Loderne Glut
letzten Mal gesehen habe, waren sie unterwegs zum Grund des Teiches.«
Amanda kam sich ein wenig wie ein Trunkenbold am Morgen nach einer Zechtour vor. Nun würde sie den Preis für ihre Ausschweifungen bezahlen müssen. Sollte sie das Haus ihres Vaters nackt betreten? Dr. Montgomery und ich sprachen miteinander, und dann führte eines zum anderen, würde sie sagen. Sie hob sein Hemd vom Boden auf und schlüpfte hinein. »Was mache ich jetzt?« sagte sie, mehr zu sich selbst als zu ihm.
Hank setzte sich auf, bemühte sich vergeblich, seinen Ärger zu unterdrücken. Ihre einzige Sorge war, wie sie das, was sie getan hatte, vor Driscoll verbergen konnte. Es würde der Zeitpunkt kommen, an dem Amanda selbständig denken mußte - eine Zeit, in der sie sagen mußte, das ist es, was ich will. »Ich werde Sie nach Hause bringen«, sagte er schroff. »Wir werden Sie ins Haus schmuggeln wie in der Nacht der Tanzveranstaltung.«
Er sagte kein Wort davon, daß sie bei ihm bleiben solle, dachte Amanda. Kein Wort der Liebe. Nicht mit einer Silbe deutete er an, daß er vielleicht den Rest seines Lebens mit ihr verbringen wollte. Nur eine animalische Kopulation, und dann mußte sie wieder nach Hause. Sie hatte das verdient, oder etwa nicht? Sie war ihm nachgelaufen, hatte ihn aufgespürt. Er hatte die Caulden-Ranch verlassen, aber sie mußte ihm nachlaufen, war zu ihm in den Wagen gestiegen und hatte ihn gebeten, mit ihr zu schlafen. Wie lautete doch das alte Sprichwort? Hüte dich, dir Wünsche zu erfüllen, ohne an die Folgen zu denken. Nun hatte sie bekommen, was sie sich gewünscht hatte, und mußte den Preis bezahlen.
Sie stand auf. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich zu meinem Haus zurückbrächten«, sagte sie kalt. Sie war den Tränen nahe. Würde er zu Reva zurückkehren, oder würde er vielleicht dieses hübsche kleine italienische Mädchen aufsuchen, das er heute so eindringlich angesehen hatte, daß es selbst ihr aufgefallen war? Sie konnte es nicht ertragen, ihm in die Augen zu blicken. Obwohl sie so streng erzogen worden war, war sie in Wahrheit nicht besser als die Frauen, die am Rand der Stadt wohnten. »Ich werde schon einen Weg finden, unbemerkt ins Haus zu kommen.«
Er fuhr schweigend mit ihr zu ihrem Haus zurück. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Sie waren beide wütend und verletzt.
Amanda saß auf dem Beifahrersitz des Wagens, trug sein Hemd und ihre schwarzen Seidenstrümpfe, die knapp über die Knie hinaufreichten.
»Halten Sie hier an«, befahl sie und deutete auf das Ende der langen Caulden-Auffahrt, »ich werde von hier aus zu Fuß gehen.«
Er wurde noch wütender, weil sie ihn so rasch wie möglich wieder loswerden wollte. Wollte sie sich nun schnurstracks in die kalten Arme ihres Verlobten stürzen? »Er wird Ihnen das nie verzeihen, das sollten Sie wissen«, konnte Hank sich nicht verkneifen zu sagen.
»Nein, wahrscheinlich nicht.« Sie wußte nicht, wen er eigentlich meinte; aber das spielte keine Rolle, weil sie bezweifelte, daß ihr überhaupt jemand verzeihen würde. Sie stieg aus dem Wagen, und er machte sich weder die Mühe, ihr dabei zu helfen, noch sagte er ein Wort zum Abschied, bevor er den Wagen wendete und sie im Dunklen stehenließ.
Amanda wanderte langsam die lange Auffahrt hinauf und sah im Salon noch Licht brennen. Dort saß ihre Mutter in einem Sessel und las. Amanda reckte ihren Kopf zum Fenster. »Pst!« sagte sie.
Grace Caulden blickte auf, bemerkte ihre Tochter und ging ans Fenster. »Amanda, fehlt dir etwas? Du siehst aus, als hättest du einen Unfall gehabt.«
»Schlimmer als das«, erwiderte Amanda. »Mutter, könntest du mir ein paar Kleider holen? Ich habe meine — äh -verloren.«
»Aber gern, Liebes«, sagte Grace und verließ das Zimmer. Sekunden später war sie draußen im Dunkeln unter den Bäumen und hatte ein Kleid über dem Arm. »Dieser Drachen, Mrs. Gunston, drückte sich auf dem Flur vor deinem Zimmer herum. Ich mußte mich an ihr vorbeischleichen.«
»Sie hat tatsächlich etwas von einem Drachen, wie?« flüsterte Amanda, und hielt sich im Schatten, damit ihre Mutter nicht sehen konnte, wie nackt sie eigentlich war.
»Möchtest du mir vielleicht erzählen, warum du nur mit einem Männerhemd bekleidet nach Hause kommst? Sollte dieses Hemd zufällig Dr. Montgomery gehören?«
Amanda wollte ihrer Mutter darauf keine Antwort geben. Sie wollte nur auf ihr Zimmer und dort in Sicherheit sein.
Grace beobachtete ihre Tochter eine
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