Loderne Glut
»Sie scheinen dem Professor ja wirklich viel zuzutrauen. Ich für meine Person glaube nicht, daß jemand Caulden zur Vernunft bringen kann, außer vielleicht durch ein paar Schüsse, die man auf jemanden abfeuert.«
Amanda schluckte und hoffte, daß ihr Gesicht ihre Panik nicht veriet. »Ich werde ihn holen. Hank weiß, wie man verhandeln muß. Wenn jemand meinen Vater überreden kann, dann er.«
»Es könnte zum Reden schon zu spät sein.« Whitey musterte sie auf eine unverschämte Weise von Kopf bis Fuß.
Amanda drehte sich von ihm weg und ging auf die Straße nach Kingman zu.
Grace mußte sich anstrengen, um mit ihrer Tochter Schritt halten zu können. »Was für ein schrecklicher Mann! Ich bekomme schon eine Gänsehaut, wenn ich ihn nur ansehe. Wo willst du denn jetzt so eilig hin, Liebes?«
»Zu Reva Eilers Haus«, erwiderte Amanda bitter.
»Du glaubst, Dr. Montgomery ist bei ihr?«
»Ja, das glaube ich. Er scheint sich immer mit Scharen von Frauen umgeben zu müssen.«
Grace stolperte über hohe Grasbüschel; ihre Absätze blieben in Erdlöchern hängen, ihr Rock an irgendwelchen Dornen, und ihr kleiner Hut rutschte ihr über das linke Auge, während sie sich bemühte, neben ihrer Tochter zu bleiben. »Ich habe ihn nur einmal mit dir zusammen gesehen, Liebes; aber ich hatte den Eindruck, daß er ziemlich verrückt nach dir ist.«
Amanda hielt kurz an, setzte dann aber ihren Weg in beschleunigtem Tempo fort. »Er schaut alle Frauen so an.«
»Kein Mann hat soviel Energie, daß er sich derart intensiv um zwei Frauen bemühen kann.«
»Hank besitzt eine Menge Energie«, erklärte Amanda über die Schulter hinweg, »unglaubliche Mengen von Energie. Er ist sehr ausdauernd.«
Grace hielt mitten im Schritt an, machte große Augen und betrachtete den Rücken ihrer Tochter. »Was für ein Glück für die Frau, die er liebt«, murmelte sie und beeilte sich dann wieder, Amanda einzuholen.
Amanda kletterte über den Zaun am Rande des Feldes und half ihrer Mutter, das Hindernis zu überwinden.
»Wollen wir etwa den ganzen Weg in die Stadt zu Fuß zurücklegen?« fragte Grace und rieb ihre schmerzenden Fußknöchel. Sie glaubte, an ihrem linken kleinen Zeh bereits eine Blase spüren zu können.
»Wir werden ein Auto anhalten.«
Grace drehte das Gesicht zur Seite, damit Amanda das Entsetzen nicht erkennen konnte. Jahrelang hatte sie nun zu Gott gebetet, daß ihre Tochter eines Tages Taylors Joch abschütteln möge, aber daß sie sich aus einem frommen Lämmchen binnen einer Woche in ein Wesen verwandelte, das mit erhobenem Daumen Männer in Autos zum Anhalten aufforderte, war mehr, als sie sich gewünscht hatte.
Schon der erste Wagen, der die Straße heraufkam, hielt neben ihnen an; aber er fuhr in die verkehrte Richtung. Der hübsche junge Sam Ryan beugte sich aus dem Fenster und lächelte Amanda zu.
»Ah - so treffen wir uns also wieder«, sagte er leise.
Amanda sah ihn aus schmalen Augen an. »Sam, ich möchte, daß du umdrehst und mich und meine Mutter zu Reva Eilers Haus bringst.«
Sam zog den Kopf aus dem Fenster zurück. »Tut mir leid, das geht nicht.« Offensichtlich hatte er Grace jetzt erst bemerkt. »Ich muß etwas für meinen Vater besorgen.«
»Wenn du mich nicht sofort zu Revas Haus fährst, werde ich zu deinen Eltern gehen und ihnen erzählen, was du mit mir vorhattest. Ich habe das zerrissene Kleid noch zu Hause im Schrank!«
Sam schnitt eine Grimasse. »Also gut, steigt ein, aber ich warte nicht auf dich vor Revas Haus.«
»Darum hat dich auch keiner gebeten«, schnaubte Amanda.
Amanda sprach kein Wort auf dem Weg zu Revas Wohnung. Sie gab nicht einmal ihrer Mutter Antwort, als Grace flüsterte: »Was hat Sam denn mit dir vorgehabt?« Amanda war viel zu sehr damit beschäftigt, innerlich gegen Hank Montgomery zu toben. Da dachte sie nun, sie würde ihn lieben und daß er ein edler Mensch sei, weil er den armen, wehrlosen Pflückern zu helfen versuchte, und dann tändelte er mit Reva Eiler herum. Und sie, Amanda, hatte Taylor noch geraten, sich Reva zur Frau zu nehmen! Wie naiv sie doch war, was Männer betraf! Reva hatte mit Hank im Gewerkschaftshaus geflirtet und Taylor dann auf dem Jahrmarkt becirct, sie nach Hause zu bringen.
Amanda begann sich schreckliche Dinge auszumalen, die sie Reva und Hank antun wollte, wenn sie die beiden zusammen erwischte.
»Wir sind da«, verkündete Sam mürrisch, »und damit sind wir quitt. Dad reißt mir den Kopf ab, wenn ich zu spät nach Hause
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