Lockruf Des Mondes
angefahren.
Lachlan gab seinen Begleitern ein Zeichen anzuhalten und ging allein auf seinen Bruder zu. Nachdem er die anderen Soldaten einen nach dem anderen grimmig angesehen hatte, traten sie von Ulf zurück.
»Der einzige Feind der Balmorals steht vor mir«, sagte Lachlan, als er dicht vor seinem Bruder innehielt. »In deiner Machtgier hast du einen unserer Soldaten getötet, um mich in eine Falle zu locken. Du hast nicht einmal den Mut, deine Kämpfe selbst auszutragen!«
»Mut?«, fauchte Ulf. »Der fehlt mir ganz gewiss nicht, aber ich habe unserem Vater versprochen, deine Position als Laird nicht anzufechten. Er dachte, ich könnte den Clan nicht anführen, weil ich kein Tier in mir habe, das mir den Verstand vernebelt. Er hielt dich für seinen wahren Sohn, doch ich bin mehr wie er, als du es jemals sein wirst!«
»Du hast sein unbeherrschtes Naturell, jedoch nicht seine Stärke und seine Intelligenz.«
»Das ist eine Lüge! Ich bin alles, was er sich in einem Sohn nur hätte wünschen können, aber er hat mich nur danach beurteilt, wie mein Körper auf den Vollmond reagiert.«
»Geh in den großen Saal«, befahl ihm Lachlan. »Dort wirst du mir deinen Verrat erklären.«
Ulf schnaubte nur verächtlich.
So schnell, dass Emily die Bewegung fast nicht sah, versetzte Lachlan seinem Bruder einen gut gezielten Kinnhaken, der Ulf rücklings in den Schmutz beförderte, wo er bewusstlos liegen blieb.
»Bringt ihn in den großen Saal«, wies Lachlan zwei der Krieger an, die sich mit Drustan im Wald versteckt gehalten hatten, als Lachlan Talorc am See gegenübergetreten war.
Als die beiden Männer gehorchten, fragte er die anderen Soldaten, ob sie auf Ulfs oder seiner Seite standen. Die Männer fielen vor ihm auf die Knie, und einer ging sogar so weit zu erklären, sie seien angeblich nur von ihren Aufgaben abberufen worden, um Ulf zu helfen, ihren Laird zu schützen. Während ein schneidend kalter Wind heranfegte, der wie ein Vorbote dessen war, was kam, wurde die Geschichte des Soldaten von anderen bestätigt, und sie durften sich zurückziehen.
Lachlan ging in den großen Saal und sorgte dafür, dass sich außer seinen Chrechten und Emily und Ulf niemand anderer in der Burg aufhielt, bevor er Anweisung gab, die Tür zu schließen, und sie auf beiden Seiten von einem Chrechten bewachen ließ. Emily verstand jetzt, warum er darauf bestanden hatte, sich innerhalb der Burg mit seinem Bruder auseinanderzusetzen. Er beschützte die Geheimnisse des Rudels, wie alle chrechtischen Anführer der Clans es seit dem vorigen Jahrhundert taten.
Ulf, der inzwischen wieder bei Bewusstsein war, saß nun wutschäumend am Kamin, während Emily und Cait zwischen Drustan und Angus standen, die Sinclair'schen Chrechten direkt hinter ihnen. Je zwei Balmoral-Chrechten hatten sich rechts und links von Ulf postiert. Er warf ihr und Cait einen bösen Blick zu, bevor er sich an Lachlan wandte. »Was tun die Frauen hier?«
»Dein Verrat hat sich auch auf ihr Leben ausgewirkt. Sie haben ein Recht zu hören, was du zu deiner Verteidigung vorbringen wirst.«
»Ich muss mich nicht vor dir rechtfertigen.«
»Ob es dir passt oder nicht, ich bin dein Laird, und du wirst mir Rede und Antwort stehen.«
»Laird bist du nur deshalb, weil Vater dich beschützte, indem er mir dieses verdammte Versprechen abnahm.«
Lachlan schüttelte den Kopf. »Unser Vater wollte dich vor dem sicheren Tod bewahren, als er dir das Versprechen abnahm, meine Führerschaft nicht anzufechten. Aber das kümmerte dich ja nicht. Du hast trotzdem versucht, auf heimtückischem Wege die Kontrolle über den Clan zu übernehmen. Welche Ehre liegt darin, dem Willen deines Vaters zuwiderzuhandeln oder gar zu versuchen, den Sinclair dazu zu bringen, mich für dich zu töten?«
»Mehr Ehre, als dem erstgeborenen Bruder die ihm von Rechts wegen zustehende Position des Lairds zu nehmen!«
»Unser Vater verfügte, dass ich sein Nachfolger sein sollte. Das war sein gutes Recht.«
»Er hat die falsche Entscheidung getroffen. Es war mein Recht, den Clan zu führen!«
»Und zu welchem Zweck? Was hättest du für den Clan tun können, was ich nicht getan habe?«
Ulf funkelte ihn nur böse an.
»Du bist des Mordes schuldig.«
»Du schenkst deinem Feind mehr Glauben als deinem Bruder?«
»Du hast den Verrat nicht abgestritten.«
»Weil ich wusste, dass es sinnlos war, als ich euch vom Wehrgang aus zusammen sah. Mir war klar, dass ihr als Werwolfbrüder zusammenhalten würdet
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