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Loderne Glut

Titel: Loderne Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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war so, als lebte plötzlich ein anderer Mensch in ihrem Körper. Sie hatte Mrs. Gunston angeschrien, vor der sie sich stets gefürchtet hatte, und hatte Taylor gesagt, daß sie nicht machen würde, was er ihr zu tun befahl.
    Sie langte zu ihrem Schreibtisch hinüber - dort befand sich ein neuer, von Taylor zusammengestellter Stundenplan. In diesem Augenblick sollte sie eigentlich unten im Speisezimmer sein, angetan mit ihrem pinkfarben und weiß gestreiften Seidenkleid, in dem sie aussah wie eine Achtjährige, und zwei pochierte Eier und eine trockene Toastschnitte essen.
    Sie warf den Stundenplan auf den Schreibtisch zurück. Es kam ihr verwerflich und frivol vor, hier im Zimmer zu bleiben und zu studieren, wenn so viele Menschen Hilfe brauchten. Frivol, dachte sie - ein Wort, das sie oft gebraucht hatte, um Hank zu charakterisieren.
    »Hank«, sagte sie laut und lauschte dem Klang dieses Namens. Er schien nicht passend für ihn zu sein. Er war zu neu, zu modern, zu unromatisch. Wie lautete der Name auf seinen Büchern? Sie nahm eines von dem Bücherbord neben dem Bett herunter und öffnete die Seite mit der Angabe des Urheberrechtes. Dr. Henry Raine Montgomery.
    »Raine«, flüsterte sie. Das hört sich nach einem Ritter aus alten Zeiten an - nach einem starken, verwegenen Mann, der für die Sache der gemeinen Leute zu kämpfen bereit war. Raine, dachte sie. Sir Raine. Besser noch - Lord Raine.
    Sie stand auf, streckte sich gähnend und zog ihr blaues Kostüm an. Es war zu dunkel, zu streng für ihren Geschmack, und sie überlegte, ob sie heute nicht bei ihrer Schneiderin vorbeischauen und ein paar neue Kleidungsstücke für sich aussuchen sollte: etwas, das Raine — äh, Hank - gefallen würde.
    Sie ging ins Badezimmer - zur falschen Zeit, wenn sie sich an ihrem Stundenplan orientiert hätte - und, einem Impuls folgend, klopfte sie an die Tür des Zimmers, in dem ihre Mutter ihre Tage zu verbringen pflegte, und lud ihre Mutter zum Frühstück ein. »Vater ißt meistens um diese Zeit. Vielleicht könnten wir zusammen essen, nur wir drei.«
    »Wie wir das immer getan haben, bevor . . .« sagte Grace; brach aber mitten im Satz ab. Sie brauchte nicht hinzuzufügen: »Taylor ins Haus kam.«
    Es wurde ein gemütliches Beisammensein daraus, und Amanda sprach nicht viel, da sich ihre Eltern, die offenbar Gesprächsstoff für mehrere Stunden hatten, lebhaft miteinander unterhielten. Amanda beschäftigte sich in Gedanken mit den Ereignissen der letzten Nacht. Vielleicht war sie in ihrem Urteil vorschnell gewesen; vielleicht wollte Raine - sie meinte Hank — sie wirklich haben. Vielleicht war sie nicht nur irgendeine Frau für ihn.
    Mit diesen Gedanken beschäftigt, wünschte sie ihren Eltern einen guten Tag und machte sich auf den Weg. Sie hatte keine Ahnung, wie verändert sie bei jedem Schritt wirkte. Taylor wartete auf sie bei der Limousine, und sie wappnete sich innerlich für die bevorstehende Auseinandersetzung.
    »Ich möchte dich bitten, nicht wegzufahren«, sagte er.
    »Ich werde dort gebraucht«, antwortete sie.
    »Du wirst hier gebraucht.«
    »Hier weiß niemand, daß ich überhaupt lebe. Ich verbringe den ganzen Tag mit Büchern und Papieren auf meinem Zimmer. Ich habe meine Eltern jahrelang kaum zu Gesicht bekommen. Bitte, mach es mir nicht noch schwerer, Taylor. Ich möchte das Gefühl haben, daß ich von Nutzen für jemanden bin.«
    Taylor legte seine Hände auf ihre Oberarme. »Du bist von Nutzen für mich«, sagte er in verzweifeltem Ton.
    Amanda hätte in diesem Augenblick fast gesagt, daß sie bei ihm bleiben würde, aber die Erinnerung an die hungrigen Kinder hielt sie davon ab. Wenn sie diesen Kindern in irgendeiner Weise helfen konnte, würde sie das tun. »Es ist doch nur so lange, bis die Hopfenernte eingebracht ist«, tröstete sie ihn. »Ich will dabei helfen, eine friedliche Gewerkschaftsbewegung aufzubauen.«
    »Gewerkschaft!« rief er, während seine Hände von ihren Armen herabfielen und der bettelnde Ausdruck von einer Sekunde auf die andere aus seinen Augen verschwand. »Du weißt nicht, wovon du sprichst. Diese Leute wollen dir das Essen aus dem Mund rauben. Sie wollen . . .«
    »Also kommst du ihnen zuvor und nimmst ihnen zuerst das Essen weg, ehe sie es dir wegnehmen können, nicht wahr? O Taylor, komme mit mir in die Stadt. Schau dir diese Leute an. Das sind keine Diebe. Das sind nur .. .«
    Er wich einen Schritt von ihr weg. »Du vergißt, daß ich seit acht Jahren mit deinem Vater

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