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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Spinnweben. Die Kapuzenmänner hielten mit uns Schritt, zu Klauen gekrümmte Schattenfinger griffen nach uns, die Treppe nahm kein Ende, immer noch bohrten sich die Schreie wie rot glühende Eisen in unsere Schädel, und ich hatte nur noch einen Wunsch – dass der entsetzliche Lärm endlich verstummen möge.
    Dann erreichten wir den Fuß der Treppe und taumelten in eine kleine quadratische Kammer.
    Uns war so schwindlig, dass wir uns einfach auf den Boden fallen ließen. Die Kerzen entglitten unseren Händen und rollten über den Steinfußboden. Das Kreischen war nicht verstummt, und jetzt strömten die Schatten von der Treppe in die Kammer, wo ihre wirbelnden Schatten auf den Wänden in Raserei einen höllischen Tanz aufführten. Zerrissene Stricke baumelten an ihren Handgelenken.
    »Das sind die Mönche!«, rief ich aus. »Die Mönche, die hier ums Leben gekommen sind.«
    Sieben Mönche, hieß es in der Legende. Sieben Mönche, angeklagt der Ketzerei, im Brunnen ersäuft.
    Ich hob den Kopf. Der Boden schien unter mir wegzukippen. Im Schein einer heruntergefallenen Kerze erkannte ich eine mit Steinen eingefasste, runde Öffnung im Boden, schwarz und unergründlich. Und daneben …
    Zwischen uns und dem Brunnenloch lag eine kleine, zusammengekauerte Gestalt, ein armseliges Häufchen Lumpen und Knochen, mit einem Laken aus Spinnweben zugedeckt. Der Hals war verdreht, und ein viel zu weiter Jackenärmel streckte sich nach dem Brunnen aus, als wolle die Gestalt hinüberkriechen und sich in die Dunkelheit stürzen.
    Der Junge von Fittes hatte es also beinahe geschafft – aber dann hatte ihn das Kreischen eingeholt. In seiner panischen Flucht die Treppe hinunter musste er gestolpert sein und sich das Genick gebrochen haben.
    Wenigstens war es ein rascher Tod gewesen. Ich selbst konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen, so zerrte das Geschrei an meinem Verstand. Trotzdem rappelte ich mich hoch und sah, dass auch Lockwood und George wieder auf die Beine kamen. Aus Lockwoods Ohr sickerte Blut.
    Wie ein Betrunkener packte er uns an den Jacken und zog uns zu sich heran. »Die Quelle!«, brüllte er aus vollem Hals. »Irgendwo hier muss sie sein!«
    Er stieß uns wieder von sich. George stolperte rückwärts und kam dabei einem der Schatten zu nahe. Sofort schoss eine durchscheinende Hand mit langen, knochigen Fingern aus der Wand. Auf dem Unterarm sprossen weiße Härchen, vom Gelenk baumelte ein zerfetzter Strick. Die Hand wollte George packen, aber Lockwood war schneller. Er riss eine Salzbombe vom Gürtel und schleuderte sie gegen die Wand. Es regnete grün lodernde Körner und der Arm zog sich zurück. Der dazugehörige Schatten wiegte sich wie eine wütende Schlange hin und her.
    Torkelnd und taumelnd machten wir uns daran, die Kammer abzusuchen. Aber es war zwecklos. Es gab keine Türen, keine Wandvorsprünge, keine anderen Anhaltspunkte, nur die Wände, den Boden und die gähnende Brunnenöffnung.
    Ein weißer Blitz, ein Hagel aus Salz und Eisenspänen. George hatte eine Leuchtbombe nach einem Schatten in einer entfern ten Ecke geschleudert. Mörtel bröckelte von der Wand, die ganze Kammer bebte. An der Stelle, die George getroffen hatte, flackerten die Schatten kurz, dann setzten sie ihren Totentanz fort.
    In unserer Verzweiflung starteten wir einen letzten Angriff. Eisenspäne, Salzbomben, Griechisches Feuer – um die Schatten zum Verschwinden und das Kreischen zum Verstummen zu bringen, schleuderten wir alles, was wir hatten, mit Wucht gegen die Wände. Steine splitterten, Rauch stieg auf, Spinnweben fingen Feuer. Glühende Späne wirbelten in allen Regenbogenfarben umher. Doch die Schatten der ermordeten Mönche fuhren in ihrem wilden Tanz fort, unablässig kreischend.
    Und jetzt? Eine bleierne Schwere legte sich über mich. Wir würden die Quelle niemals finden, und jetzt waren auch noch unsere Waffengürtel leer, unsere Munition war aufgebraucht, unsere Kräfte waren am Ende … Meine Bewegungen wurden langsamer, bis ich wankend stehen blieb. George hatte seinen Degen gezogen und hieb blindlings um sich, mal in Richtung Wand, mal einfach in die Leere. Lockwood stand an der Brunnenöffnung, schaute sich hektisch nach allen Seiten um und suchte nach irgendeinem Ausweg aus unserer verzweifelten Lage.
    Armer Lockwood. Es gab keinen Ausweg. Unsere Gaben und unsere Waffen konnten hier nichts ausrichten.
    Ich ließ die Arme sinken und den Kopf hängen. Wir würden die Quelle nicht finden, niemals, und der Lärm

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