Lockruf Des Mondes
Augen.
Lachlan lächelte, als er spürte, wie Emilys Körper sich im Schlaf entspannte. Es fühlte sich erstaunlich gut an, neben ihr zu liegen, ihre kleine Hand auf seinem Herzen und ihren Kopf an seine Brust geschmiegt. Noch nie hatte er ein solches Gefühl des Friedens gekannt, wie er es in diesem Augenblick empfand.
Zärtlich strich er ihr die seidigen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie war so hübsch, so perfekt für ihn - in jeder Hinsicht außer einer. Sie war keine Chrechte, doch sie war kühn wie eine Werwölfin und akzeptierte voll und ganz das Tier in ihm. Er hatte sich noch nie vor einer menschlichen Frau verwandelt, nicht einmal in Gegenwart seiner eigenen Mutter, aber er hatte keine Hemmungen gehabt, es vor Emily zu tun.
Sie hatte seinen Wolfskörper mit unübersehbarer Freude und Zuneigung berührt. Nicht einmal sein ungewöhnlich großes Geschlecht hatte sie angewidert, wie es, soweit er wusste, bei einigen menschlichen Frauen war, und ihre Leidenschaft war genauso natürlich und ungehemmt wie die einer Werwölfin.
Sie hatten so wunderbar zusammengepasst, dass er sie in der Hitze des Moments sogar seine Gefährtin genannt hatte. Sie schien es nicht bemerkt zu haben, oder vielleicht war ihr die Bedeutung einer solchen Geste auch nur nicht bewusst. Doch so, wie er es nicht hatte unterlassen können, ihren Körper mit seinem Duft und ihren Hals mit seinem Biss zu kennzeichnen, hatte er auch die verbale Inanspruchnahme nicht verhindern können.
Wäre sie eine Werwölfin, würde sie jetzt von ihm erwarten, dass er sie heiratete. Und das zu Recht, denn nachdem er sie für sich beansprucht hatte, müsste er ihr das auch anbieten.
Welche Verpflichtung war zwingender für ihn und seine Ehre? Die seinem Clan gegenüber, eine Chrechte zu heiraten, oder die seiner eigenen Integrität gegenüber, die verlangte, dass er das verbale Versprechen, das er gegeben hatte, einhielt? Sich zu sagen, dass er sich nicht daran halten musste, weil Emily nicht gewusst hatte, was es wirklich beinhaltete, verringerte sein Verantwortungsbewusstsein nicht. Er hatte gewusst, was es bedeutete, und es trotzdem ausgesprochen.
Sie hatte ihn nicht mit ihrem Körper in eine Falle gelockt - in die hatte er sich ganz allein hineingebracht, weil er außerstande gewesen war, seine sinnliche Begierde zu bezwingen.
War es bei seinem Vater auch so gewesen? Hatte er deswegen eine menschliche Frau geheiratet? Lachlan hatte ihn nur einmal danach gefragt, und der harte Krieger hatte erwidert: »Wenn das Schicksal dich vor den Kopf schlägt, hörst du zu, oder du bezahlst den Preis für deine Arroganz.« Damals hatte Lachlan die Antwort seines Vaters nicht verstanden, doch später hatte er sich zurechtgelegt, was er damit wohl hatte sagen wollen: dass er mit einer menschlichen Frau intim gewesen war und in ihr die wahre Seelenverwandte gefunden hatte. Lachlan war immer fest entschlossen gewesen, diesen Fehler nie zu begehen.
Aber jetzt fragte er sich, ob er nicht nur vor seinem Schicksal davongelaufen war.
Er war über das Alter hinaus, in dem er eine Frau hätte nehmen müssen, und Emily war die Erste, bei der er auch nur überlegt hatte, den Rest seines Lebens mit ihr zu verbringen. Er hatte immer wieder Ausreden für diese Tatsache gesucht, doch die Wahrheit war, dass er die Werwölfinnen seines Clans kannte und keine von ihnen ihn als zukünftige Lebensgefährtin interessierte, obwohl er viele mochte und bewunderte.
Er hatte an Susannah gedacht, doch eigentlich nur, weil sie die Schwester seines Oberkommandierenden war und Lachlan sie mochte. Ein solch glutvolles Begehren, wie Emily es in ihm entfachte, hatte er bei Susannah nie empfunden. Beim letzten Vollmond hatte er gewusst, dass Susannah läufig war, und angenommen, sie würden sich letzten Endes paaren, wenn sie mit dem Rudel lief. Er hatte gedacht, dass seine Wolfsnatur ihn zwingen würde, um sie zu kämpfen, und kein anderer Wolf auch nur hoffen konnte, ihn zu schlagen.
Aber einer der Gründe, weswegen Ulfs Rachepläne ihn so angewidert hatten, war, dass Lachlan froh gewesen war über die Entdeckung, dass Susannah sich mit einem anderen zusammengetan hatte. Er konnte ja wohl kaum einen Krieg anzetteln wegen einer Situation, von der er profitierte, auch wenn er so etwas weder sich selbst noch seinem Rudel eingestehen wollte.
Natürlich könnte er zu einem anderen Clan gehen und sich dort nach einer Frau umsehen. Das hatte er schon viele Male in Betracht gezogen, aber nie getan.
Weitere Kostenlose Bücher