Loderne Glut
Flammen der Hölle Dr. Montgomery verschlingen mochten!
»Lassen Sie mich das machen«, sagte Hank und kniete sich neben sie.
»Rühren Sie mich ja nicht an«, fauchte sie.
Er nahm ihr das Taschentuch weg und tauchte es ins Wasser. »Amanda, Sie sehen schlimm aus. Ihr Gesicht, Ihre Haare, sogar Ihre Kleider sind voller Schokoladencreme.«
Amanda spürte, wie ihr das Blut aus den Wangen wich. Sie hatte nie etwas getan, was Taylors echten, berechtigten Zorn erregt hätte. Was würde er wohl tun, wenn sie heute in diesem Zustand nach Hause kam?
Hanks Gesicht veränderte sich, als er Amanda erbleichen sah. »Sie haben Angst, nicht wahr?« fragte er leise. »Schlägt man Sie?«
»Natürlich schlägt mich niemand«, gab sie zurück, aber ihr Ton verriet ihre Zweifel.
Er stand auf, nahm ihre Hand und zog sie in die Höhe. »Gut - wir werden Sie wieder tadellos in Ordnung bringen. Wir werden Ihre Haare und Ihr Kleid waschen, und bis wir von hier wegfahren, wird alles wieder trocken sein. Sie sehen dann wieder so gut wie neu aus.«
»Mein Kleid waschen?« erwiderte sie entsetzt. »Meine Haare?«
»Natürlich«, sagte er. »Entweder das, oder Sie müssen sich in diesem Zustand Ihrem geliebten Taylor präsentieren.«
Einen Moment lang wog sie das Für und Wider ab und kam zu dem Schluß, fast alles sei besser, als sich in dieser Verfassung vor Taylor sehen zu lassen.
Hank beobachtete, wie die verschiedenartigsten Gefühle sich auf ihrem Gesicht spiegelten, und das erinnerte ihn an die Wanderarbeiter, wenn sie zwischen ihrem Wunsch, keine Probleme zu schaffen, und ihrem Verlangen, einer Gewerkschaft anzugehören und ihren Nöten Ausdruck zu verleihen, hin und her gerissen wurden. War Amandas Angst vor Driscoll tatsächlich so groß?
Hank erleichterte ihr die Entscheidung, indem er seine Hosenträger von den Schultern streifte, sein Hemd auszog und es ihr reichte. »Gehen Sie zwischen die Bäume, ziehen Sie dort Ihr Kleid aus und das da an. Wir waschen dann die Schokolade heraus, und das Kleid wird im Nu wieder trocken sein.«
Amanda blickte zu ihm auf, als er so vor ihr stand - im Unterhemd, mit entblößten breiten Schultern und muskulösen Armen. Und sein Anblick war weder abschreckend noch furchterweckend, wie sie geglaubt hatte, sondern tatsächlich eher erfreulich.
»Gehen Sie«, forderte er, und seine Stimme klang ein wenig tiefer als sonst.
Amanda erhob sich, ging um den Teich herum und trat in den tiefen Schatten der Bäume. Sie trug ein strenges Kleid mit geradem, eher jungenhaftem Schnitt, und im Augenblick hätte sie sich lieber ein zweiteiliges Gewand gewünscht, das ihr erlaubte, den Rock anzubehalten. Aber dies war nur einteilig. Und so zog sie es über den Kopf und entblößte einen knöchellangen Unterrock aus fleischfarbenem Chiffon mit einem breiten Rand aus Chantilly-Spitzen. Es war schon ein komisches Gefühl, so ohne lange Ärmel und hochgeschlossenen Kragen unter freiem Himmel zu stehen; aber sie empfand das auch als Vorteil - erfrischend für die Haut. Sie sah auf ihren Unterrock hinunter und betrachtete stirnrunzelnd die Spitzen. Von den Knien abwärts war das Gewebe so transparent, daß man ihre schwarzen Seidenstrümpfe hindurchschimmern sah. Abermals hielt sie sich Taylors Zorn eindringlich vor Augen, wenn er sie mit einem schokoladebekleckerten Kleid zu Gesicht bekäme.
Sie zog die Nadeln aus ihrem Haar und ließ es bis zu ihrer Taille hinunterfallen, schüttelte es, daß es sich fächerartig ausbreitete, und lächelte. Zuweilen waren ihre Haare so stramm nach hinten gezogen, daß ihr der Kopf weh tat.
Sie nahm Dr. Montgomerys Hemd und hielt es einen Moment ausgebreitet vor sich hin. Ihres Wissens nach hatte sie noch nie ein Männerhemd in der Hand gehabt und war überrascht über dessen Größe. Sie fragte sich, ob Taylors Hemden auch so groß waren.
Absurd, dachte sie und streifte sich hastig das Hemd über den Kopf. So weit konnte es nicht kommen, daß ich Taylor mit Dr. Montgomery vergleichen würde! Das Hemd reichte ihr nur bis zu den Knien, und darunter war ein mehrere Zoll breiter Streifen aus Spitzen, der mit ihren schwarzen, seidebekleideten Beinen Versteck spielte.
Ihr Kleid über dem Arm, trat sie zögerlich auf die Lichtung.
Dr. Montgomery lag, lang hingestreckt, auf dem Tuch, immer noch mit seinem Unterhemd und seiner Hose bekleidet. Er blickte zu den Baumwipfeln empor und machte den Eindruck, als schliefe er halb. Faul, dachte sie bei sich. Der Mann war ein Faulpelz.
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