Loderne Glut
Weile und lächelte. »Wann du mir auch immer erzählen willst, was passiert ist, werde ich bereit sein, dir zuzuhören.«
Amanda nickte. Sie fürchtete, sie würde zu weinen anfangen, wenn sie mit dem Erzählen begann. Sie gingen zusammen ins Haus. Taylor stand am oberen Ende der Treppe, als hätte er dort den ganzen Abend auf Amanda gewartet. Er wirkte schrecklich groß, sein Gesicht war so dunkel wie eine Gewitterwolke.
»Du kommst sehr spät nach Hause, Amanda«, tadelte er.
»Und sehr müde«, antwortete sie.
»Du begibst dich sofort in die Bibliothek. Ich will mit dir reden. Ich habe heute eine unglaublich hohe Rechnung über belegte Brote bekommen. Du bist mir eine Erklärung darüber schuldig. Und auch, warum du dein Haar gelöst hast.«
Amanda mochte sich das nicht länger anhören. »Ich bin zu müde, um in die Bibliothek zu gehen«, protestierte sie, »und die Rechnung für die belegten Brote kannst du von dem Geld abziehen, das du jahrelang für all die Mahlzeiten gespart hast, die ich nicht eingenommen habe. Entschuldige mich jetzt bitte, ich gehe ins Bett.«
Amanda war zu erschöpft, um sich zu überlegen, wie revolutionär ihre Worte eigentlich waren. Sie ließ einen wie gelähmt dastehenden Taylor zurück und eine strahlend lächelnde Mutter. Sobald sie in ihrem Zimmer war, zog sie sich das Kleid aus und den Unterrock und fiel in ihr Bett, ohne sich erst ihr Nachthemd anzuziehen.
Mrs. Gunston klopfte, wie üblich, kurz an, ehe sie am nächsten Morgen in Amandas Zimmer trat. Das Zimmer war ein einziges Chaos: Kleider waren über den Boden verstreut, Schuhe in eine Ecke geworfen, ein Unterrock über eine Stuhllehne gehängt. Die Bettücher lagen halb auf dem Boden, und quer über das Bett hingestreckt lag die nackte Amanda, deren rechter Fuß über den Bettrand herabhing.
Einen Moment lang war Mrs. Gunston zu verblüfft, um etwas sagen zu können. »Stehen Sie sofort auf!« rief sie dann. »Wie können Sie es wagen, Ihre Kleider so im Zimmer herumzuwerfen? Wie können Sie es wagen . . .«
»Verschwinden Sie!« knurrte Amanda wütend, drehte sich um und zog das Bettuch über ihre Brüste. »Verschwinden Sie aus dem Zimmer, und sagen Sie Martha, sie soll mir Kaffee heraufbringen. Starken Kaffee.«
Mrs Gunston gehorchte.
Amanda setzte sich auf und preßte die Hand an ihre Stirn. Der Kopf tat weh, und von der schrillen Stimme dieser Frau waren die Schmerzen nicht besser geworden. Sie blickte auf und sah Taylor im Türrahmen stehen. Jetzt kommt er zu mir ins Schlafzimmer, dachte sie. Nicht dann, als sie ihn gebeten hatte, ihr mehr Aufmerksamkeit zu schenken, sondern jetzt, nachdem ein anderer Mann sie . . . sie berührt hatte.
»Das gefällt mir nicht«, begann Taylor. »Damen schreien nicht.«
Amanda bemerkte wenigstens jetzt ein gewisses Interesse in seinen Augen, als er sie betrachtete, wie sie im Bett saß und das Laken unter die Achseln geklemmt hatte. Und etwas an seinem Interesse bereitete ihr ein wenig Übelkeit. »Ich muß mich anziehen, damit ich zur Arbeit gehen kann. Würdest du bitte so gut sein, auf den Flur zu gehen und die Tür hinter dir zu schließen?«
Aber Taylor bewegte sich noch weiter ins Zimmer hinein. »Amanda, ich kann dir nicht erlauben, heute in dieses Haus zum Arbeiten zurückzukehren. Der Chauffeur hat mir berichtet, es sei voller schmutziger Leute.«
»Der Name des Chauffeurs ist James, und ja, es sind schmutzige Leute; aber sie sind nur deswegen so heruntergekommen, weil sie kein Geld haben - sie sind zu arm, um sich etwas zu essen zu kaufen, oder einen Platz zum Schlafen zu finden.«
»Amanda«, herrschte Taylor sie bestimmt an, »ich verbiete dir, dort hinzugehen. Gestern abend hast du so despektierlich ausgesehen wie ein Feldarbeiter, und heute morgen . . .« Er brach ab und starrte sie an.
»Und heute morgen - was? Heute morgen sehe ich nicht aus wie deine Schülerin? O Taylor, bitte gehe hinaus, bevor wir zu streiten anfangen. Ich muß mich anziehen, und bitte sage nicht, daß du mir verbietest, zur Arbeit zu gehen, denn dann muß ich mich deinem Verbot widersetzen. Warte, bis die Hopfenernte eingebracht ist, bis alle Pflücker wieder fort sind, und dann werden wir über alles reden. Aber bitte zwinge mich nicht, jetzt etwas auszusprechen, was ich später bereuen würde.«
Taylor wußte nicht, was er darauf antworten sollte, während er rückwärts aus dem Zimmer ging und die Tür hinter sich schloß.
Amanda lehnte sich gegen das Kopfende des Bettes. Es
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