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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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hat uns sogar davon abgeraten, den Auftrag sofort anzunehmen. Er wollte erst ein paar Nachforschungen über das Haus anstellen. Aber du wolltest dir natürlich von ihm nichts sagen lassen!«
    »Natürlich nicht! Ich bin der Chef dieser Agentur. Ich bin dafür verantwortlich, dass –«
    »… vorschnelle Entscheidungen getroffen werden? Stimmt genau. Dafür bist du verantwortlich.«
    Wir standen uns mit verschränkten Armen gegenüber und funkelten einander böse an. Und das auf dem Treppenabsatz eines dunklen Geisterhauses. Dann wich Lockwoods finstere Miene einem freundlichen Grinsen, als wäre die Sonne durch die Wolken gebrochen.
    »Wie war das noch gleich, Luce? Von Ärger keine Spur mehr?«
    »Ja, ich bin sauer«, schnaubte ich. »Aber auf dich, nicht auf den Geist. Das ist etwas anderes.«
    »Da bin ich nicht so sicher. Was das Geld betrifft, muss ich dir übrigens recht geben.« Er klatschte in die behandschuhten Hände. »Du hast gewonnen. George wäre bestimmt nicht damit einverstanden, aber ich glaube, wir können es riskieren. Fürs Erste habe ich sie vertrieben. Das verschafft uns eine Atempause. Wenn wir uns beeilen, sind wir in einer halben Stunde hier fertig.«
    Ich bückte mich nach den beiden Taschen. »Zeig mir, wohin sie verschwunden ist.«
    * * *
    Die besagte Stelle befand sich im Arbeitszimmer: ein Stück Wand zwischen zwei Bücherregalen. Die verblasste Tapete löste sich oben schon ab. Ihr Muster deutete noch auf das ehemalige Schlafzimmer hin. Ranken mit aufgedunsenen Rosen schlängelten sich vom Boden bis zur Zimmerdecke.
    In der Mitte des Wandstücks hing eine farbige geologische Karte der Britischen Inseln. Auf dem Boden davor stapelten sich fast bis auf Hüfthöhe Fachzeitschriften. Zwei der Stapel waren mit verstaubten Gesteinshämmern beschwert. Mein ausgeprägter detektivischer Spürsinn verriet mir, dass Mr Hope von Beruf Geologe gewesen war.
    Ich betrachtete die Bücherregale und die ein bisschen vorspringende Wand dazwischen. »Ein alter Kamin«, stellte ich fest. »Und dadrin ist sie verschwunden?«
    »Sie ist schon verblasst, bevor sie die Wand erreicht hat, aber es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Quelle eines Geistes in einem Kamin befindet, oder?«
    Ich konnte Lockwood nur zustimmen. So ein Hohlraum konnte manche Überraschung bergen.
    Wir schufen erst einmal Platz, indem wir die Zeitschriftenstapel an die andere Wand verfrachteten. Dabei achtete Lockwood darauf, dass der Weg zum Schutzkreis frei blieb. Dafür mussten wir noch mehr Zeitschriften wegräumen. Die meisten stapelten wir neben der Zimmertür, manche sogar draußen im Flur. Beim Absetzen jeder zweiten Ladung hielt ich inne und horchte, aber alles blieb still.
    Als wir fertig waren, öffnete ich unsere Taschen, holte eine Büchse mit Eisenspänen heraus und streute einen Halbkreis auf den Boden, der sich zu dem verdächtigen Wandstück hin öffnete. Die beiden Endpunkte verband ich mit einer geraden Linie, die mit etwas Abstand parallel zur Wand verlief, sodass die Eisenspäne nicht von herunterfallenden Putzbrocken verschoben werden konnten. Der Halbkreis bot ausreichend Platz für Lockwood, mich und unsere Taschen. Ketten wären allerdings sicherer gewesen.
    Anschließend überprüfte ich den Schutzkreis in der Zimmermitte noch einmal. Bei unserer Räumaktion waren wir versehentlich ein paarmal über den Rand getrampelt. Ich reparierte den Schaden.
    Lockwood nahm die geologische Karte ab und lehnte sie an den Schreibtisch. Dann holte er die Petroleumlampen aus der Küche. Für das, was wir jetzt vorhatten, brauchten wir mehr Licht. Lockwood stellte die Lampen in den Halbkreis und richtete ihren Schein auf das Wandstück, das jetzt einer erleuchteten Bühne glich.
    Alle diese Vorbereitungen hatten eine Viertelstunde in Anspruch genommen. Schließlich standen wir nebeneinander im Halbkreis, Taschenmesser und Brecheisen gezückt. »Soll ich dir sagen, was ich vermute?«, fragte Lockwood.
    »Ich kann’s kaum erwarten.«
    »Das Mädchen wurde in diesem Haus umgebracht. Der Mord ist aber schon so lange her, dass sie irgendwann Ruhe gegeben hat. Dann hat Mr Hope hier sein Arbeitszimmer eingerichtet, und das hat sie aus irgendeinem Grund wieder aufgescheucht. Ich bin ziemlich sicher, dass hinter dieser Wand etwas steckt, was ihr gehört und was sehr wichtig für sie ist. Vielleicht ein Kleidungsstück oder ein Geschenk, das sie jemandem versprochen hatte. Oder –«
    »Oder etwas anderes«, schnitt ich ihm das Wort

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