Löffelchenliebe (German Edition)
wieder gut wird. Wir sind doch füreinander bestimmt, David und ich. Warum will er denn kein Baby mit mir, warum ruft er nicht an, werde ich nie wieder etwas von ihm hören ? Ich kann das nicht aushalten, ich will doch keinen anderen. Nur David. David, mein David, ich liebe dich.
Reglos wie ein toter Käfer liege ich auf dem Rücken. Draußen fährt ein Auto vorbei, dann ist alles still.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als es an der Wohnungstür klopft. Ich liege noch immer im Flur und atme durch den Mund, weil meine Nase zu ist. Es kommt mir sehr laut vor, mein Atmen. Ich kann ihn, David, wenige Meter entfernt von mir spüren und weiß nicht, was ich tun soll. Geräuschlos krieche ich dicht an die Tür heran, lausche, wische mir mit dem Pulli übers Gesicht. Er klopft wieder. Ich lege meine Hand auf das Holz der Tür, es zieht in meinem Herzen. Tränen laufen mir in den Ausschnitt.
»Anna«, sagt David. »Ich bin’s. Komm, lass uns sprechen.«
Ich bewege meine eingeschlafenen Beine, richte mich auf und lehne meinen zitternden Körper an die Tür.
»Hey«, flüstert David nah an meinem Ohr.
Hey, flüstere ich in Gedanken und warte und lausche.
Nach einer Weile öffne ich die Tür. Fremd und vertraut steht David vor mir, seine Augen sind gerötet. Auf der Türschwelle nimmt er mich in die Arme, die meinen Körper umschließen. Ihn einpacken wie ein kleines Paket, sodass es keine freie Stelle mehr gibt. Mein Kopf liegt an seiner Brust, da ist mein Platz. Ich weine, und David streicht mir über die Haare. Seine Jacke ist nass vom Regen. Er zieht mich enger an sich, und ich drücke mich fest gegen ihn. Minutenlang stehen wir so da, dicht an dicht, ohne ein Wort zu sagen. Ich spüre, wie wir uns verbinden und für einen Moment eins werden. Ich möchte immer so stehen bleiben.
Später öffnen sich seine Arme, er schaut mich ernst an und küsst mich warm und weich. Dieser Kuss, er ist so richtig und so innig und irgendwie auch so falsch, ich bekomme keine Luft mehr. Brauche ein Taschentuch. David zieht die Tür hinter uns zu, wir stehen im Flur, und ich putze mir die Nase.
»Ich möchte mit dir zusammen sein, Anna«, sagt David.
Schon wieder laufen Tränen meinen Hals hinab.
»Ich ja auch mit dir«, schluchze ich und sinke auf den Dielenboden.
David lässt sich neben mir nieder, rückt an mich heran und legt einen Arm um mich. Es ist so eng in meiner Brust.
»Aber«, flüstere ich mit Blick auf den Boden, »aber ich will auch nicht auf Kinder verzichten.« Mein Mund ist trocken. »Ich wollte schon immer Kinder. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mit fünfzig oder sechzig dasitze und keine Familie habe und mein Leben nur um mich selbst kreist. Was macht denn das für einen Sinn ?«
Ich schaue zu David hoch, der gedankenverloren meine Schulter streichelt.
»Ich weiß, dass das wichtig ist für dich.« Sein Herzschlag, dicht an meinem Ohr, ist gleichmäßig und schnell. »Aber ich kann das nicht. Und ich weiß auch nicht, ob ich das irgendwann kann. Für mich fühlt sich das so … fern an. Ich habe mich nie mit Kindern gesehen. Ich kann dir da einfach keine Zusage machen. – Aber ich will mit dir zusammen sein.« David tastet nach der Taschentuchpackung und putzt sich die Nase. Wir sehen einander aus roten Augen an.
»Ich brauche aber eine Zusage«, sage ich ruhig. »Und wenn es in drei Jahren ist. Was zwar schrecklich für mich wäre, aber damit könnte ich leben. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als mit dir zusammen ein Baby zu haben. Eine kleine Familie.«
Mein Gesicht glüht, ich wende mich ab.
David schweigt einen Augenblick, dann atmet er hörbar ein und aus.
»Es wäre nicht ehrlich von mir, wenn ich sagen würde, in so und so vielen Jahren kriegen wir ein Kind. Ich weiß es einfach nicht, und ich möchte dich nicht anlügen. Vor allem, weil du ja auch, na ja, Zeit verlierst, wenn ich nachher sage: doch nicht.«
Auf einmal schüttelt mich ein Weinkrampf, der meinen gesamten Körper von den Zehen bis zu den Haarspitzen erfasst. David zieht mich mit starken Armen auf seinen Schoß, ich drücke meine nasse Nase in seine Halsmulde und zittere und zerfließe. Mein Geist jedoch ist erstaunlich klar. Ich weiß, ich weine um unsere Beziehung, beweine die Tragik, dass zwei Menschen, die sich lieben, unterschiedliche Lebensentwürfe haben, die sie auseinandertreiben.
»Ich will das nicht, dass wir uns deswegen trennen müssen«, flüstere ich.
»Ich auch nicht.« Seine
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