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Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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liest. Also hebt er sofort den mahnenden Zeigefinger und sticht dem Krisper damit mitten hinein ins Auge, damit er nicht mehr so gut lesen kann. Dann befiehlt er ihm, dass er sich gefälligst niederknien soll.
    Der Biermösel hat sich nämlich zu einem weiteren Akt der Selbstjustiz hinreißen lassen. Zwar könnte er die Sache wegen der falschen Medikamentierung auch mit Hilfe von einem Patientenanwalt regeln, aber warum sollte er das tun, wenn er stattdessen endlich einmal im Leben über eine menschliche Leiter die Fips besteigen kann? Also tritt er dem knieenden Herrn Doktor mit den schweren Bergschuhen zuerst auf die Füße, dann auf die Knie, dann auf die Schenkel, dann in den Schritt, bevor er – „Hoppala!“ – noch einmal abrutscht und er ihm – „Aua!“ – auf die zarten Doktorhände springt und dort stehen bleibt, „tut das weh?“
    „Ja!“
    „Gut“, sagt der Biermösel zufrieden mit der Wirkung der blauen Tabletten, und zum Drüberstreuen verpasst er dem Krisper gleich noch eine Kopfnuss. „Warum also Tauchurlaub?“
    „Weißt du, Biermösel, hat Lindbichler ja sehr schlechte Haut, schlechter als Roswitha, sprich: Lichtkrankheit, was heißt: verträgt keine Sonne. Wenn Lindbichler sich bewegt, dann er staubt wie Bett von Frau Holle, aber hab ich mir zugelegt kleine Handstaubsauger, also kein Problem für mich als Herr Doktor, verstehst?“
    „Und weiter? Kruzifixnocheinmal, du kannst wirklich ganz schlecht erzählen!“
    „Hat Lindbichler oft gesagt: Doktor, deine Salbe ist keine Hilfe, deine Salbe ist eine Haufen Scheiß. Hilfe ist es nur, wenn Franzi Kubelik mich berührt ganz sanft mit ihre kleine, zarte Finger, dann liegt meine Seele auf Engelshaar, hat er gesagt.“
    „Das hat er gesagt?“, wiederholt der Biermösel skeptisch, wie er endlich von der zerquetschten Hand vom Doktor Krisper heruntersteigt und ihm einen gewaltigen Arschtritt verpasst, der ihm signalisieren soll: Jetzt ist es an der Zeit, dass du mich die paar Hundert Meter weit anschiebst, die wir bis zur Abzweigung nach Goisern hinaus brauchen, solange wird das schon dauern, bis bei dem Sauwetter endlich der Motor anspringt.
    „Und jetzt erzähl weiter!“
    „Hat Lindbichler auch oft geträumt, dass er möchte fahren mit Franzi Kubelik in U-Boot mit Namen Nautilus hinunter zu Tiefen von Ozean, wo kein Licht mehr kommt hin und seine Haut nicht mehr verbrennt. Weiß jeder in Ort, dass er oft mit Franzi Kubelik in Unimog ist hinausgefahren zu Mitte von zugefrorene See, was ist verboten zwar, wo er aber hat mit ihr geträumt von bessere Leben in andere Welt in Wasser unten...“
    „In Wasser unten?“
    „In Wasser unten, freilich. Und wo er ihr morgen, Heilige Abend, hat schenken wollen kleine Schneegestöber mit Eifelturm von Paris drinnen, was hat höchste Lift von Welt und was hat er ihr gekauft auf Weihnachtsmarkt in Ischl drüben als Geschenk, sprich: Romantik pur.“
    Normalerweise lässt der Biermösel ja immer einen sehr schönen fahren auf das immer weiter um sich greifende Problem mit der Romantik pur. Aber jetzt kommen auch ihm die Tränen, wie der Doktor Krisper vom Lindbichler und der Franzi Kubelik erzählt, und je langsamer und beschwerlicher es durch die immer gewaltigeren Schneestürme vorwärts geht, desto stärker nagt auch in ihm die Gewissheit, dass dem armen Kerl was passiert sein muss und er die Straßen nie wieder wird räumen können.
    „Ist Wollatz verschellt, ist Lindbichler verschellt, sind wirklich viele verschellt in letzte Zeit“, leistet sich der Doktor Krisper keuchend eine kleine Spitze gegen die Ermittlungserfolge vom Biermösel, „muss ich mir machen Sorgen um gute Menschen in schäääne Gegend?“
    „Musst du dir ausschließlich machen Sorgen um dich in tiefe finstere Wald drinnen“, denkt sich der Biermösel nach weiteren zwei Kilometern auf der Bundesstraße, nach denen er endlich merkt, dass er den Doktor Krisper an der Abzweigung nach Goisern verloren hat, freilich nicht ganz ohne Absicht dahinter, sondern mehr aus Gründen der Pädagogik.
    Der verwechselt keine Tabletten mehr, ist sich der Biermösel jetzt fast sicher, wie er sich endlich mit einem schönen Kreisel einbremst und auf den Giftmischer wartet.
    Der Biermösel probiert skeptisch ein paar weitere von den blauen Tabletten, die ihm aber noch nicht ganz so gut schmecken wie die gelben, an die hätte er sich wirklich gewöhnen können, wenn sie nicht den genau gegenteiligen Effekt gehabt hätten, aber geschmacklich:

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