sie grinst, als sie mich sieht, und winkt mir zu.
    »Ist das nicht cool hier?«, sagt sie. »Ich kann es kaum erwarten, es meiner Mom zu zeigen.«

Kapitel 30
    I ch erkenne das Mädchen, das da vor mir steht, kaum wieder. Trish lächelt, ihre Augen leuchten, ihr Gesicht strahlt. Verschwunden ist die Aura von Angst und Traurigkeit, die sie vorher stets umgeben hat. Sie trägt saubere Jeans, eine frische weiße Bluse und Turnschuhe. Ihr Haar ist zurückgebürstet und hat einen gesunden Glanz. Sie duftet zart nach dem Geruch hier im Raum – Lavendel und Zitrus. Könnte das Seife oder Shampoo sein?
    Sie sieht glücklich aus.
    War das Sorrel?
    Ich trete auf sie zu. »Geht es dir gut?«
    Sie nickt. »Natürlich. Alle sind so nett. Mr. Frey hat recht gehabt, als er gesagt hat, hier wäre ich in Sicherheit.« Sie senkt die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern, lächelt aber weiter. »Ich weiß nicht genau, was das hier eigentlich ist. Mr. Frey hat gesagt, das sei ein geheimes Hauptquartier, wie im Film. Aber mehr darf ich nicht wissen, sonst müsste er mich umbringen.«
    Sie kichert über einen Witz, den ich überhaupt nicht komisch finde. Und ich wundere mich über Trishs drastische Veränderung. Ich gehe zu den Sesseln hinüber und bedeute ihr, Platz zu nehmen. Sie setzt sich. Ich lasse mich ihr gegenüber nieder und komme mir vor wie eine Psychologin bei einer Therapiesitzung. Vielleicht wird dieser Raum tatsächlich so genutzt.
    Aber ich weiß nicht, wie ich die Sitzung beginnen soll.
    Trish sieht mich an, mit einem belustigten halben Lächeln auf dem Gesicht. »Sie sind sicher hier, weil jetzt alles viel besser aussieht, oder? Sie haben diese Männer geschnappt, und ich kann wieder nach Hause gehen. Ryan ist bestimmt schon verrückt vor Sorge. Ich durfte ihn von hier aus nicht anrufen. Mr. Frey hat mir versprochen, ihm Bescheid zu sagen, dass es mir gutgeht. Aber Ryan würde ihm nicht glauben. Er will sicher selbst mit mir reden, also wäre es besser, wenn wir auf dem Weg nach Hause noch bei ihm vorbeifahren.«
    Die Worte sprudeln als einziger Wasserfall freudiger Spekulation aus ihr hervor. Sie scheint völlig vergessen zu haben, welchen Anteil ihre Mutter an dem hatte, was ihr passiert ist – oder sie hat eine Entschuldigung für ihre Mutter gefunden. Das eine erscheint mir so unfassbar wie das andere.
    »Du willst wirklich nach Hause?«, frage ich sanft.
    Sie nickt. Doch irgendetwas an meinem Gesichtsausdruck weckt offenbar Zweifel bei ihr, denn das Lächeln wackelt, und Unsicherheit dämpft das Strahlen ihrer Augen. »Stimmt was nicht?«
    Ich zögere eine halbe Sekunde zu lang mit meiner Antwort.
    Trish springt auf. »Ist meiner Mutter etwas passiert?«
    Ich wünschte, ich wüsste, wie ich es ihr leichter machen könnte. Ich überlege sogar, ob ich sie daran erinnern soll, warum sie überhaupt erst hier gelandet ist, aber damit würde ich nur ein Grauen gegen das andere eintauschen. Ich stütze mich auf die Armlehnen und stehe auf.
    »Trish, es tut mir leid. Ja, es ist etwas passiert. Deine Mutter wurde gestern Nacht ermordet. Die Polizei sucht schon nach dem Mörder. Und ich werde das natürlich auch tun.«
    Mir fällt auf, dass ich plappere, genau wie Trish gerade eben noch. Aber nun starrt sie mich an, mit leerem Blick und offenem Mund, alle Lebhaftigkeit ist aus ihrer Miene verschwunden. Ich gehe einen Schritt auf sie zu, aber sie weicht zurück.
    »Das tut mir wirklich sehr leid, Trish. Ich wünschte, ich könnte es dir irgendwie leichter machen. Deine Großmutter aus Boston ist da. Sie weiß nicht, wo du bist. Wenn du möchtest, überbringe ich ihr eine Nachricht von dir.«
    Noch während ich das sage, hätte ich die Worte am liebsten zurückgenommen. Warum habe ich das gesagt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese kalte, arrogante Kuh Trish irgendeinen Trost bieten könnte. Ich weiß nur nicht, was ich ihr sonst anbieten soll. Trish weiß ja nicht, dass sie auch mit meiner Familie verwandt ist. Ich fürchte, wenn ich ihr das jetzt sage, bringe ich sie nur noch mehr

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