Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kaufhold
Vom Netzwerk:
beim Reißverschluss meiner Jeans, lieber einmal zu viel kontrolliert. Zwei Minuten habe ich damit verbracht, das richtige Klingelschild zu suchen. Dann bin ich noch mal auf die Straße, um die Hausnummer zu überprüfen, und hatte den Eindruck, als hätte sich oben etwas hinter der Fensterscheibe bewegt, bin dann schnell wieder in den Eingangsbereich, damit es nicht so aussieht, als würde ich die Hauswand hochstarren.
    Das Klingelschild ist kaum zu entziffern, ausgerissenes Karopapier, handbeschrieben, Tesafilm, der sich wellt. Das Wort sieht viel länger aus als Kohen.
    Okay, Augen zu und durch. Da oben wartet schließlich David auf mich. Auf mich ! Hilfe, oh mein Gott, ich habe geklingelt !
    »Vierter Stock.«
    Das war seine Stimme in der Sprechanlage, ich flippe aus.
    Vierter Stock, dabei habe ich doch Höhenangst, hoffentlich will er nicht mit mir auf dem Balkon sitzen. Eine kurze Pause in Etage zwei, damit ich nicht hechelnd bei ihm ankomme. Gleich muss es um die letzte Ecke gehen, ich teste schon einmal mein herzlichst-erotischstes Lächeln, reiße die Schlupflider auf, die letzte Biegung – nichts. Die Tür ist angelehnt, aber da steht niemand. Kein David-Empfangskomitee, kein strahlendes Lächeln, keine ausgebreiteten Arme, keine Herzchengirlande, knallende Sektkorken, kein Willkommensschild, Feuerwerk, nicht einmal ein winziger Knallfrosch springt mir entgegen.
    »Hallo ?«, flüstere ich durch den Türspalt.
    Mit einem Ruck reißt David die Tür auf.
    »Anna ! Entschuldige, ich habe noch schnell den Weißwein aus dem Eisfach geholt. Nicht dass die Flasche platzt. – Schön, dass du da bist. Komm rein !«
    Er umarmt mich, sodass meine Wange für einen kurzen, viel zu kurzen Moment seine Brust berührt, bis ich ihm mit meiner zitternden Hand ein paar Mal auf den Rücken klopfe. Warum zum Teufel tue ich so was ?
    »Soll ich dir erst mal die Wohnung zeigen ?« David kickt einen Sneaker zur Seite, der in einem Haufen einander sehr ähnlicher Turnschuhpaare landet. Ich ziehe meine dunkelblaue Lederjacke aus und halte sie unschlüssig im Arm. »Also, das hier rechts ist mein Zimmer.«
    Mein Zimmer ? David öffnet die Tür, an der ein Poster klebt mit einem Mountainbiker, festgefroren im Salto über einer gefährlich aussehenden Felsspalte. Da stehe ich also in einem typischen Studentenzimmer und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Das warme Willkommen einer längst verdrängten Zeit, so viel ist sicher.
    Schreibtisch, weiße Billy-Regale − immerhin besser als Buchenfurnier −, aufgeschlagene Bücher und Ordner, zwei riesige Bandposter, Tocotronic und irgendwas Französisches, ein BMX -Rad, das in einer Halterung an der Wand hängt, ziemlich viele Pflanzen, von denen ich spontan nur einen Bonsai erkenne, und, oh nein, ein Hochbett. Wo ist denn die Leiter ? Und das Sicherheitsgitter ? Die Matratze endet ja einfach in der Luft. Ich schlafe an der Wand, das ist schon mal klar.
    Wahrscheinlich denkt David überhaupt nicht so weit, vielleicht bin ich einfach nur eine Messebekanntschaft, eine von vielen, die er zum Branchentalk eingeladen hat. Berufsfindungsphase Teil eins: Netzwerken und Orientierung. Gleich kommen die anderen zur Visitenkartenparty. Ich bin ein Geschäftstermin !
    Hm, ein Jackett hat David diesmal nicht an, was vermutlich gegen meinen Verdacht spricht. Jeans, ein hellgraues T-Shirt und ziemlich abgelatschte Adidas-Sneaker. Wie gut er darin aussieht. Jetzt sieht man erst mal, was für ein wohlgeformter Oberkörper sich da unter dem dünnen Stoff verbirgt.
    »Möchtest du ein Glas Wein ?«
    »Ja, gern.«
    Er nimmt mir die Jacke aus der Hand, wobei sich unsere Hände leider nicht wie zufällig berühren, und legt sie über die Lehne des Schreibtischstuhls.
    »Mach’s dir bequem. Bin gleich wieder da.«
    Während ich David in der Küche mit den Weingläsern hantieren höre, sehe ich mich blitzschnell auf seinem Schreibtisch um. Der Schreibtisch eines Mannes verrät ja oft mehr über ihn als sein Bücherregal. Das muss warten. Erster Eindruck: mittel ordentlich. Zwei Stapel, deren Blätter entweder in Eile zusammengepackt wurden oder einer kreativen Chaoslogik folgen. Ich tippe auf eine Mischung aus beidem. Kugelschreiber und schwarze Eddings in einem blauen Kaffeebecher. Zwei gelbe Notizzettel, die auf dem Laptop kleben, auf einem steht: »Bett neu beziehen« – hihi –, auf dem anderen: »Lea anrufen«. Moment. Lea ? David hat eine richtig schöne Schrift, klein, aber schwungvoll,

Weitere Kostenlose Bücher