Löffelchenliebe (German Edition)
unseren (natürlich unseren !) Kindern aufregende Dinge zu unternehmen. Er würde mit ihnen auf einem kleinen Flüsschen Kanu fahren, mit dem Fernglas Vögel beobachten, ausgedehnte Radtouren machen, Bäume hoch- und runterklettern und schnorcheln im Urlaub auf Sylt, während ich die Beine hochlege, genüsslich in mein Krabbenbrötchen beiße und gut gelaunt aus dem Strandkorb winke.
Sechs
F r agen kostet nichts«, verkündet Ina mit einer Heftigkeit in der Stimme, die ich an ihr bislang nur gehört habe, wenn sie ihren kleinen Zwillingsmonstern gegenüber den Befehlston anschlägt. Paul, Piet, Köpfe aus dem Klo !
»Ich an ihrer Stelle würde noch ein bisschen warten«, entgegnet Rosalie zögerlich und schielt zu mir hinüber. Hans und Harald haben Biertische und Bänke vor dem Rosalies aufgestellt, und Rosalie hat auf jedem Tisch kleine Jägermeisterflaschen als Vasen mit Gänseblümchen drapiert. Wir sitzen unter einer hellgrünen Linde, von der irgendein klebriges Zeug auf unseren Tisch tropft. Ich glaube, das ist Blattlauskot.
»Wie lange soll sie denn noch warten ?«, echauffiert sich Ina und knallt ihren Aperol Spritz auf den Tisch. »Bis es zu spät ist ? Die Kinderfrage klärt man im allerersten Beziehungsmonat. Sie ist schon ausgesprochen spät dran !«
Ich nuckle an meiner Bionade-Flasche und tue so, als ob es nicht um mich ginge. Wenn jemand etwas von mir will, kann er mich ja direkt ansprechen. Lasse mir stattdessen die Sonne aufs Gesicht scheinen und schiebe mein gestreiftes Shirt ein Stück hoch, damit auch mein Bauch etwas Licht abbekommt. Der hat den ganzen Winter über ein trauriges Schattendasein fristen müssen, und so sieht er auch aus. Mädels, wir sind ja unter uns. (Hans und Harald, die mit einer Lichterkette bewaffnet emsig hin und her laufen, zählen in diesem Fall nicht.) Ich lehne mich entspannt gegen den Stamm der Linde. So ein Frühsommer auf St. Pauli, das ist schon was Feines. Wenn die Anwohner ihre Klapptische vor den mit Graffiti besprayten Häuserwänden platzieren und die Sitzflächen ihrer Campingstühle unter ihnen fast den Asphalt berühren, ist die Leichtigkeit in der Luft förmlich zu riechen.
»… bevor sie ihm noch weiter verfällt. Dann wird’s ein schlimmes Ende nehmen«, höre ich Inas Stimme wie ein fernes Rauschen.
Ina trägt seit Neustem einen strengen Cleopatra-Haarschnitt. Schwarze kinnlange Haare, dichter akkurater Pony, rechter Winkel abwärts, rechter Winkel nach hinten. Ob die Zwillinge wohl Angst vor ihr haben ?
Zwischen Ina und Rosalie mit ihren weißblonden, raspelkurzen Haaren bin ich haartechnisch gesehen der personifizierte Durchschnitt: Meine Zotteln – anders kann ich die Dinger auf meinem Kopf wirklich nicht nennen – sind schulterlang und braun und stecken meistens in einem Zopfgummi. Ich bin da einfach so unkreativ. Ganz selten überkommt es mich, und ich denke, ich muss doch mal irgendetwas anderes mit meinen Haaren machen, zumindest hochstecken könnte ich sie. Aber erstens kriege ich das nie so hin wie in einschlägigen Frauenmagazinen beschrieben und ende mit nichts als einem Klammersalat auf dem Kopf. Und zweitens zeigt mir der Spiegel dann in schöner Regelmäßigkeit eine Sparkassenangestellte bei ihrer standesamtlichen Hochzeit. Fehlt nur noch der Sparkassenhosenanzug.
»Was sagst du dazu, Anna ?« Inas Playmobilmännchenschopf wippt drohend.
»Ich ?« Okay, es geht also um mich, aber muss ich deshalb eine Meinung dazu haben ? Ihr habt euch doch gerade so gut unterhalten, denke ich, da will ich wirklich nicht dazwischenfunken. Ihr übernehmt das Pläneschmieden, ich schlage mich derweil mit dem Sommer rum. Jedem das Seine.
»Hat eine von euch Sonnencreme dabei«, frage ich stattdessen. Ich spüre, wie meine Nase rot wird, und will ja nicht schon nach den ersten Sonnenstrahlen aussehen wie Rudolph the Red-Nosed Reindeer.
Doch statt ihre Sonnencreme zu zücken, die sich sicherlich in ihrem kleinen, allzeit bereiten Apothekentäschchen findet, poltert Ina los: »Ich meine, wann hast du vor, David endlich zu fragen, ob er Kinder will ? Ich kann nur aus Erfahrung sprechen: Es wird nicht einfacher, je älter man ist. Wäre ich zehn Jahre jünger, würden mir Piet und Paul nicht so auf der Nase herumtanzen, dann hätte ich noch die Energie, mit ihnen auf Bäume zu klettern und Bungee zu springen. Die Zeit rennt ! Oder hast du deine Meinung etwa geändert und willst gar keine Kinder mehr ?« Ina funkelt mich an.
»Doch, doch«, beeile
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