Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
Vom Netzwerk:
in die Runde geschaut hat, hat jeder gewusst, was jetzt kommen wird – „Bitte Biermösel, jetzt nicht die Venen!“
    Aber da war es natürlich längst zu spät, und die Pädagogik hat ihren Lauf genommen. Er hat ruhig die Hand an die Wollstutzen gelegt und sie langsam hinuntergezogen. Da sind sie dann wahlweise alle miteinander herumgestanden oder sind gegeneinander gerannt oder haben geschrieen und geheult oder mit den Zähnen geknirscht, wenn er ihnen die Wetterstation erklärt und die Krampfadern gezeigt hat, „Nicht die Venen, Biermösel! Bitte nicht die Venen!“, hat er sie jammern gehört, aber er war unerbittlich:
    „Dann gesteht halt!“
    Wenn einer aber justament den Mantel vom Schweigen nicht hat ablegen wollen, dann hat er der Roswitha den Hilfssheriffstern an die Küchenschürze gehängt und ihr gesagt, sie soll das Zwetschkenkompott aus dem Keller herauf holen und das Magazin von der Schlagobersspritze durchladen. Dann hat er den gewissen Verdächtigen mit dem Klammergriff im Nacken und ein paar Tritten auf den Arsch in die Küche geholt, und die Roswitha hat getan, was sonst nur die Franzi Kubelik drüben im Puff von der Gachblonden tut, heilige Scheiße, aber spätestens dann ist der Biermösel immer zu einem schönen Geständnis gekommen, auch wenn die Küche nach so einem jenseitigen Erlebnis natürlich immer gar nicht schön anzuschauen war, außer man sagt: Schön versaut ist auch sehr schön.
    So und nicht anders hat der Biermösel vor seinem Unfall im Krautacker alle anstehenden Fälle zumindest in Richtung Anfangsverdacht umlenken können, und – da will er ehrlich sein – eine Riesengaudi hat er dabei natürlich auch immer gehabt, wenn er aufgeräumt hat wie die Anni den Saustall – Daumen rauf, Daumen runter, da war er ganz Nero. Die Braven vorne hinaus bei der Wirtshaustür in die Freiheit, die Bösen hinten hinaus Richtung Schießstand. So haben er und die Roswitha mit vereinten Kräften das Verbrechen in die Schranken gewiesen und Aussee ist nicht Goisern geworden, wie sich die Roswitha noch um ihn gekümmert und ihn nicht dem Hungertod überlassen hat, während heute Goldhaubendiebstahl und Opferstockraub sein tägliches Brot sind.
    Wie sich dann sein Gendarmerieposten langsam in eine Eishöhle verwandelt und er selbst sich in einen Eisbären mit gewaltigen Zahnschmerzen, da fragt sich der Biermösel, ob er sich nicht lieber gleich ins Krematorium drüben in Gmunden legen soll, bei der Arschkälte und bei seinen Problemen oben und unten herum wäre das vielleicht wirklich das Gescheiteste, wenn er sich noch heute der Feuerbestattung überantworten täte, Herrgottnocheinmal, er hat so einen Hunger, dass er die Ledertasche fressen könnte, in der er immer die Schmalzbrote transportiert, und er hat solche Schmerzen, dass er sich wieder einmal ein bisserl sehr über die moderne Zahnheilkunde ärgern muss, die ja leider bis heute keine Mittel und Wege gefunden hat (die moderne Zahnheilkunde selbst als Mittel und Weg lehnt er rundheraus ab!), wie sie die gequälte Kreatur von einem verfaulten Zahn befreien könnte, ohne dass die gequälte Kreatur dabei am Schmerz zugrunde geht oder sich vor Angst in die Hose scheißt.
    Vielleicht, überlegt er jetzt, wie er sich wimmernd zusammenkrümmt und mit dem Schädel ein Loch in die Wand schlägt, vielleicht wird er sich heute nach Feierabend durch die meterhohen Schneewände hinter dem Auerhahn zum Schießstand hindurchkämpfen und sich dort vor den Rotbuchenscheiterstoß stellen. Vielleicht wird er dann der Roswitha wieder den Hilfssheriffstern anlegen und ihr die Glock in die Hand drücken, wenn die heute vielleicht gnädigerweise irgendwo zu finden sein wird. Und vielleicht wird er dann ihr die Verantwortung für die endgültige Lösung von seinem Schmerzproblem und allen anderen Problemen auch übertragen, „Schieß endlich! Sonst bist du mir ja eh keine Hilfe mehr!“
    Wie der Biermösel vor drei Jahren den furchtbaren Schmerz oben auf L 6 zum ersten Mal gespürt und mit der Zunge ertastet hat, war ihm als erfahrenem Schmerzpatienten sofort klar, dass es sich bei dem Krater um ein Loch handeln muss, da macht ihm heute keiner mehr was vor, da ist er ganz fernöstlicher Chinese, wenn es um die Löcher in seinen wenigen verbliebenen Beißwerkzeugen geht. Wie sonst nur der Leguan im Affenbrotbaum, erfühlt und ertastet auch der Biermösel die Welt um sich herum mit seinem langen und empfindsamen Schlapfen, nur leider halt, dass er damit nie

Weitere Kostenlose Bücher