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Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kaufhold
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Karohemd zurecht, das ihr über die rechte Schulter gerutscht ist, und kassiert bei einem Typen mit schwarzer eckiger Brille ab, ich drücke die Zigarette aus und schiebe mir ein Kaugummi in den Mund. Ich wünschte, diese ganze Vorstellerei wäre schon vorbei. Ich würde viel lieber direkt zum Auswertungsgespräch mit Rosalie übergehen und die zentrale Frage: Und, wie findest du ihn ? ! in unzählige Aspekte zerlegen und jeden davon einer ausgiebigen Analyse unterziehen. Zum Beispiel: Davids Nase. Das liegt auf der Hand. An wen erinnert dich seine Nase ?, würde ich gespannt fragen, und Rosalie würde antworten: An Adrien Brody – aber nur weil du mir schon mindestens zwanzig Mal erzählt hast, dass er eine Adrien-Brody-Nase hat. Ich: Ach wirklich ? Weiß ich gar nicht mehr. Okay, dann nehmen wir an, ich hätte es dir noch nicht erzählt, an wen würde sie dich dann erinnern ? Rosalie: an Gérard Depardieu. Ich: Du spinnst ! Und so weiter und so fort, manche Themen gestalten sich ergiebiger als andere.
    Habe dieses David-Rosalie-Vorstellungsgespräch so weit wie möglich hinausgezögert, geschlagene fünfeinhalb Wochen habe ich mir alle möglichen Ausreden einfallen lassen: David und ich, wir wollten ja vorbeikommen, wirklich, hatten aber leider eine ganz üble Lebensmittelvergiftung, die drei Stücke Sachertorte müssen schlecht gewesen sein, ich erspare dir Details. Wir mussten dringend Anti-Atomkraft-Plakate aufhängen, wer weiß, was sonst passiert wäre ! Bis Rosalie auf den Tisch gehauen und gesagt hat, es wäre langsam albern – ob David mir vielleicht peinlich wäre. Oder ob sie mir womöglich peinlich wäre.
    Das ist es nicht, es ist nur …
    »Annachen, mach nicht so ein Gesicht. Was soll denn schon passieren ? Wir werden uns nett unterhalten, ein Bier zusammen trinken, und alles ist gut.« Rosalie füllt mein leeres Sektglas auf und drückt es mir in die Hand. Ich nippe nur daran, schließlich muss ich einen kühlen Kopf bewahren.
    »Ich weiß gar nicht«, brülle ich gegen die Musik an, »ob David überhaupt Bier mag. Mit mir hat er bislang immer nur Wein getrunken. Kann aber auch daran liegen, dass ich immer Wein trinken wollte. Meinst du, ich zwinge ihm zu sehr meinen Geschmack auf ?«
    »Mein Gott, Anna.« Rosalie streicht sich ein paar Haarspitzen aus Stirn und Augen. »Du bist wirklich durch den Wind. Du wirst sehen, das ist alles ganz unkompliziert.«
    Ich bin mir unsicher. Was, wenn Rosalie einen Lachanfall bekommt, sobald sie David sieht ? Was, wenn sie findet, ich sehe aus wie seine Mutter ? Habe mir heute extra noch den grauen Ansatz gefärbt, ich muss das jetzt alle drei Wochen machen. Früher, bevor ich David kannte, ist mir der Ansatz erst nach zwei Monaten aufgefallen. Gemein, dass ich überhaupt schon so grau bin. »Dein Onkel Erik«, tröstet mich meine Mutter immer, »der hatte schon mit achtzehn schlohweißes Haar.« Na, vielen Dank auch.
    »Sieht man an meiner Stirn noch den braunen Haarfärberand ?«, frage ich Rosalie und strecke meinen Kopf über die Theke. Habe heute im Eifer vergessen, vorab Creme aufzutragen, um die überschüssige Farbe anschließend leichter von der Stirn abzubekommen, und musste dann wild rubbeln.
    »Ist ein bisschen rot, aber Farbe sehe ich keine mehr.«
    Ich versuche, mir aus meinen schulterlangen Haaren einen Pony zu formen, um die gerötete Stirn zu verdecken, aber das Ensemble fällt sofort wieder in sich zusammen. Was soll’s, sah vermutlich eh aus wie eine Opa-Frisur, bei der die langen Haare der einen Seite einmal quer über den Kahlkopf gelegt werden. Rosalie krempelt die Ärmel ihres Hemds hoch und stülpt Glas um Glas auf die Spülbürste. Hin und her drehen, auf und ab schieben, und während ich über den Spülschaum meditiere, spüre ich auf einmal warmen Atem in meinem Nacken. Dann berühren mich weiche Lippen sanft oben am Rücken, ich fahre herum.
    »David !« Schnell ziehe ich den Aschenbecher zu mir heran und lasse mein Kaugummi aus dem Mund hineinfallen, ein bisschen Spucke kommt auch mit, wie peinlich.
    »Hey.« Er küsst mich noch einmal, diesmal auf den Mund, und seine Lippen bleiben etwas zu lange dort, als dass der Kuss noch als Begrüßungskuss durchgehen könnte. Noch ein bisschen, nicht aufhören, bitte. Ich hatte ganz vergessen, wie gut sich öffentliches Knutschen anfühlt.
    Als wir uns voneinander lösen, strahle ich David an, dann über den Tresen hinweg Rosalie, die aufgehört hat zu spülen.
    »Äh, Rosalie, das ist

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