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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Papieren bedeckte den Fußboden. Jemand hatte das Tuch von dem Geisterglas auf Georges Schreibtisch abgenommen. Der Plasmadunst um den Totenschädel fluoreszierte grünlich. Das körperlose Gesicht drehte sich darüber kläglich im Kreis.
    Im Degenraum war niemand, auch die Tür zum Lager war noch verschlossen. Blieb nur noch der hinterste Raum, in dem die Trophäen aufbewahrt wurden. Das Rascheln war lauter geworden. Offenbar wurde der Eindringling ungeduldig, weil er nicht fand, was er suchte.
    Wir erreichten den Durchgang und schauten hinein.
    Im Trophäenraum war es nicht völlig dunkel, was daran lag, dass die Glasbehälter auf den Wandborden im Dunkeln leuchteten. Einige von Lockwoods Sammlerstücken sind harmlos, zum Beispiel die Knochen und die blutbefleckten Spielkarten. Mit denen könnte man auch ein Kleinkind spielen lassen, da sie keine übernatürlichen Kräfte mehr besitzen. Andere hingegen sind immer noch aktive Quellen, was sich in den dunklen Stunden zeigt. Schwache Lichter glimmen dann hinter den Glaswänden – hellblau, gelb, lila, grün, rotbraun – gleitend, sich verändernd, auf der Suche nach einem Schlupfloch. Es ist ein wunderschöner, aber auch schauriger Anblick, dem man sich besser nicht allzu lange aussetzt.
    Ebendas aber tat der Eindringling.
    Ein Schatten stand neben den Regalen, eine ungeschlachte, schwarz gekleidete Gestalt. Er war breitschultrig und einen halben Kopf größer als Lockwood. Sein Mantel reichte ihm bis zu den Füßen, die Kapuze hatte er tief ins Gesicht gezogen. An seinem Gürtel blinkte ein langer Degen. Gerade inspizierte er einen kleinen Glasbehälter, den er in die schwarz behandschuhte Hand genommen hatte. Er hielt seine Taschenlampe darauf gerichtet. Das Licht wurde von dem geschliffenen Glas reflektiert und in schmalen Strahlen an die Decke geworfen.
    Doch was immer er auch suchte, das war es nicht. Er ließ das Glas achtlos auf den Boden fallen.
    »Möchten Sie vielleicht einen Tee, während Sie unser Haus verwüsten?«, fragte Lockwood höflich.
    Der Mann fuhr herum. Lockwood richtete die Taschenlampe auf sein Gesicht.
    Unwillkürlich schrie ich auf. Die Kapuze hing tief herunter und wirkte wie der scharfe Schnabel eines Raubvogels. Das Gesicht war von einer weißen Stoffmaske bedeckt. Die Augen waren schwarze, in den Stoff geschnittene Löcher. Auch anstelle des Mundes klaffte nur ein ausgefranstes Loch in dem weißen Stoff. Wer sich hinter der Maske verbarg, war nicht zu erkennen.
    Lockwoods Lampe blendete den Mann. Er hielt den Arm vor die Augen.
    »Guter Anfang«, sagte Lockwood. »Hände hoch. Beide.«
    Der Arm sauste blitzartig herunter, die Hand griff nach dem Degenknauf.
    »Es steht drei gegen einen«, sagte Lockwood freundlich.
    Mit leisem metallischen Singen wurde die Waffe gezogen.
    »Auch gut. Wie Sie wollen.« Lockwood trat mit erhobenem Degen einen Schritt vor.
    Unter den gegebenen Umständen mussten wir auf Plan C zurückgreifen. Der kommt üblicherweise nur bei mächtigen Gegnern vom TYP ZWEI zum Einsatz, erfüllt aber beim Kampf gegen Sterbliche ebenfalls seinen Zweck.
    Ich sprang nach links, George nach rechts. Mit vorgestreckten Waffen gingen wir auf den Eindringling los und trieben ihn in die Enge.
    Zumindest hatten wir das vor, aber der Maskierte zeigte sich unbeeindruckt. Er griff sich einen weiteren Glasbehälter, in dem es bläulich waberte, drehte sich blitzschnell um und schleuderte George das Glas mit voller Wucht vor die Füße. Der Verschluss sprang auf und ein Fingerknochen kullerte heraus. Gleichzeitig entwich ein fluoreszierendes Lichtwölkchen und verdichtete sich zu einer bläulichen Gestalt. Die Erscheinung nahm die Gestalt einer hüpfenden, missgestalteten, in Lumpen gehüllten Kreatur an. Das Wesen warf den Kopf zurück, breitete die Arme aus und stürzte sich mit einem Satz auf George.
    Mehr bekam ich nicht mit, denn der Maskierte schnappte sich zwei weitere Gläser und schleuderte sie auf Lockwood und mich. Das auf Lockwood gezielte Glas prallte vom Boden ab, blieb aber verschlossen. Das Glas, das für mich bestimmt war, zersprang in tausend Stücke. Es enthielt eine Haarspange, sechs gelbe Plasmaschwaden und ein ohrenbetäubendes übernatürliches Geheul. Die Plasmaschwaden schlängelten sich über den Fußboden, dann richteten sie sich wie angriffslustige Kobras vor mir auf. Mit energischen Degenhieben zerhackte ich sie in schmale Streifen. Manche davon verflüchtigten sich, andere verschmolzen wieder miteinander und

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