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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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eines anderen Erwachsenen.« Er schenkte Barnes sein strahlendstes Lächeln.
    Der Inspektor verzog das grämliche Gesicht. »Grinsen Sie nicht so. Es ist früh am Morgen und ich hab noch nichts ge gessen … Moment mal, Kipps!« Quill Kipps ächzte unter der Last dreier riesiger durchsichtiger Plastikkisten. Zwei davon enthielten Fairfax’ Sammelalben, die als Beweisstücke galten, in der dritten lagen ein ordentlich gefaltetes Kettenhemd sowie die beiden seltsamen Eisenhelme. »Wo ist das zweite Schutzhemd?«, fragte Barnes.
    »Das hat der Tote noch an.«
    »Dann muss man es ihm ausziehen, bevor er noch mehr anschwillt. Kümmern Sie sich bitte darum?«
    »Aber nicht trödeln!«, warf George ein. »Hopp-hopp!«
    Barnes schaute Kipps missmutig nach. »Dabei fällt mir ein – die beiden Helme gehörten doch Fairfax, oder?«
    »Jawohl, Mr Barnes«, antwortete Lockwood mit Unschuldsmiene. »Wir haben uns schon gewundert, wozu die Dinger gut sein sollen.«
    »Sie dürfen sich weiter wundern, denn die Helme sind hiermit von der BEBÜP beschlagnahmt.« Der Inspektor zögerte kurz und zwirbelte seinen Schnurrbart. »Sagen Sie … Fairfax hat Ihnen nicht zufällig erzählt, warum er diese komische Schutzkleidung angelegt hat? Was er in diesem Haus eigentlich getrieben hat?«
    Lockwood schüttelte bedauernd den Kopf. »Er war viel zu beschäftigt damit, uns umzubringen.«
    »Wer könnte es ihm verdenken … Mir ist aufgefallen, dass an dem einen Helm die Schutzbrille fehlt. Haben Sie eine Idee, wo die geblieben sein könnte?«
    »Leider nein. Vielleicht war keine dran.«
    »Vielleicht.« Nach einem letzten argwöhnischen Blick trollte sich Barnes, um unsere Abreise nach London in die Wege zu leiten. Wir blieben, wo wir waren, zusammengesunken in den Bibliothekssesseln. Keiner sagte ein Wort. Irgendwer brachte uns noch einen Tee. Wir sahen aus dem Fenster und schauten zu, wie es über den Wiesen hell wurde.
    * * *
    Als ein paar Wochen danach ein Team von Aufräumspezialisten in Combe Carey Hall eintraf, stellten sie fest, dass die übersinnlichen Phänomene so gut wie verschwunden waren. Man hatte ihnen unseren Einsatzbericht zukommen lassen, deshalb gingen sie als Erstes daran, den Brunnen auszugraben. In beträchtlicher Tiefe entdeckten sie die Gebeine von sieben männlichen Erwachsenen, die ursprünglich mit Stricken aneinandergefesselt gewesen waren. Unsere Sprengung hatte die Stricke zerfetzt und die Knochen durcheinandergeschleudert, außerdem war alles mit Eisen- und Silberteilchen vermischt. Die Überreste wurden geborgen und entsorgt, und danach trat ein, was Lockwood vorhergesagt hatte: Auch das übrige Haus beruhigte sich. Unter den Steinfliesen in der Eingangshalle und in den Schränken in einem der Schlafzimmer kam noch die eine oder andere zweitrangige Quelle zum Vorschein, aber da die Geister der Mönche gebannt waren, verflüchtigten sich auch die schwachen Geister vom TYP EINS bald.
    Lockwood hatte sich sehr dafür eingesetzt, dass unsere Agentur an den Aufräumarbeiten beteiligt wurde, aber die neuen Besitzer des Anwesens hatten seine Anfrage rundweg abgelehnt. Es handelte sich um einen Neffen und eine Nichte von Fairfax, die auch die Leitung der Eisenwerke übernommen hatten. Trotz der Säuberungsaktion fühlten sie sich in dem Haus nicht wohl und verkauften es schon bald. Ein Jahr später zog dort eine Privatschule ein.
    Fairfax hinterließ keine direkten Erben. Wie sich herausstellte, hatte er nie geheiratet und keine eigenen Kinder. Vielleicht war Annabel Ward eben doch seine große Liebe gewesen, über die er nie hinweggekommen war.
    Die Überreste des Medaillons waren von Barnes’ Leuten zusammengefegt, in einem Silberglasbehälter verstaut und mitgenommen worden. Ob der Geist des toten Mädchens noch darin gefangen saß, oder ob Annie – wie ich vermutete – für immer von uns gegangen war, kann ich nicht sagen, denn ich bekam das Schmuckstück nie wieder zu sehen.
    Der dreißig Jahre lang verschollene Agent von Fittes wurde noch in der gleichen Nacht von seinen heutigen Kollegen aus der Brunnenkammer geborgen und weggebracht. Nach ein paar Wochen bekam Lockwood einen Brief von Penelope Fittes, der Chefin der Agentur und Tochter der legendären Marissa Fittes. Sie gratulierte uns zur Aufklärung des Falles und bedankte sich dafür, dass wir ihren Kinderfreund und damaligen Kollegen gefunden hatten. Sam McCarthy hatte er geheißen. Er war nur zwölf Jahre alt geworden.

Kapitel 26
    DER SCHRECKEN
VON

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