Loderne Glut
Mutter, du kannst doch Vater nicht verlassen, nur weil ich von hier weggehe.«
»Was gibt es denn hier noch für mich? Deinen Vater und mich verbindet nichts mehr, seit er mich für das, was er als Verrat betrachtete, bestrafte, indem er dich mir wegnahm. Ich habe nur so lange ausharren wollen, bis du Taylor geheiratet oder zu Dir selbst zurückgefunden hast. Ich konnte nicht eher Weggehen; wir konnten dich ja nicht alle verlassen. Aber jetzt hast du einen Entschluß gefaßt, und ich habe hier auch nichts mehr verloren.« Sie stand auf. »Bleib hier, ich komme so schnell wie möglich wieder zurück.«
Amanda setzte sich in den Liegestuhl und faltete die Hände im Schoß. »Wenn Hank mich haben möchte«, hatte sie zu Taylor gesagt. Es war nicht schwierig, nun einzusehen, daß sie ihn schon seit langem liebte. Sie zog eine Grimasse und überlegte, daß sie, bei all ihren Schwächen, doch immerhin einen starken Willen besaß. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, Taylor zu lieben, und trotz all seiner Schikanen, trotz seiner onkelhaften Küsse und der vielen Strafen, die er ihr auferlegte, hatte sie treu zu ihm gehalten. Doch Hank hatte ihr bewiesen, daß er mit ihr fühlte, daß er sie als Persönlichkeit respektierte, aber sie hatte sich in den Kopf gesetzt, ihn zu verabscheuen. Sie hätte sich mit ihrer Starrköpfigkeit fast in eine unglückliche Ehe mit Taylor hineinmanövriert.
Ihre vornehmlichste Sorge jedoch waren jetzt die Pflücker, aber wenn diese wieder abgezogen waren, würde sie zu Hank gehen und ihn um Vergebung bitten - selbst wenn sie vor ihm auf die Knie fallen mußte.
Ihre Aufmerksamkeit wurde nun auf zehn Männer gelenkt, die hinter den Bäumen aufgetaucht waren und sich auf das Haus zubewegten. Der Anführer der Gruppe war der Mann mit den auffälligen weißen Haaren - Whitey Graham.
Amanda sprang sofort auf die Füße. Das war zweifellos die Delegation der Arbeiter, die ihrem Vater die Beschwerden vortragen sollte, wie Hank ihr das angekündigt hatte. Sie begann zu laufen und erreichte die Vorderseite des Hauses just in dem Moment, als Taylor, J. Harker und zwei von »Bulldogge« Ramseys Hilfssheriffs auf die Veranda heraustraten. Amanda hielt etwas abseits im Schatten inne. Sie hatte das Gefühl, daß sie weder zu dieser noch zu jener Seite gehörte.
»Wir haben eine Liste von Beschwerden mitgebracht«, verkündete Whitey. »Wir sind ganz und gar nicht glücklich über die Verhältnisse, die auf den Feldern herrschen.«
J. Harker ließ nicht erkennen, ob er dem Mann zugehört hatte, er starrte nur geradeaus.
Whitey stieg auf die Veranda, so daß er auf gleicher Höhe mit J. Harker war. Taylor wollte ihn wegen seiner Unverschämtheit zur Rede stellen, doch J. Harker schob ihn beiseite.
»Sagen Sie, was Sie mir mitteilen wollen«, schnaubte J. Harker.
Whitey las eine Liste von sieben Beschwerden vor, zu deren Abhilfe man folgende Bedingungen stellte: Feldtoiletten, mehr Lagertoiletten, Trinkwasser, das auf die Felder gebracht werden sollte, Inspektoren, die auch aus den Reihen der Pflücker ernannt werden sollten; Limonade aus echten Zitronen und zum Schluß einen Lohn von einem Dollar fünfundzwanzig Cents für einen Zentner gepflückten Hopfen, ohne Bonus.
Alle hielten den Atem an, während J. Harker sich seine Entscheidung überlegte.
Bitte, betete Amanda im stillen, bitte stimme diesen Bedingungen zu.
J. Harker bequemte sich dann endlich zu einer Erwiderung: Er war mit der größeren Anzahl von Toiletten einverstanden, billigte dreimal am Tag eine Wasserlieferung zu und war sogar bereit, den Inspektoren, die aus den Reihen der Pflücker ernannt würden, zwei Dollar und fünfzig Cents pro Tag zu bezahlen. Aber er weigerte sich, die Akkordlöhne zu erhöhen.
Nun war es Whitey, der sich stur stellte. »Sie haben sich soeben Ihr eigenes Grab geschaufelt«, kündigte er im eisigen Ton an.
J. Harker schlug ihm mit dem Handrücken ins Gesicht: »Verschwinden Sie von meinem Grundstück!«
Im nächsten Moment brach die Hölle los. Einer von den Deputies wollte sich auf Whitey stürzen. Whitey lief die Verandastufen hinunter, während die neun Männer, die ihn begleitet hatten, nicht wußten, ob sie kämpfen oder davonlaufen sollten. Der zweite Deputy brüllte, daß Whitey verhaftet sei, worauf Whitey ihm erwiderte, er hätte keinen Haftbefehl, der ihn zu dieser Maßnahme berechtigte. Nach diesen Worten rannten Whitey und seine Männer vom Grundstück.
Amanda lehnte sich gegen das
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