Lodernde Begierde
Deirdre war nicht zum Schweigen zu bringen, wenn sie erst einmal in Fahrt gekommen war.
»Was soll das hier eigentlich werden – im Dunkeln hocken und dich betrinken?« Sie marschierte zum Fenster und zog den Vorhang auf. Schrecklich grelles Licht fiel herein. Sie drehte sich zu ihm um und musterte ihn, die Fäuste in die Hüften gestemmt. »Es gibt jede Menge wichtige Dinge, um die du dich kümmern musst.«
Graham blinzelte gegen das Sonnenlicht, das seinen Kopf mit glühend heißen Nadeln malträtierte. »Mach das bitte wieder zu. Sonst bleicht der Teppich aus. Möglicherweise muss ich ihn bald verkaufen.«
Deirdre wedelte mit einem Stapel Papieren vor seinem Gesicht herum. »Du musst etwas tun, um Sadie zu helfen.«
Phoebe hatte Mitleid mit Graham und zog die Vorhänge ein Stück weit zu. »Deirdre, warum lässt du nicht einen Teil deines Zorns an Grahams abscheulichem Butler aus? Ich denke, wir könnten alle eine Tasse Tee vertragen. «
Deirdre atmete frustriert aus, drückte Phoebe den Papierstapel in die Hand und stürmte dann rechtschaffen erbost aus dem Raum. Armer Nichols.
Phoebe glättete die Blätter, während sie Graham betrachtete, der sich in den schweren Sessel hinter dem massigen Schreibtisch sinken ließ. »Das Zimmer ist sehr sonderbar«, sagte sie beiläufig.
Graham grunzte. »Ihr hättet es vor dem Lagerfeuer sehen sollen.«
Sie lächelte. »Es gibt nichts Schöneres als ein warmes Lagerfeuer. Aber der Bär gefällt mir. Das sieht aus, als wäre es So… Sadies Werk.«
Graham schloss die Augen. Im Geiste war sie ständig bei ihm. Was machte es schon, wenn ihre Spuren auch noch an anderen Stellen auftauchten. »Von ihr stammt die Schleife.«
»Ah.« Phoebe trat zu ihm und setzte sich auf den niedrigen Hocker neben seinem Knie. »Graham, ich kenne Euch noch nicht lange. Und Sadie kaum länger. Dennoch habe ich das Gefühl, dass sie Euch von ganzem Herzen liebt.«
Sie seufzte. »Sie ist so traurig.«
Sie war in Brook House. Natürlich.
Gesund und sicher.
Es war ihm egal. Vollkommen egal. Und doch verebbte die wirbelnde Sorge tief in seinem Innern, an ihrer Stelle machte sich Trauer breit.
Törichter, treuer Hund. Törichtes, treues Herz.
Er legte den Kopf in den Nacken. »Phoebe, was machte es schon, wenn sie mich liebt? Ich kenne die Frau nicht einmal.«
»Graham, wenn du nicht sofort mit diesem drögen Gejammer aufhörst, kippe ich dir diesen miserablen Tee auf den Schoß.«
Graham hielt die Augen geschlossen. »Oh, reizend. Deirdre ist wieder da.«
Geht dir dein Gejammer inzwischen nicht selbst auf die Nerven? Eigentlich schon. Er öffnete die Augen.
»Ich finde, Ihr solltet Euch allmählich wieder fangen«, meinte Phoebe.
»Ihr müsst aktiv werden«, stimmte Deirdre zu.
Doch sein wehes Herz brodelte. »Sie hat mich ruiniert! « Im finanziellen Sinne natürlich. Wenn er es genau betrachtete, hatte sie ihn auch emotional ruiniert.
Phoebe schaute ihn böse an. »Sadie hat es nur für Euch getan, Graham!«
»Sie hat gelogen!«
Deirdre schnaubte. »Eine Lüge. Eine klitzekleine Lüge. Du hast doch bestimmt auch schon mal jemanden angelogen, irgendwann … oder, Graham?«
»Aber …«
Phoebe mischte sich ein. »Sie war ganz allein!«
Das traf ihn zutiefst. Er wusste, wie sich das anfühlte.
Phoebe fuhr fort. »Ihr habt sie auf ein Podest gestellt. Das ist nicht fair. Früher oder später musste sie einen Fehltritt machen und abstürzen. Sie ist auch nur ein Mensch.«
Er hatte in ihr nicht nur den Menschen gesehen. Für ihn war sie eine Art … eine Art Idol gewesen. Ein Symbol für Wahrheit und Anstand und bla-bla-bla — Gott, wie hatte er seine im Kreis gehenden Gedanken satt!
Es war leicht, ihr an allem die Schuld zu geben, aber Edencourt war schon in Schwierigkeiten gewesen, bevor sie überhaupt auf die Welt gekommen war, und es würde noch sehr, sehr lange in Schwierigkeiten bleiben. Selbst mit einem überraschenden Geldsegen gab es keine Wunderheilung für das Anwesen. Es würde harte, ermüdende Arbeit werden, die er womöglich nicht einmal bewältigen konnte.
Er hatte geglaubt, er brauche Lilahs Geld – aber das war nur der alte Graham gewesen, der darauf hoffte, dass ihm jemand die schwierigen Sachen abnahm. Er hob den Kopf von seinen Händen und schaute Deirdre und Phoebe an.
Sadie Westmoreland hatte auch sie belogen. Sie hatte sie ausgetrickst und sie zum Narren gehalten und sogar versucht, ihnen ihr Erbe zu stehlen!
Himmel, sie hatte versucht, ihm sein
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