Lockruf Des Mondes
lachen, weil sie Emily nicht kränken wollte.
»Ja, das ist es wohl.«
Cait schüttelte den Kopf. »Das Kind kommt in vier Monaten, und ich kann es kaum erwarten. Mutter zu werden, ist ein großer Segen unter meinen Leuten.«
»Die Äbtissin sagt, dass den Lehren der Kirche zufolge das Gebären eines Kindes eine Wiedergutmachung der Sünden Evas ist.« Emily furchte leicht die Stirn. »Dass es als Beweis für den himmlischen Segen zu einem ehelichen Bund betrachtet wird.«
»Eine Äbtissin hat das gesagt?« In Caits Ohren hörte sich das mehr nach der Aussage eines Priesters an.
Emily grinste verschwörerisch und zwinkerte Cait zu. »Na ja, sie hat nicht gesagt, dass sie das auch denkt.«
»Soviel ich weiß, kann eine Äbtissin eine Frau von großer politischer Macht in England sein.«
»Ja.«
»Dann kannst du von Glück sagen, mit einer verwandt zu sein.«
»Oh, nein, das bin ich keineswegs.«
»Dann bist du also in einem Kloster unterrichtet worden?«
»Nein, aber eine sehr gelehrte Äbtissin nahm während einer Reise zu einer ihrer früheren Schülerinnen Quartier in unserer Burg. Sie war eine wunderbare Frau. Sie war nie zu ungeduldig, um meine Fragen zu beantworten, und versuchte sogar, Papa zu überreden, mir den Besuch ihrer Klosterschule zu erlauben. Meine Stiefmutter lehnte das jedoch ab, und später hatte ich Grund, darüber froh zu sein, doch man erlaubte mir wenigstens eine rege Korrespondenz mit der Äbtissin. In erster Linie wohl, weil meine Stiefmutter sie sich nicht zur Feindin machen wollte, aber was auch immer der Grund war, ihre Schreiben werden eins der Dinge sein, die mir hier am meisten fehlen werden.« Emily lächelte, obwohl ihre veilchenfarbenen Augen vor Müdigkeit gerötet waren. »Doch ich werde sicher andere Dinge finden, die mich dafür entschädigen«, schloss sie tapfer.
Cait bewunderte Emilys Optimismus und hoffte nur, dass ihr Vertrauen belohnt werden würde.
Im Laufe der nächsten Tage entdeckte Emily viele Eigentümlichkeiten an ihrem neuen Heim, von denen die auffälligste für sie war, dass ihr zukünftiger Ehemann nach wie vor kein einziges Wort mit ihr gesprochen hatte. Meistens ignorierte er sie, wenn er sich aber doch einmal dazu herabließ, sie zu bemerken, war sein Gesichtsausdruck genauso finster wie bei ihrer allerersten Begegnung vor der Burg.
Auch sie bemühte sich nicht, sich mit ihm bekannt zu machen, weil sie es für klüger hielt, ihre Begegnung auf später zu verschieben, wenn er besserer Laune war. Was jedoch wahrscheinlich erst an dem Tag geschehen würde, an dem sie vor ihren Schöpfer trat, befürchtete sie schon beinahe.
Emily half Cait bei der Führung des Haushalts, wie sie zuvor Sybil unterstützt hatte, nur dass die Arbeit ihr hier weit mehr Spaß machte. Cait und sie hatten viel gemeinsam, und so wurden sie auch sehr schnell gute Freundinnen.
Die beiden Frauen durchquerten eines Abends gerade den großen Saal, als Talorc seine Schwester rief. »Bring die Frau her, Cait!«
Cait verzog bei dem mürrischen Tonfall ihres Bruders das Gesicht, kehrte aber um, um zu gehorchen.
Die Frau? Emily konnte die Dreistigkeit des Lairds kaum fassen. Wenn er nicht bald anfing, Manieren zu zeigen, würde sie ihm eine Gardinenpredigt halten, die Sybils wie freundliches Geplauder erscheinen lassen würde. Der Ärger, der schon seit ihrer Ankunft in ihr brodelte, kochte hoch.
Im Vorbeigehen flüsterte ihr Cait zu: »Lass dir von ihm keine Angst machen. Er ist nicht so bissig, wie er tut.«
Emily hätte fast gelacht, weil es nur zu offensichtlich war, dass auch Cait ein bisschen Angst vor ihrem Bruder hatte. Aber dann wurde sie nur noch ärgerlicher bei dem Gedanken. Eine Schwangere vertrug keine Aufregungen. Hatte ihr Vater das nicht oft genug gesagt, wenn Sybil ein Kind erwartet hatte? Emily drehte sich zu Talorc um und sah ihn ungehalten an, machte jedoch keine Anstalten, seiner Forderung nachzukommen.
»Ist diese Frau schwachsinnig? Oder warum kommt sie nicht herüber?«, herrschte Talorc seine Schwester an. »Du hast gesagt, sie spräche unsere Sprache.«
Cait warf Emily einen besorgten Blick zu und machte große Augen, als sie Emilys aufsässige Haltung sah. Aber dann verzogen sich ihre Lippen zu einem Lächeln.
Emily gab ihr keine Chance, ihrem Bruder zu antworten. »Warum fragt Ihr diese Frau nicht selbst?«, forderte sie Talorc heraus. »Vorausgesetzt natürlich, Ihr könnt Euch dazu überwinden, das Wort an sie zu richten.«
Denn falls er
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