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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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erfahren.
    Barnes sah mich schräg von der Seite an. »Als sie mit Ihnen sprach, hat sie Ihnen da auch den Namen des Mörders genannt?«
    »Nein, Sir. Es waren nur … Bruchstücke. Sie wissen ja, wie Besucher so sind.«
    »Hmm … Marissa Fittes soll früher ausführliche Gespräche mit Geistern vom TYP DREI geführt haben und auf diese Weise vieles erfahren haben. Aber das ist eine seltene Gabe und diese Geister treten ebenso selten auf. Wir gewöhnlichen Sterblichen müssen uns mit den Brocken begnügen, die wir gelegentlich aufschnappen. Na gut … wir betreten jetzt gleich den Hochsicherheitsbereich. Wir sind fast am Ziel.«
    Wir waren über eine Betontreppe in ein tiefer gelegenes Stockwerk gelangt. In diesem Gang waren die Stahltüren noch dicker und zusätzlich mit Eisenbändern verstärkt. Neben manchen klebten Warnschilder an der Wand: gelbe Dreiecke mit einem grinsenden Totenkopf drin oder rote Dreiecke mit zwei Totenköpfen. Es war ziemlich kalt. Vermutlich waren wir im Keller.
    »Hören Sie, Miss Carlyle«, sagte Barnes. »Aufgrund dessen, was Sie in Erfahrung gebracht haben, rolle ich den Fall Annabel Ward wieder auf.« Er warf mir einen säuerlichen Blick zu. »Glauben Sie bloß nicht, wir hätten nicht ebenfalls kurz davorgestanden, Miss Wards Identität zu klären. Sie waren nur schneller, aber das kommt daher, dass Sie und Ihre Grünschnäbel von Kollegen nichts anderes zu tun haben, als überall Ihre Nase reinzustecken. Aber wie dem auch sei, ich bin ebenfalls der Meinung, dass Hugo Blake der gesuchte Mörder ist. Ich habe ihn heute verhaften lassen.«
    Mein Herz machte einen Satz. »Das freut mich!«
    »Allerdings …«, Barnes machte vor einer schlichten Eisentür halt, »… allerdings streitet er wie schon vor fünfzig Jahren alles ab. Er bleibt dabei, dass er Miss Ward vor ihrer Haustür abgesetzt hat, aber nicht mit ihr hineingegangen ist.«
    »Dann lügt er«, sagte ich.
    »Das tut er mit Sicherheit, aber ich brauche mehr Beweise. Und da kommen Sie ins Spiel. Bitte treten Sie ein.«
    Bevor ich etwas entgegnen konnte, hatte er mich durch die Tür geschoben. Wir standen in einem kleinen dunklen Raum, der bis auf zwei Stahlrohrstühle mit Lederbezug und einen kleinen Tisch völlig leer war. Die Stühle standen gegenüber einer Wand, in die eine große milchig graue Glasscheibe eingepasst war. In den Tisch waren ein Schalter und ein schwarzer Telefonhörer eingelassen.
    »Setzen Sie sich.« Barnes griff nach dem Telefonhörer und sprach hinein: »Ist er da? Gut.«
    Ich starrte ihn an. »Von wem reden Sie? Sagen Sie mir, was Sie vorhaben!«
    »Ein übersinnlicher Austausch, wie Sie ihn mit dem Geist der Toten hatten, ist erfahrungsgemäß etwas sehr Subjektives. So etwas lässt sich schwer in Worte fassen. Man erinnert sich nur an bestimmte Einzelheiten, andere vergisst man. Das Gehörte vermischt sich mit den eigenen Gedanken. Insofern ist es gut möglich, dass Ihnen Annabel Wards Geist mehr über die Umstände ihres Todes mitgeteilt hat, als Sie jetzt noch wissen. Zum Beispiel, wie ihr Mörder aussah.«
    Jetzt begriff ich, was er vorhatte. »Sie meinen, der Geist hätte mir Blakes Gesicht gezeigt? Nein. Ich habe erst jetzt ein Foto von ihm gesehen und ihn nicht wiedererkannt oder so.«
    »Bei einer persönlichen Gegenüberstellung könnte das anders sein. Wir werden ja sehen.«
    Ich geriet in Panik. »Ich möchte das aber nicht, Mr Barnes! Ich habe Ihnen alles erzählt, was ich weiß.«
    »Sie sollen ja nur einen Blick auf ihn werfen. Er kann Sie nicht sehen. Er sitzt vor einem Einwegspiegel. Er weiß nicht mal, dass Sie da sind.«
    »Bitte, Mr Barnes …«
    Der Inspektor ließ sich nicht erweichen. Er drückte auf den Knopf. Die Glasscheibe vor uns wurde gleißend hell, als die eingebaute Sichtblende nach beiden Seiten aufglitt und den Blick auf einen grell erleuchteten Raum freigab.
    In der Mitte des Raumes saß ein Mann auf einem Metallstuhl, das Gesicht uns zugewandt.
    Wenn man von dem Einwegspiegel einmal absah, trennten uns nur etwa zwei, drei Meter.
    Er war ein älterer Herr in einem eleganten schwarzen Anzug mit rosa Nadelstreifen. Seine Schuhe waren blitzblank geputzt, sein Schlips war hellrosa, und ein dunkelrosa Einstecktuch quoll aus seiner Brusttasche wie eine Flamme. Hugo Blake kleidete sich immer noch so auffällig modisch wie seinerzeit auf dem Schwarz-Weiß-Foto. Auch sein Haar war noch lang und dicht, wenngleich inzwischen grau, und fiel ihm in weichen Wellen auf die

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