Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)
COMBE CAREY
DAS GEHEIMNIS DER KREISCHENDEN WENDELTREPPE GELÜFTET
EXKLUSIVINTERVIEW
MIT A. J. LOCKWOOD
Seit mehreren Tagen machen Gerüchte hinsichtlich der jüngsten Ereignisse in Combe Carey Hall und des plötzlichen Todes des Besitzers dieses Anwesens, des Fabrikanten Mr John William Fairfax, die Runde. In der heutigen Times können wir unseren Lesern die unglaubliche, aber wahre Geschichte jener Schreckensnacht präsentieren.
Sie wird erzählt von einer der Hauptpersonen, nämlich von Anthony Lockwood, dem Inhaber der Agentur Lockwood & Co. In einem Exklusivinterview mit unserem Reporter schildert Mr Lockwood den schreckenerregenden Schwarm gefährlicher Besucher, mit dem er und sein Team es in dem alten Herrenhaus aufnehmen mussten.
Bei ihrem Einsatz entdeckten sie Geheimtüren und -gänge und vor allem den berüchtigten Todesbrunnen im Keller des Hauses. Mr Lockwood erläutert zudem die Begleitumstände von Mr Fairfax’ tragischem Tod, der von der Geistersieche ereilt wurde und infolgedessen einem Herzinfarkt erlag. »Mr Fairfax hat den Westflügel trotz unserer Warnungen betreten«, sagt Lockwood. »Er war ein mutiger Mann und wollte die Besucher offenbar selbst in Augenschein nehmen, aber für Laien ist es immer lebensgefährlich, sich in einer befallenen Zone aufzuhalten.«
Mr Lockwood weihte uns auch in die neuesten Entwicklungen im Mordfall Annabel Ward ein. »Es sind Beweisstücke aufgetaucht, die belegen, dass der ursprüngliche Verdächtige, Mr Hugo Blake, unschuldig war. Auch wenn die Identität des Mörders weiterhin ungeklärt bleibt, freuen wir uns sehr, einen Unschuldigen entlasten zu können. Auch so etwas gehört zum Service unserer Agentur.«
Lesen Sie das ganze Interview auf Seite 4–5!
Nachruf auf John Fairfax auf S. 56
Eine Liste aufstrebender
Nachwuchsagenturen auf S. 83
* * *
Eine Woche nach unserer Rückkehr nach London, als wir uns gründlich ausgeschlafen und erholt hatten, fand in der Portland Row 35 eine Party statt. Es war keine besonders große Party, denn genau genommen waren wir drei die einzigen Teilnehmer, was Lockwood und George jedoch nicht daran hinderte, in großem Stil einzukaufen. George orderte im Laden an der Ecke eine gigantische Auswahl an Donuts. Ich besorgte ein paar Luftschlangen und dekorierte die Küche damit. Lockwood fuhr mit zwei geräumigen Einkaufskörben nach Knightsbridge und kam mit Würstchen und Chips, Kuchen und Keksen, Pizza und Pastete, Cola und Limo und lauter anderen Köstlichkeiten zurück. Als alles ausgepackt war, war unsere Küche unter den Bergen praktisch verschwunden. Es war das reinste Schlaraffenland.
Lockwood hob sein Glas. »Auf Combe Carey Hall und den Erfolg, den es uns beschert hat. Heute hat schon wieder ein neuer Klient angerufen.«
»Super«, sagte George. »Außer es ist wieder die Katzentante.«
»Keine Angst. Es war das Chelsea-Mädcheninternat. Im Waschraum neben dem Schlafsaal wurde eine Erscheinung gesichtet. Ein Mann ohne Arme und Beine, der auf blutigen Stümpfen über den Fußboden hoppelt.«
Ich nahm mir noch ein Würstchen. »Klingt vielversprechend.«
»Ich freu mich auch schon drauf.« Lockwood griff nach einem Riesenstück Pizza. »Das Interview in der Times hat’s echt gebracht. Endlich die richtige Art von öffentlicher Aufmerksamkeit.«
»Vielleicht liegt es auch daran, dass wir Combe Carey Hall nicht abgefackelt haben«, meinte George. »Allerdings ist diesmal unser Klient bei dem Einsatz draufgegangen. Ich würde mal sagen, das ist noch ein klitzekleines bisschen verbesserungswürdig.«
Lockwood schenkte uns allen nach. Wir futterten in einträchtigem Schweigen.
»Ich find’s blöd, dass Barnes dich überredet hat, nicht die Wahrheit über Fairfax zu sagen«, ergriff ich nach einer Weile wieder das Wort. »Es hätte öffentlich gemacht werden müssen, was er getan hat.«
»Da stimme ich dir voll und ganz zu«, erwiderte Lockwood, »aber seine Familie ist sehr einflussreich und seine Firma gehört zu den wichtigsten im ganzen Land. Wenn deren Boss plötzlich als Mörder und gemeiner Schuft entlarvt worden wäre, hätte das unabsehbare Folgen. Das konnte die BEBÜP nicht zulassen, erst recht nicht, wo das Problem täglich schlimmer wird.«
Ich legte die Gabel weg. »Und wenn es Folgen gehabt hätte – na und? Diese Vertuschungsaktion hat ja wohl nichts mit Gerechtigkeit zu tun , oder? Niemand wird je erfahren, was Fairfax wirklich für ein Mensch war, und was Annie Ward erleiden musste,
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